Berlin – Noch arbeitet der Wind nur in Pankow. Aber der Berliner Senat hat jetzt acht Stadt-Flächen favorisiert, auf denen künftig Windräder erlaubt werden sollen. Von Arkenberge im Norden bis Grunewald im Süden. Je zur Hälfte im Osten und Westen der Hauptstadt soll der Flächennutzungsplan geändert werden.
Um die Festlegung von Standorten kommt Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (60, SPD) nicht herum – gesucht werden am Ende 446 Hektar Wind-Energiegebiete. Die abgelöste Ampel-Regierung hat im Jahr 2022 mit dem Wind-an-Land-Gesetz festgelegt, dass Stadtstaaten bis zum Jahr 2032 immerhin 0,5 Prozent ihrer Landesfläche zur Erzeugung von Windenergie ausweisen müssen (Flächenländer 2 Prozent).
Bislang wird mit 230 Meter hohen Windrädern kalkuliert, von denen eins umgerechnet jeweils 3700 Haushalte versorgen könnte. Unterm Strich sollen in der Bundesrepublik im Jahr 2030 demnach 80 Prozent des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen.
Berlins acht Zukunfts-Orte für Windräder
► Blankenfelde/Arkenberge (Pankow)
► Buchholz Nord (Pankow)
► Landschaftsraum Wartenberg/Falkenberg (Lichtenberg)
► Krummendammer Heide (Treptow-Köpenick)
► Südlicher Grunewald (Steglitz-Zehlendorf)
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► Am Teufelsberg (Charlottenburg-Wilmersdorf)
► Rieselfelder Gatow Karolinenhöhe (Spandau)
► Jungfernheide/Tegel
Viel Gegenwind gibt es schon jetzt am Standort Gatow. Der dort zuständige Spandauer Baustadtrat Thorsten Schatz (42, CDU) nennt die Rieselfelder ein „No-Go“. Es ist das größte Landschaftsschutz-Gebiet der Hauptstadt. Die mächtigen Windräder (bis 270 Meter) wären auch aus Kladow am anderen Havelufer gut zu sehen – dort wohnen viele Politiker-Promis.
Ausgesiebt wurden die aktuell acht größeren Flächen mit Potenzial in Berlin aus einer ersten ursprünglichen Liste mit 31 größeren Flächen. Heraus kamen dabei insgesamt 596 Hektar Vorzugs-Flächen – also gibt es noch einen Puffer von gut 150 Hektar, falls Pläne im Rahmen der anlaufenden Beteiligungsprozesse wieder gekippt werden. Laut Flächennutzungsplan (FNP) sind die meisten vorgesehenen Flächen derzeit als Wald (285 Hektar) ausgewiesen, gefolgt von Grün- und Landwirtschaftsflächen (166 Hektar), aber auch 56 Hektar als gewerbliche Bauflächen.
Ein Risiko bei der Auswahl sind nahe Brutplätze von Vogelarten, die mit den Rotoren kollidieren könnten (Rotmilan, Weißstorch, Wanderfalke). Nicht angetastet werden zudem Naturschutzgebiete und ökologisch wertvolle Wälder, aber auch UNESCO-Welterbe-Flächen, Standorte für zivile und militärische Luftfahrt, festgesetzte Bauflächen.
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Genug Wind für Rotoren gibt es überall in der Hauptstadt. Experten fanden durchweg die erforderlichen 6,5 Meter je Sekunde in 150 Meter Höhe. Allerdings ist eine wichtige Voraussetzung: 500 Meter Abstand zu den nächstgelegenen Wohnhäusern – das entspricht der zweifachen Höhe der angepeilten Windräder.
„Wichtig ist zu betonen, dass mit der Änderung des Flächennutzungsplans noch keine direkte Realisierung zusammenhängt“, so Gaeblers Sprecher Martin Pallgen zur B.Z. „Die Änderung ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer möglichen Nutzung für Windenergie.“ Berlin muss bis Ende 2027 einen Anteil von 0,25 Prozent und bis Ende 2032 einen Wert von 0,5 Prozent der Landesfläche nachweisen.
Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (60, SPD) will im Flächennutzungsplan Windenergie-Flächen ausweisen
Foto: picture alliance/dpa
Die geforderten 446 Hektar Vorranggebiete für Windräder muss Berlin möglicherweise nicht komplett auf eigenem Grund und Boden sichern – es soll auch Deals per Staatsvertrag mit anderen Bundesländern geben, die ihr Soll schon erfüllt haben. Allerdings: Diese Möglichkeit ist im Juni 2024 abgelaufen, eine Fristverlängerung scheiterte an der vorgezogenen Bundestagswahl. Der Senat hofft jetzt auf Verhandlungen mit der neuen Bundesregierung.
Hier ist Widerspruch gegen Windräder möglich
Sie haben Einwände? Vom 10. Juni bis einschließlich 11. Juli kann man sich elektronisch äußern unter der E-Mail-Adresse: windenergie.fnp@senstadt.berlin.de. Zudem wird in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine Ausstellung gezeigt (Mo.-Fr., 8-16 Uhr, Raum 0026, Erdgeschoss Württembergische Straße 6). Bei Gesprächsbedarf Terminvereinbarung unter Tel. 030/ 90173-5879.
Der Bau eines Windrades dauert circa vier Monate, kostet neun Millionen Euro. Der Betreiber muss dem Grundstücks-Eigentümer eine Pacht zahlen. Er selbst erhält für die eingespeisten Kilowattstunden eine Vergütung.