Gerade erst wurde ein koordinierter Angriff ukrainischer Drohnen auf mehrere russische Militärflughäfen Tausende Kilometer hinter der Grenze Russlands bekannt. Rund 40 Kampfflugzeuge sollen dabei zerstört worden sein, darunter auch strategische Nuklearbomber. Die Schäden sollen mehrere Milliarden Dollar betragen, die russische Bomberflotte soll nach ukrainischen Angaben deutlich geschwächt worden sein. Überprüfen lässt sich das nicht.

Doch jeden Tag ist im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erkennbar, dass unzählige Kampfdrohnen unterschiedlicher Bauarten auf beiden Seiten zum Einsatz kommen. Sie dominieren moderne Schlachtfelder. Deutschland und viele andere Nato-Staaten sind darauf kaum vorbereitet. Das soll sich nun im Eiltempo ändern. Ein Überblick.

Welche militärischen Vorteile haben Drohnen?

Drohnen sind unbemannt, können also oftmals aus sicherer Distanz gesteuert werden oder sogar vollständig autonom agieren, etwa durch den Einsatz künstlicher Intelligenz. Kampfdrohnen können entweder Waffen tragen und diese abfeuern oder sich selbst auf Ziele stürzen und dann explodieren (Kamikazedrohnen). Letztere kommen in der Ukraine nicht nur als schwere Flugkörper mit großer Sprengkraft zum Einsatz. Gängig ist auch die Anwendung von kleinen, leichten Drohnen, die entweder aus der Ferne von einem Piloten auf ein Ziel gelenkt werden – oder als „Loitering Ammunition“, also lauernde Munition, meist im Schwarm am Himmel stehen und sich ferngesteuert oder autonom auf feindliche Soldaten, Fahrzeuge oder andere Ziele werfen können.

Wozu dienen Drohnen noch?

Nicht nur Kampfdrohnen kommen zum Einsatz, auch Aufklärungsdrohnen sind weit verbreitet – in ebenso vielfältigen Größen. Sie können der hybriden Kriegsführung dienen. Sicherheitsexperten schreiben in dem Zusammenhang Drohnenüberflüge über Kasernen, Flughäfen und andere kritische Infrastruktur in Deutschland russischen Kräften zu.

Welche Probleme ergeben sich aus der Drohnen-Dominanz für die Bundeswehr?

Die Bundeswehr ist bislang nur unzureichend dazu in der Lage, moderne Drohnen abzuwehren und zu bekämpfen. Dabei geht es nicht nur um taugliche Abwehrwaffen und Störsysteme, sondern auch um rechtliche Fragen – etwa bei der Bekämpfung im Inland. Zudem verfügt die Bundeswehr bislang kaum selbst über Drohnen. Jahrelang hatte man etwa die Beschaffung bewaffneter Drohnen abgelehnt, insbesondere die SPD stand auf der Bremse.

Wie will man nun reagieren?

Bis zum Ende des Jahrzehnts soll die Bundeswehr bei der Luftverteidigung schlagkräftiger werden. Um das Jahr 2029 halten Experten das auf Kriegswirtschaft umgestellte Russland für stark genug, ein Nato-Land anzugreifen. Aus diesem Grund hat Generalinspekteur Carsten Breuer beispielsweise angeordnet, dass eine integrierte Raketenabwehr, die Luftverteidigung kurzer und mittlerer Reichweite sowie die Flugabwehr, insbesondere zur Abwehr von fliegenden Drohnen und Drohnenschwärmen, hohe Priorität haben. Gleichzeitig und über das Jahr 2029 hinausgehend müsse der Erhalt der erlangten Einsatzbereitschaft durch Integration innovativer Technologien und Entwicklungen weiter erhöht und kontinuierlich gewährleistet werden, heißt es in der Weisung.

Welche Drohnen beschafft man in dem Zusammenhang?

Über Aufklärungsdrohnen, etwa vom Typ German Heron TP, verfügt die Bundeswehr bereits. Nun will das Verteidigungsministerium erstmals auch moderne, mit Sprengsätzen versehene Angriffsdrohnen beschaffen. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es, Drohnen seien im heutigen Kriegsbild das, was Panzer vor 100 Jahren waren, „ein wirklicher Gamechanger“. Das Gefecht der verbundenen Waffen bleibe aber entscheidend. Bedeutet: Drohnen allein können keinen Krieg entscheiden. Zugleich könne eine Drohne, die ein paar Tausend Euro kostet, heute einen Panzer zerstören, der einen Millionenbetrag gekostet hat. „Wir sehen, dass Masse hier zur Klasse wird“, hieß es weiter. Der Clou bei der Beschaffung der kleinen Kampfdrohnen ist die Definition als lauernde Munition, was weniger Verfahrenshürden mit sich bringt.

Über welche Stückzahlen wird gesprochen?

Genaue Angaben macht das Verteidigungsministerium dazu nicht. Eine entsprechende Anfrage des Linken-Obmanns Ulrich Thoden im Verteidigungsausschuss beantwortete das Ressort von Minister Boris Pistorius (SPD) so: „Die erfragten Informationen bezüglich Fähigkeiten, konkreter Typbezeichnungen, Stückzahlen und Einsatzverwendungen sind Informationen, die in besonders hohem Maße das Staatswohl berühren und daher selbst in eingestufter Form nicht beantwortet werden können.“ Der Abgeordnete Thoden kritisierte dies.

„Die Bundesregierung erwartet offenbar von den Abgeordneten, dass sie die zentralen Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr im Rahmen der Zeitenwende ohne kritische Fragen durchwinken.“ Experten verweisen auf die Hersteller Helsing und Stark Defense, die Kamikazedrohnen entwickeln. Diese sind auch mit KI ausgestattet. Die Bundeswehr soll die neuen Drohnen nun zunächst in geringerer Stückzahl testen und Soldaten daran ausbilden. Weil die Technik sich schnell weiterentwickelt, geht es für die Bundeswehr dem Vernehmen nach vor allem darum, Produktionskapazitäten bei der Industrie in ausreichend großem Maße vorzuhalten und dann rasch abrufen zu können.