Der rechtsnationale Politiker Karol Nawrocki hat die Stichwahl um das Amt des polnischen Präsidenten gewonnen. Er erreichte am Sonntag 50,89 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission des Landes mitteilte. Sein liberaler Kontrahent, der Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski von der Regierungspartei KO, erreichte demnach 49,11 Prozent. Zuvor hatten die polnischen Zeitungen Rzeczpospolita und Onet über die Zahlen berichtet. Nawrockis Vorsprung betrug demnach nur etwa 300.000 Stimmen.
Nawrocki ist offiziell parteilos, trat aber als Kandidat der
rechtskonservativen Partei PiS an, Polens größter Oppositionspartei. „Wir werden siegen und Polen
retten. Wir werden nicht zulassen, dass Donald Tusks Macht sich festigt“, sagte
Nawrocki nach Bekanntgabe erster Prognosen.
Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Wahlkommission bei
71,31 Prozent, ein Rekord für die zweite Runde einer Präsidentschaftswahl in
Polen. Ein offizielles Endergebnis der Wahlkommission wird am Abend erwartet.
Am Wahlabend hatte eine erste Prognose zunächst Trzaskowski knapp vorn gesehen. Der 53-jährige Sozialwissenschaftler gab sich auch schon als Wahlsieger. Er gilt allerdings selbst in seinem politischen Lager als sehr weit links und war für viele Wähler in katholisch geprägten ländlichen Regionen des Landes offenbar nicht wählbar.
Präsident mit Einfluss auf die Außenpolitik
Polens Präsident repräsentiert das Land nicht nur nach außen, sondern hat auch Einfluss auf die Außenpolitik. Er ernennt den Regierungschef sowie das
Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte.
Vor allem aber kann er die Regierung mit seinem Vetorecht an der Umsetzung ihrer Vorhaben hindern.
© Lea Dohle
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Die PiS regierte das Land von 2015 bis 2023. Sie ging gegen die Unabhängigkeit der Justiz vor und hatte wegen dieses Eingriffs in die Gewaltenteilung stetige Auseinandersetzung mit der EU-Kommission. Die über Nacht eingehenden Einzelergebnisse belegten die tiefe politische Spaltung Polens, das in den vergangenen Jahren große wirtschaftliche Erfolge erzielt hat. Trzaskowski siegte demnach in den großen Städten wie Warschau, Kraków und Łódź, die vom Aufschwung besonders profitiert haben. In kleineren Städten und den ländlichen Regionen Polens lag Nawrocki vorn.
Ministerpräsident Tusk hoffte auf liberalen Präsidenten
Zwar kam 2023 wieder ein Mitte-links-Bündnis an die Regierung, als der frühere EU-Ratspräsident Donald Tusk als Ministerpräsident zurückkehrte. Doch es blieb bei einem Dauerstreit mit dem mit der PiS verbündeten
Präsidenten Andrzej Duda, der nach zehn Jahren im Amt nicht erneut
kandidieren durfte. Duda bremste Tusks Reformpläne mit seinem Vetorecht. Der Ministerpräsident hoffte, diese Blockade mit dem liberal eingestellten Trzaskowski an der Staatsspitze auflösen zu können.
Polen ist ein wichtiger Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine. Das Land mit knapp 38 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern sieht sich auch selbst von der Regierung in Moskau bedroht und rüstet kräftig auf. Anders als in der Slowakei, Ungarn oder Rumänien gibt es in Polen keinen ernst zu nehmenden Politiker, der prorussische Positionen vertritt. In der wichtigsten außenpolitischen Frage, der Unterstützung für die Ukraine, waren Duda und Tusk daher meist einer Meinung. Dies könnte sich mit Nawrocki ändern, der zum Beispiel gegen einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine ist.
Anders als Tusk vertritt Nawrocki auch eher die Deutschland-feindliche Linie der PiS und suchte im Wahlkampf die Nähe zu US-Präsident Donald Trump. Er erneuerte die Forderung nach Reparationen für die Schäden, die Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg in Polen angerichtet hat. Von der EU will sich Nawrocki für Polen nichts vorschreiben lassen, wie er sagte.
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