Der rechtskonservative Kandidat Karol Nawrocki hat die Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen gewonnen. Er kam auf knapp 50,9 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission am Morgen mitteilte. Für seinen liberalen Gegenkandidaten Rafał Trzaskowski votierten 49,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Die Wahlbeteiligung lag bei einem Rekordwert von mehr als 71 Prozent.

Beide Kandidaten hatten sich ihren Anhängern nach der Schließung der Wahllokale siegessicher präsentiert, obwohl sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen anbahnte. Der 42 Jahre alte parteilose Historiker Nawrocki ist der von der rechtsnationalistischen PiS-Partei gewünschte Kandidat für die Nachfolge von Staatspräsident Andrzej Duda. Nawrocki ist umstritten, unter anderem weil ihm vorgeworfen wird, an Hooligan-Schlägereien beteiligt gewesen zu sein und Verbindungen zu Neonazis zu pflegen. Sein Gegner in der Stichwahl war der Warschauer Oberbürgermeister Trzaskowski. Dieser wird von der Regierungskoalition von Ministerpräsident Donald Tusk unterstützt.

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:Diese Wahl entscheidet über Polens Platz in EuropaSZ PlusKommentar von Viktoria GroßmannPortrait undefined Viktoria Großmann

Die Wahl ist auch für die EU von großer Bedeutung. Nawrocki lehnt vieles an der EU ab, er betrachtet viele Entscheidungen in Brüssel als antipolnisch, vom Euro hält er nichts. Ob Polen unter seiner Präsidentschaft die klare Unterstützung der Ukraine und deren avisierten Beitritts zu EU und Nato aufrechterhält, ist fraglich. In Warschau regiert seit Ende 2023 eine EU-freundliche Regierung unter Führungs Tusks. Diese wird auch bleiben; allerdings kann ihr der Präsident, der in Polen deutlich mehr Befugnisse hat als beispielsweise in Deutschland, das Leben schwer machen.

Dort hat der Präsident, der für fünf Jahre amtiert, auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte. Vor allem aber hat er ein Vetorecht, mit dem er in die Gesetzgebung eingreifen kann. Ministerpräsident Tusk hatte nach dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen geschrieben, nun habe der „Kampf um alles“ begonnen.

Etwa 29 Millionen Menschen waren am Sonntag wahlberechtigt. Das amtierende Staatsoberhaupt Duda, der der PiS nahesteht, konnte nach zwei Amtszeiten nicht noch ein weiteres Mal antreten. Der 53 Jahre alte Trzaskowski hatte im ersten Wahlgang 31,4 Prozent der Stimmen erhalten, Nawrocki kam auf 29,5 Prozent.