Vor wenigen Wochen erst sah man ihn in Venedig, lässig im Sommeranzug, aber drahtig wie stets, mit leiser Stimme sprechend und die rasch mehr werdenden Zuhörer in seinen Bann ziehend. Norman Foster lehnte an einer silbrigen Konstruktion, einer neuen Anlegestelle, einem Prototyp für Venedig. Der besteht aus Aluminium, dem – so Foster – am häufigsten recycelten Material überhaupt.

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Damit war der Architekt bei seinem Lieblingsthema, der Nachhaltigkeit dessen, was er entwirft. Da spricht kein verbiesterter Öko, sondern ein Mann, den technikaffin zu nennen untertrieben wäre, weil es ihn reizt, in seinen Projekten das jeweils Mögliche an Effizienz und Einsparung zu erzielen.

Als Beleg sei der kurz vor der Fertigstellung stehende 423-Meter-Büroturm in Manhattan genannt, der als erstes vollelektrisches Hochhaus New Yorks einen neuen Standard setzen wird.

Ausruhen hat er nie gekannt, seit der 1935 in eher bescheidene Verhältnisse in der Industriestadt Manchester geborene Norman Foster mit dem Studium begann. Das schloss er zügig ab und nach anfänglicher Partnerschaft mit dem gleichermaßen technikbegeisterten Richard Rogers gründete er 1967 das Büro Foster and Partners, das er seit nunmehr 58 Jahren und mit weit über 500 Mitarbeitern am Laufen hält. Den Erfolg hat er sich hart erarbeitet.

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Zur weltweiten Initialzündung geriet in den 1980ern eine Bankzentrale in Hongkong, vor allem dank des haushohen Atriums; derlei hatte es bis dahin im Bürobau nicht gegeben. Foster entwarf, was man heute gern „ikonisch“ nennt – Gebäude, die sich optisch einprägen und die nicht nach ihrem Nutzer erinnert werden, sondern umgekehrt der Nutzer nach dem visuellen Erscheinungsbild des Gebäudes.

Er ist allerdings kein „signature architect“, dessen gleichförmige Bauten man auf Entfernung als von seiner Hand erkennt, sondern einer, der nach der jeweils angemessenen Lösung sucht.

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Meter misst der neueste Büro-Turm von Norman Foster in Manhattan.

So ging es zu beim Frankfurter Commerzbank-Turm von 1997 mit seinen in Zwischengeschossen angeordneten Gärten – seither gleichfalls zigfach nachgeahmt – oder bei dem Londoner Hochhaus mit dem Spitznamen „Gurke“ von 2003, bei dem Foster die günstigste Relation von Rauminhalt zu Fassadenoberfläche demonstrierte.

Aber selbst das waren Vorübungen im Vergleich zu dem Gebäude, mit dem Foster endgültig in die Geschichtsbücher einging: dem Umbau des Reichstags und dessen Krönung mit einer gläsernen, begehbaren Kuppel im Jahr 1999.

Gegen den deutschen Hang zur Selbstkasteiung setzte Foster ein optimistisches Zeichen und gab dem mühlsteinschweren Reichstags-Trumm eine Leichtigkeit, in der das Land sich nicht wiedererkannte – und sie dann um so lieber erprobte.

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In jenem Jahr 1999 wurde Foster der Pritzker-Preis, so etwas wie der Nobelpreis für Architektur, zugesprochen, zudem wurde er zu Lord Foster of Thames Bank geadelt, nachdem er bereits 1990 den Ritterschlag als Sir Norman erhalten hatte. 2002 kam der Praemium Imperiale hinzu, und die Aufnahmen in die Akademien dieser Welt und all die Ehrenmitgliedschaften sind gar nicht mehr zu zählen.

Es gibt so gut wie keine Bauaufgabe, in der Foster nicht brilliert hätte: Sei es die Überdachung des Innenhofes des British Museum in London, die höchste Autobahnbrücke im Südwesten Frankreichs, die Millennium Bridge über die Themse im Jahr 2000 oder der Neubau des Wembley Stadions mit dem 133 Meter hohen Bogen.

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Norman Foster hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er für kommerzielle Bauherren arbeitet und liefert, was sie von ihm erwarten. Er ist kein Weltverbesserer; das heißt, er ist es doch, da er an die Segnungen der Technik glaubt – und sie konsequent wie kein Zweiter einsetzt. An diesem Sonntag feiert Lord Foster, wach und agil wie je, seinen 90. Geburtstag.