Im Durchschnitt kauft jeder Deutsche 60 Kleidungsstücke pro Jahr. Knapp 40 Prozent davon werden nie oder nur selten getragen. Onlineshopping verstärkt diese Tendenz weiter. 80 bis 400 Tonnen Partikel Mikroplastik werden schätzungsweise durch Kleidung in Deutschland freigesetzt. Pro Jahr werden mehr als 15 Kilogramm Alttextilien pro Person gesammelt. Das sind etwa zwei Drittel der entsorgten Kleidung, ein weiteres Drittel landet im Restmüll. Davon werden rund 62 Prozent zur Wiederverwendung aufbereitet, knapp 26 Prozent werden recycelt. Das klingt erst mal gar nicht schlecht, heißt aber, dass alte, oft wenig brauchbare Kleidungsstücke in Entwicklungsländer exportiert werden oder daraus Putzlappen oder Dämmmaterial entstehen. Nur ein Prozent wird zur Produktion neuer Kleidung eingesetzt.
Video | Diese Fake-Amazon Mails sollten Sie nicht öffnen
Quelle: Glomex
Kleidung länger zu nutzen, trägt dazu bei, all diese negativen Auswirkungen auf unsere Umwelt, unseren Nahrungs- und Wasserkreislauf zu reduzieren. Gebrauchte Kleidung ist grundsätzlich nachhaltig, da weiterverwendet wird, was es bereits gibt. Weniger neu gekaufte Klamotten bedeuten weniger Emissionen, weniger Wasser- und Landverbrauch, weniger Mikroplastik. Dabei ist es normal und verständlich, dass man mal neue Kleidungsstücke braucht oder alte nicht mehr passen.
Vor allem Eltern kennen das gut: Die Sporthose ist noch einwandfrei, aber die Tochter ist schon wieder herausgewachsen. Viele meiner Freundinnen (und ja, es sind vor allem die Mütter) haben daher in den vergangenen Jahren „Mamikreisel“ genutzt, eine Verkaufsplattform für Kinderkleidung, um zu klein gewordene Kleidung zu verkaufen und neue zu besorgen. „Mamikreisel“ war wie das Erwachsenen-Pendant „Kleiderkreisel“ ein Angebot der Firma Vinted, die 2020 zu einer einzigen Plattform zusammengeführt wurden.
Ich werde allerdings auch in Zukunft wohl wenig zum Vinted-Umsatz beitragen. Denn ich bin kein großer Fan davon, Kleidung online zu kaufen. Auch Socken und Unterwäsche, Schlafanzüge und Sportkleidung kaufe ich zwar möglichst nachhaltig, aber dennoch neu. Was ich aber liebe, vor allem wenn ich verreise, sind Secondhand-Läden. Die gibt es in vielen, auch kleinen Städten im In- und Ausland. Hosen und Röcke, Blusen, T-Shirts und Jacken – viele meiner Lieblingsstücke habe ich so entdeckt.
Ein Freifahrtschein zum Shoppen ist Secondhand-Kleidung für mich trotzdem nicht. Wer Kleidung nur verkauft, um für Neues Platz und Geld zu machen, oder regelmäßig mehr kauft, als er braucht, weil es günstig ist, unterstützt die Überproduktion im Zirkus der schnellen Mode-Trends, auch mit gebrauchten Sachen. „Reduce, reuse, recycle“ (reduzieren, wiederverwenden, wiederverwerten) heißt ein Slogan, der Bewusstsein dafür fördern soll, wie wichtig es ist, Abfall zu vermeiden und – erst im dritten Schritt – zu recyceln. Aber wer nur kauft, was er braucht, hat mit gebrauchter Kleidung ökologisch und finanziell einen echten Vorteil.