Die Besucher der Düsseldorfer Innenstadt finden attraktive Orte vor, aber diese sind nicht optimal vernetzt. Das gilt vor allem für Gastronomieangebote der Altstadt und Handelsstandorte. Folge: Die Menschen steuern für sie vermutlich auch noch interessante Orte nicht mehr an. Außerdem ist die Aufenthaltsqualität teils mangelhaft, etwa am Bolker Stern. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) bringt das Thema deswegen im Wahljahr wieder auf die Tagesordnung und stellt Forderungen an die Politik. Kernpunkt: Die Achse Schadowstraße und Flinger Straße bis zum Rheinufer sollte als so genannter Rheinboulevard ausgebaut werden. Mittendrin: die heute äußerst problematische Querung der Heinrich-Heine-Allee.
Die IHK stützt sich bei ihrer aktuellen Stellungnahme nicht auf Umfragen, sondern auf 2023 legal erfasste Daten, welche die Nutzer digitaler Angebote durch ihr Einverständnis zur Verfügung stellten. Es wurden im Auftrag der Kammer von einem Dienstleister ausschließlich Handydaten von Besuchern der Innenstadt ausgewertet. In Düsseldorf lebende oder arbeitende Menschen fanden keine Berücksichtigung. Dies ist möglich, weil die Verweildauer der Smartphones an einem Ort gemessen werden kann.
Weil dadurch auch klar wird, wo die Besucher der Düsseldorfer Innenstadt leben, kann der Besucherstrom sogar in soziale Milieus aufgeteilt werden. Ergebnis: Die Besucher stammen überdurchschnittlich häufig aus der traditionellen bis modernen Oberschicht oder der oberen Mittelschicht. Die Kaufkraft ist entsprechend hoch. Wenig überraschend: Freitags füllt sich die Stadt etwas später als an den Tagen zuvor, samstags ist die Innenstadt um rund die Hälfte besser besucht als unterhalb der Woche.
Die Ergebnisse bei den Besucherbewegungen: Die Achse Schadowstraße/Flinger Straße weist die höchste Frequenz auf – und das nahezu durchgängig. Die Kö ist vor Sevens/Kö-Galerie besonders gut besucht, an der Heine-Allee knubbelt es sich wegen der U-Bahn. Ebenfalls ein Magnet: die Verbindung vom Bolker Stern zum Rathaus.
Interessant ist für die Experten, dass Besucher, je nachdem wo sie sich aufhalten, manche Orte nicht mehr aufsuchen. Richtig gut funktioniert der Austausch zwischen Kö-Bogen und Schadow-Arkaden (89 Prozent der Besucher steuern beides an), nicht besonders ist die Verbindung zwischen Kö-Bogen und Bolkerstraße (Austausch 23 Prozent). Zwischen der neuen Düsseldorfer Mitte und dem Carlsplatz liegt der Wert nur bei 13 Prozent. Der Wochenmarkt hat wie die Ratinger Straße eher eine Insellage (weitere Werte siehe Info-Box).
„Diese Beziehungen und Frequenzen sollten Politik und Verwaltung anerkennen und daraus Schlussfolgerungen ziehen“, sagt Marion Hörsken, Geschäftsführerin Branchenbetreuung bei der IHK Düsseldorf. Dabei geht es um Umbaumaßnahmen und Leitsysteme. Hintergrund: Die Verweildauer der Düsseldorf-Besucher ist gut, aber nicht berauschend. Sie bleiben im Schnitt 130 Minuten, 59 Prozent halten sich eine bis vier Stunden in der Stadt auf.
Von diesen Werten hängen Umsätze und auch Steuereinnahmen ab. Wenn die IHK also fordert, den Rheinboulevard zu forcieren und das Nadelöhr Heine-Allee zu beseitigen, dann tut sie das im Interesse der Händler und der Gesamtstadt. So ist in Höhe des Westeingangs des Kaufhofs am Übergang Heine-Allee der Bürgersteig zugestellt – es ist nur schwer ein Vorbeikommen an U-Bahn-Aufzug und -Abgang sowie aktuell einem Crêpes-Stand. Auf der anderen Straßenseite erschwert ein quer angeordneter U-Bahnabgang ein besseres Durchkommen.
Dann folgt der Heine-Platz mit der Dauerbaustelle Carsch-Haus. „Eine Wüste“, fasst IHK-Handelsexperte Sven Schulte zusammen, „und dennoch gehen die Leute da lang.“ Die miserable Aufenthaltsqualität am Bolker Stern ist ebenfalls lange bekannt. „Da liegen immer noch die alten Straßenbahnschienen“, sagt Schulte. „Man muss ja nicht gleich den Times Square nachbauen, aber besser als heute geht es allemal.“ Dass das Rathaus die IHK-Vorschläge seit Jahren nahezu ignoriert, nehmen Hörsken und Schulte als Ansporn.