Halle. Das letzte Mal, dass Elisabeth R. gesehen wurde, war am Sonntag (1. Juni) gegen 11.25 Uhr im Altenzentrum Eggeblick. Seitdem wird nach der dementen Frau gesucht. Die Polizei hat dazu ein Großaufgebot an Hilfskräften im Einsatz, das bis tief in die Nacht unterwegs war und die Arbeit am Montagmorgen direkt wieder aufgenommen hat.
Zunächst noch unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit wurde am Sonntagmittag zunächst das gesamte Seniorenheim untersucht – jedes Zimmer, jede Etage, jeder Winkel. Gerade vor dem Hintergrund, dass sich demente Personen in einer neuen Umgebung vielleicht in der Tür irren, war diese Maßnahme das erste Mittel der Wahl. Parallel dazu wurde der Bereich rund um das Haus an der Straße Tiefer Weg unter die Lupe genommen. Als die 88-Jährige auch dort nicht gefunden wurde, zögerte die Polizei keinen Augenblick und setzte noch am Nachmittag weitere Polizeibeamte sowie einen Hubschrauber ein.
Tief und lange kreiste er in dem Bereich Theenhausener Straße/Osnabrücker Straße – nördlich der OWL-Arena, Holz Speckmann, dem Laibach-Park sowie dem Marienheim und überflog den Teutoburger Wald bis hin zum Eggeblick. Eine Aktion, die auch den Bewohnern von Halle auffiel und die sich beim „Haller Kreisblatt“ meldeten. Erste Vermutungen, dass es sich wie zuletzt am Ostermontag erneut um einen Helikopter des Übertragungsnetzbetreibers Amprion handelte, der zum wiederholten Mal die Freileitungen der Stromtrassen in diesem Areal abflog, bestätigten sich allerdings nicht. Vielmehr gab die Polizei die Suche nach Elisabeth R. bekannt und veröffentlichte eine entsprechende Fahndung.
Polizei hat ein Foto der Hallerin ins Fahndungsportal gestellt
Am Nachmittag kreiste der aus Dortmund herbeigerufene Polizeihubschrauber etwa eine Stunde lang über der Haller Drachenwiese am Grünen Weg.
(© Uwe Pollmeier)
In der Pressemitteilung heißt es: „Seit Sonntagvormittag (1. Juni, 11.25 Uhr) wird die 88-jährige Elisabeth R. vermisst. Zuletzt wurde sie in einer Senioreneinrichtung an der Straße „Tiefer Weg“ gesehen. Die demente Dame ist vermutlich mit einem Rollator unterwegs. Sie ist 1,65 Meter groß und trug zuletzt einen gestreiften Pullover und eine graue Hose.
Die Suche nach der Frau wurde bereits durch einen Polizeihubschrauber und Suchhunde unterstützt. Ein Foto der Vermissten ist auf dem landesweiten Fahndungsportal der Polizei NRW veröffentlicht worden. Hinweise zu dem Aufenthaltsort von Elisabeth R. nimmt jede Polizeidienststelle unter der Rufnummer 110 oder die Polizei Gütersloh unter der Telefonnummer 05241/869-0 entgegen.“
Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen
Am frühen Sonntagabend dann intensivierte die Polizei die Suchmaßnahmen: Sammelstelle für die Einsatzkräfte war der Parkplatz gegenüber des Combi-Marktes an der Langen Straße. Und tatsächlich wurde die gesamte Fläche für die verschiedenen Fahrzeuge von Polizei, Arbeiter-Samariter-Bund und Johannitern, die zahlreichen Helferinnen und Helfer, verschiedene Gefährte sowie Mantrailer und Flächensuchhunde gebraucht.
Suche nach dementer alten Dame in Halle
Der Unterschied zwischen Mantrailern und Flächensuchhunden besteht darin, dass sich der Mantrailer nur auf einen bestimmten Geruch konzentriert, den sogenannten Individualgeruch. Im Gegensatz zum Flächensuchhund, der jeden menschlichen Geruch wahrnimmt. Es erfolgten mehrere Einsatzbesprechungen. „Die 88-Jährige ist fortgeschritten dement und stark orientierungslos, sodass sie sich in einer hilflosen Lage befinden könnte“, sagte ein Polizei-Beamter. In verschiedenen Teams machten sich die Einsatzkräfte auf den Weg. Manche hielten auch die Stellung auf dem Platz. Ebenso ein Rettungswagen.
Frau (88) verschwindet aus Altenheim Eggeblick in Halle
Fünf Polizeibeamte und Polizeibeamtinnen begaben sich gegen Montagmittag mit einem Mantrailer unweit des Rathauses II in der Graebestraße nach einem Zeugenhinweis auf die Spur der Seniorin.
(© Uwe Pollmeier)
Gegen 21 Uhr trafen die Johanniter mit einem geländegängigen Quad ein, um auch im Teuto in schwierigem Gelände schnell voranzukommen. Am Altenheim Eggeblick, von wo aus die Frau am Mittag verschwunden war, hatten sich zwei Einsatzwagen der Polizei postiert. Ebenso waren Polizeiwagen in der Stadt unterwegs.
Noch vor Einsetzen der Dunkelheit hatten die Einsatzkräfte unter anderem die Kirche, den Friedhof und den alten Wohnort der Frau an der Apothekerstraße abgesucht sowie ehemalige Anlauf-Adressen und Nachbarn aufgesucht – aber alles ohne Erfolg. Trotz der Dunkelheit wurde die Suchaktion fortgesetzt.
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Laut Aussage von Jochen Ortmann, Abschnittsleiter Rettungshunde der Johanniter, Rettungsstaffel Paderborn, könnten die Hunde auch problemlos im Dunkeln suchen. Laut Polizeiangaben wurden die Tiere noch bis tief in die Nacht eingesetzt. Ferner wurde mit zwei Drohnen gearbeitet – unter anderem stieg eine über dem Laibach-Park auf, eine andere suchte über unwegsamem Gelände in Richtung Hesseln.
Vermisste Frau: Herrenlose Rollatoren in Halle könnten eine Spur sein
Groß angelegte Suche nach einer dementen alten Dame aus Halle.
(© Nicole Donath)
Und auch der Hubschrauber kam spät abends und bis in die Nacht hinein erneut zum Einsatz. Damit ging die Polizei einem Hinweis von Zeugen nach, die die alte Dame in der Nähe des Ravenna-Parks gesehen haben wollten. Gegen 23 Uhr überflog der Hubschrauber den Ravenna-Park zunächst recht zügig bis nach Amshausen – um dann langsam und koordiniert in Richtung Innenstadt zurückzufliegen.
Ausgerüstet mit einer Wärmebildkamera kann der Operator, der die Kamera bedient, Temperaturunterschiede von weniger als einem Grad Celsius erkennen. Dadurch ist die Hubschrauberbesatzung in der Lage, vermisste, verirrte und hilflose Personen auch in der Dunkelheit zu finden. Bis weit nach Mitternacht überflog die Besatzung das Zentrum von Halle sowie die nähere Umgebung. Auch Oldtimerfest in Hesseln schaute sich noch ein Team um – aber eine Spur von Elisabeth R. fand sich nicht.
Die zahlreichen Suchmaßnahmen wurden auch am Montag (2. Juni) fortgesetzt. Die Polizei bat am Morgen abermals darum, verdächtige Feststellungen umgehend zu melden: Wer kann Hinweise zu der Vermissten geben? Wer hat eine Dame mit einem Rollator oder auch ohne am Sonntag gesehen, die der Vermissten ähnelt? Ebenfalls rief die Polizei dazu auf, auch herrenlose Rollatoren zu melden. Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle unter der Rufnummer 110 entgegen.
Polizei geht Hinweis aus der Bevölkerung im Haller Zentrum nach
Gegen Montagmittag setzte die Polizei erneut einen Personenspürhund ein, nachdem es einen Hinweis aus der Bevölkerung gegeben hatte. Demnach könnte sich die Frau nach ihrem Verschwinden noch an der Graebestraße unweit des Rathauses II aufgehalten haben.
Folglich nahm der Hund der Rasse Schweißhund die Fährte auf, nachdem er mittels eines Geruchsträgers, den die Beamten zuvor im Eggeblick sichergestellt hatten und der den Individualgeruch der gesuchten Person wiedergibt, in seinen Job eingewiesen wurde. Zwei Zivilfahrzeuge mit Blaulicht sowie ein Streifenwagen sicherten die Gruppe ab, sodass der Hund ungestört suchen konnte und nicht von vorbeifahrenden Autos gestört wurde.
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Mit zügigem Schritt ging die Gruppe Richtung Goebenstraße, dann weiter zum Bahnhof und die Alleestraße stadtauswärts. Die Spur führte bis hinaus zur Alten Lederfabrik – auch das Gelände des Restaurants Beuken`s, früher „Bauerncafé Beuken Schmedt“, wurde näher betrachtet. Danach ging es erneut über die Alleestraße zurück Richtung Zentrum, etwas intensiver wurde auch noch das Gelände der Esso-Tankstelle untersucht. Schließlich ging es quer durch die Stadt und entlang der Langen Straße und der Wertherstraße in Richtung Altenzentrum Eggeblick.
Polizeihubschrauber sucht erneut Haller Stadtgebiet ab
Da auch diese Suche, die sich auf Zeugenaussagen stützte, erfolglos verlief, wurde erneut ein Polizeihubschrauber aus Dortmund angefordert. Dieser kam innerhalb von rund 20 Minuten und überflog das Gebiet Drachenwiese, Apothekerstraße und Altenzentrum Eggeblick. Rund eine Stunde lang flog er ab 15.45 Uhr über das Areal, aber auch hier blieb die Suche erfolglos. „Ich kann nicht verstehen, dass jemand so spurlos verschwindet“, sagte Polizeisprecherin Katharina Felsch. Der Fall sei mysteriös, zumal das Alter und der Gesundheitszustand von R. nicht vermuten lassen, dass diese weite Wege gegangen ist.
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Im Eggeblick sind derzeit alle besorgt und hoffen auf ein gutes Ende. „Vielleicht spielt uns wenigstens das Wetter in die Karten“, erklärte Dr. Claudia Schröder, Pressesprecherin des Bielefelder Johanneswerks, dem Träger der Einrichtung im Haller Norden. Die Temperatur war in der vergangenen Nacht immerhin konstant im zweistelligen Bereich.
„Unsere Bewohnerinnen und Bewohner können sich im Haus und auch außerhalb des Hauses jederzeit frei bewegen“, fügte Claudia Schröder an. Dies entspreche dem Betreuungskonzept des Hauses, wo es keine spezielle Behandlung für demenziell erkrankte Personen gibt. „Die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Angehörigen entscheiden sich bewusst für dieses Konzept“, berichtete sie. Es gebe auch andere Pflegeeinrichtungen, in denen Bewohner mit Demenz keinen so großen Bewegungsradius haben. „Wir wollen aber ganz bewusst niemanden einsperren.“
Im Eggeblick hoffen alle auf ein gutes Ende
„Wir passen natürlich auf, aber in solch seltenen Fällen kann es passieren, dass jemand einen unbeobachteten Moment abpasst und verschwindet“, fuhr Claudia Schröder fort. Genau das ist offenbar am Sonntag passiert und bis jetzt weiß niemand, wohin Elisabeth R. gegangen ist.
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