Eskalation im Stahlstreit droht
EU droht Trump mit schnellen Gegenzöllen

31.05.2025, 15:22 Uhr

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Der Zollstreit zwischen den USA und der EU geht in die nächste Runde. Die Europäer drohen mit baldigen Gegenmaßnahmen, nachdem US-Präsident Trump die Zölle für Stahl und Aluminium verdoppelt hat. Eine Einigung ist nicht in Sicht.

Die EU übt scharfe Kritik an der neuen Zoll-Ankündigung von US-Präsident Donald Trump und droht mit einer Reaktion noch vor dem Sommer. „Wir bedauern die angekündigte Erhöhung der US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte von 25 auf 50 Prozent zutiefst“, sagte ein Sprecher der für die EU-Handelspolitik zuständigen EU-Kommission in Brüssel.

Sie untergrabe die laufenden Bemühungen um eine Verhandlungslösung im Handelsstreit, schaffe zusätzliche Unsicherheit für die globale Wirtschaft und erhöhe die Kosten für Verbraucher und Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks. Die EU sei bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, hieß es weiter. Dies könne auch früher passieren als am 14. Juli.

Zu diesem Termin würden nach derzeitigem Stand automatisch Gegenzölle der EU in Kraft treten, die bereits wegen der ersten Zollentscheidungen von Trump geplant wurden. Die EU hatte diese Maßnahmen eigentlich bereits am 14. April in Kraft setzen wollen, sie dann aber ausgesetzt, nachdem Trump vielen Staaten und der EU 90 Tage lang eine Pause von bestimmten Zöllen gewährt hatte. Dieses Zeitfenster soll eigentlich für Verhandlungen genutzt werden. Die EU hatte bereits mehrfach betont, dass sie entschiedene Maßnahmen gegen US-Zölle einführen wird, sollten die Verhandlungen scheitern.

Verdopplung der Zölle angekündigt

Trump will Zölle für die Einfuhr von Stahl in die Vereinigten Staaten von derzeit 25 Prozent auf 50 Prozent des Warenwerts verdoppeln. Die zusätzlichen Gebühren für Importe würden die US-Stahlindustrie stärken, sagte er in einer Rede vor Mitarbeitern eines Stahlbetriebs im Bundesstaat Pennsylvania. Der Republikaner betonte, „Zölle“ seien sein absolutes Lieblingswort.

Auf seiner Plattform Truth Social erklärte Trump wenig später, auch die Zölle auf Aluminium sollten auf 50 Prozent verdoppelt werden. Die neuen Sätze sollen demnach schon ab kommenden Mittwoch (4. Juni) gelten. Weder von der für die Zollverhandlungen zuständigen EU-Kommission noch vom deutschen Bundeswirtschaftsministerium gab es zunächst eine Reaktion.

Trumps Ankündigungen lösten Sorgen in der deutschen Stahlindustrie aus. „Die von Präsident Trump angekündigte Verdopplung der US-Zölle auf Stahlimporte markiert eine neue Eskalationsstufe im transatlantischen Handelskonflikt“, sagte die Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Kerstin Maria Rippel.

„Eine 50-Prozent-Abgabe auf Stahlexporte ist eine massive Belastung für unsere Branche, da sie den Druck auf die ohnehin krisenhafte Konjunktur weiter erhöhen wird und unsere Stahlindustrie auf vielfältige Weise trifft“, betonte Rippel. Die Maßnahmen würden die direkten Exporte in die USA stärker belasten.

Noch problematischer sei aber der indirekte Effekt: Traditionelle Lieferländer drohten durch die „exorbitanten Zölle“ den Zugang zum US-Markt zu verlieren und würden in der Folge ihren Stahl in den EU-Markt umleiten. Dadurch werde sich der ohnehin bereits erhebliche Importdruck auf Europa weiter verschärfen. Die bisherigen Abgaben auf die Einfuhr von Stahl werden von der US-Regierung – genauso wie jene auf Aluminium und Autos – formell mit dem Schutz der nationalen Sicherheit begründet.

Der Import von Stahlprodukten in die USA dürfte mit der Verdoppelung der Zölle schwieriger werden – und der Preis für Stahl in den USA dürfte mittelfristig steigen. Stahl wird unter anderem von der Industrie, etwa bei der Produktion von Autos und am Bau, gebraucht.

Auch Deutschland exportiert viel Stahl in die USA

Die USA waren Stand 2024 hinter der EU weltgrößter Stahlimporteur. Die wichtigsten Herkunftsländer eingeführter Stahlprodukte sind nach Angaben der US-Regierung Kanada, Brasilien und Mexiko. Zu den zehn größten Exporteuren in die USA zählt demnach auch Deutschland.

Laut der Wirtschaftsvereinigung Stahl sind die USA der wichtigste Absatzmarkt für die europäische Stahlindustrie. Aus der gesamten EU seien 2023 rund vier Millionen Tonnen in die USA exportiert worden. Allein aus Deutschland seien es jährlich rund eine Million Tonnen, zumeist Spezialstahl. Deutschland ist demnach der größte Stahlproduzent in der EU.

Trump war in den USA zuletzt verspottet worden. Das Schlagwort „TACO“ machte die Runde, was für „Trump always chickens out“ steht, also etwa „Trump macht immer einen Rückzieher“. Das war auf seine Zollpolitik bezogen. Ob seine Zoll-Ankündigung etwas damit zu tun hat, ist aber unklar.

Schon vergangenen Freitag hatte Trump der EU mit einem Abbruch der Verhandlungen und Zöllen von 50 Prozent ab dem 1. Juni gedroht. Dabei ging es um den gesamten Warenaustausch, nicht nur um Stahl und Aluminium. Am vergangenen Wochenende hatte er dann erklärt, er räume der EU eine Frist bis zum 9. Juni für einen Kompromiss ein. Hauptgrund dafür scheint ein Telefonat mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewesen zu sein. Sie hatte um mehr Zeit gebeten, aber auch schnelle Verhandlungen zugesichert.

Am Donnerstag wurde die Lage dann noch komplizierter. Ein Bundesgericht blockierte Trumps Zollpolitik und hob fast alle von ihm verhängten Zölle auf. Doch die US-Regierung legte Berufung ein. Für die Dauer des Berufungsverfahrens traten die Zölle dann wieder in Kraft.