Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen zeichnet sich nach ersten Prognosen das erwartete enge Rennen ab. Den liberalen Kandidaten Rafał Trzaskowski sehen diese ersten Prognosen des Instituts Ipsos für die Sender TVN, TVP und Polsat bei 50,3 Prozent der Stimmen, sein rechtskonservativer Rivale Karol Nawrocki liegt bei 49,7 Prozent.
Trzaskowski sprach nach der Veröffentlichung der ersten Prognosen von einem Erfolg. „Wir haben gesiegt“, sagte er unter dem Jubel seiner Anhänger, „aber auf der Rasierklinge.“ Allerdings beruhen die Zahlen auf Nachwahlbefragungen in rund 500 Wahllokalen und haben laut Ipsos eine Fehlertoleranz von zwei Prozentpunkten. Bis der Sieger der Wahl feststeht, wird es also noch dauern. Das offizielle Endergebnis wird am Montagvormittag erwartet, vorherige Hochrechnungen wie in Deutschland gibt es in Polen nicht. Nawrocki appellierte an seine Anhänger, die Hoffnung nicht zu verlieren. „Wir müssen in dieser Nacht gewinnen und wir wissen, dass dies geschehen wird.“
Am Wahltag hatte sich eine hohe Wahlbeteiligung abgezeichnet. Bis zum späten Nachmittag gaben mehr als 54,91 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie die Wahlkommission in Warschau mitteilte. Das war fast zwei Prozentpunkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt bei der zweiten Runde der Präsidentenwahl 2020. Damals stimmten insgesamt 68,2 Prozent der Polen ab – ein vergleichsweise hoher Wert.
Rund 29 Millionen Menschen waren in Polen wahlberechtigt. Das amtierende Staatsoberhaupt Andrzej Duda konnte nach zwei Amtszeiten nicht noch ein weiteres Mal antreten. Der 53 Jahre alte Trzaskowski hatte im ersten Wahlgang vor zwei Wochen 31,36 Prozent der Stimmen erhalten, Nawrocki kam auf 29,54 Prozent.
In Polen amtiert der Präsident fünf Jahre. Das Staatsoberhaupt hat mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland. Er hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte. Vor allem aber kann er der Regierung mit seinem Vetorecht das Leben schwer machen.