In Deutschland ist das Olympia-Fieber entfacht, quer durch die Republik gibt es Kandidaten für die Austragung der Sommerspiele ab 2036. Jetzt präsentiert Hamburg sein Konzept – und kündigt einen Neubau im Volkspark an, der auch Heimstätte des HSV werden soll.

Als Hamburg das letzte Mal die Idee hatte, Ausrichterstadt der Olympischen Sommerspiele zu werden, lag der Hochbunker noch wie ein riesiger Betonklotz am Heiligengeistfeld. Mittlerweile ist er mit Hotels und Restaurants überbaut und begrünt worden, ein Bergpfad führt hinauf – eine Attraktion für Touristen und Einheimische. Insgesamt hat sich die Hansestadt verändert, die Hafencity etwa ist deutlich gewachsen, auch für die Areale auf der gegenüberliegenden Elbseite auf dem Grasbrook, auf dem einst das Olympiastadion entstehen sollte, gibt es längst konkrete Bebauungspläne, Wohnungen und Gewerbe sollen entstehen. Geblieben aber ist, jedenfalls in Teilen der Stadtöffentlichkeit, der Traum von Olympia an der Elbe, der vor zehn Jahren durch die Ablehnung in einem Referendum beendet worden war.

Aber nun, im zweiten und sicherlich erst mal letzten Anlauf, soll er endlich Realität werden. Am Sonnabend stellte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) mit weiteren Vertretern des Senats sowie mit Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, das neue Konzept vor. Gekommen zur Präsentation in ebenjenen Feldstraßenbunker war auch Michael Mronz, Mitglied des DOSB-Präsidiums und IOC-Mitglied, und Sportlerinnen wie die Parakanutin Edina Müller, olympische Goldmedaillengewinnerin und ehemalige Deutsche Fahnenträgerin, sowie Laura Ludwig, Hamburger Beachvolleyballerin, olympische Goldmedaillengewinnerin und ebenfalls Deutsche Fahnenträgerin.

Die Hansestadt ist damit der letzte deutsche Bewerber für die deutsche Kandidatur, die auf die Spiele ab 2036 abzielt. Berlin ist mit weiteren Bundesländern am Start, aber auch München und Nordrhein-Westfalen (mit der Region Rhein-Ruhr) wollen – allesamt angestachelt und motiviert durch die den großen Erfolg der Olympischen Spiele 2024 in Paris – die olympische Flamme entzünden. Zumal sich die Vorgaben des Internationalen Olympischen Committees (IOC) verändert hat, es soll möglichst wenige Neubauten geben, genutzt werden mobile Wettkampfstätten, möglichst auch in der städtischen Umgebung – die Bilder aus Frankreich waren hier stilprägend.

Viele Sportstätten in einem engen Radius

Und da hat Hamburg auch einiges vor. Nur drei echte Neubauten soll es geben, der Rest wäre temporär im Stadtbild. Konkret setzt das Konzept stark auf den Nachhaltigkeitsgedanken, der auf verschiedene Art und Weise umgesetzt werden soll. Zum Beispiel durch die fußläufige Erreichbarkeit vieler Sportstätten und durch die Konzentration vieler der für Hamburg vorgesehenen Disziplinen auf zwei „Olympische Parks“. Einer davon liegt am bestehenden Volkspark und den dort vorhandenen Arenen. Und dazu gibt es auch die spektakulärste Ankündigung, die Innen- und Sportsenator Andy Grote (SPD) verkündete: In der Nähe des bestehenden und vom HSV genutzten Volksparkstadion soll ein neues Stadion mit einer Kapazität von 60.000 Plätzen entstehen, das laut Grote auch kommen soll, „wenn die Bewerbung scheitert“. Entsprechende Gespräche seien bereits mit dem HSV geführt worden; es lohne sich ab der Zeit ohnehin nicht mehr, dauerhaft in die Erhaltung des Bestandsbaus zu investieren. Die neue Arena soll nach den Spielen zu einem Multifunktionsareal mit herausrollbarem Rasen weitergebaut werden, die Leichtathletik-Bereiche würden dann weichen, um mehr Platz zu schaffen für Tribünen und andere Bereiche. „An 365 Tagen im Jahr könnte hier dann was los sein“, so Grote – zum Beispiel Konzerte. Die Kapazität würde aber auch ausreichen, um „einmal das Finale der Champions League nach Hamburg zu holen.“

Im Volkspark würden zudem die Turnwettbewerbe in der Barclay Cards Arena stattfinden; spektakulär wäre der Plan für das vorhandene HSV-Stadion, das für die Zeit der Spiele in eine Schwimmarena umgebaut werden würde, die dann wiederum nach den Spielen gänzlich verschwindet. In der unmittelbaren Nähe würde auch das Olympische Dorf mit den Unterkünften der Athleten liegen, nämlich dort, wo ohnehin die Sciene City Bahrenfeld mit vielen Unterkünften geplant ist – so wäre eine direkte Nachnutzung garantiert. Neu ist in diesem Zusammenhang auch eine Idee, die Tschentscher in seiner Ansprache vorstellte: Die Athleten, deren Wettkämpfe beendet sind, sollen in der Stadt bleiben können – und auf Wunsch bei aufnahmewilligen Hamburger Familien unterkommen.

Ein zweiter Schwerpunkt für die Wettkämpfe würde in der Innenstadt liegen, ausgehend vom Heiligengeistfeld, wo die Beach-Volleyballer aufschlagen und die BMX-Fahrer unterwegs sein sollen. Hockey wäre für das Millerntor vorgesehen, Freiwasserschwimmen und Triathlon fänden in Binnen- und Außenalster statt – und auf einem Ponton würden auf der Binnenalster auch die Bogenschützen antreten. Geboxt werden würde im Tennisstadion Rotherbaum (wo aber auch Tennis gespielt wird), auch weitere Stätten der Stadt in Planten un Blomen oder auf dem Rathausmarkt oder in Eimsbüttel (Bahnradfahren) werden genutzt. Die Messehallen werden Wettkampfstätte und Medienzentrum zugleich. Alle Segelwettbewerbe gingen und auch der Rugby-Wettbewerb gingen nach Kiel, gar nicht in Hamburg stattfinden würden Schießwettbewerbe und alles, was einen Wildwasser braucht. Hier würden bestehende Anlagen in Deutschland genutzt werden.

Für Tschentscher wären das „kompakte und nachhaltige Spiele“, er sprach zudem von einer Chance, eine Botschaft des Friedens in die Welt zu tragen. So sieht es auch sein Amtskollege Günther: „Wir im Norden wünschen uns die Spiele in Hamburg mit einer friedensstiftenden Botschaft. In Zeiten, wo vieles so aufgeregt ist und auseinanderläuft., kann Sport eine Botschaft in die Welt senden.“ Ähnlich äußerte sich Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne): „Ich bin voller Spannung und Stolz, dass wir bereit sind, unseren Hut in den Ring zu werfen. Das Konzept zeigt, wie eine Stadt sich entwickeln kann“, es gehe um „Olympische Spiele, die sich der Stadt anpassen und nicht umgekehrt.“ Unterstützung signalisierten am Sonnabend gleich CDU, SPD und auch die Handelskammer, während sich die Linke wie schon immer zuvor ablehnend äußerte.

Großes Kandidatenrennen in Deutschland

Hat Hamburg damit eine Chance? Bei der Präsentation am Sonnabend war die Zuversicht durchaus vorhanden, aber es gibt auch nach wie vor eine Gegnerschaft in der Stadt. Vor dem Bunker und am Millerntorstadion, das in Sichtweite des Bunkers liegt, hatte sich die schon früher aktive Bewegung NOlympia reaktiviert, auch die Umweltverbände haben ihre Skepsis bereits zum Ausdruck gebracht. Das ist nun in jeder Region so oder ähnlich und wird am Ende auch nicht entscheidend sein; wenn es im kommenden Mai, also in einem Jahr, zum angekündigten Referendum kommt, könnte auch eine Rolle spielen, ob die Hansestadt überhaupt mit ihrem zweiten Anlauf eine Chance gegen die anderen Bewerber aus Deutschland hat, die dann schon – wie München – abgestimmt haben werden oder aber – wie vermutlich Berlin – gar nicht erst die Bevölkerung fragen wird. Und am Ende entscheidet dann ohnehin erst der DOSB im kommenden Herbst, auch hier dürfte nach den enttäuschenden Erfahrungen von 2015 eine Hamburger Bewerbung kein Selbstläufer sein. Es aber deswegen gar nicht erst zu versuchen – zumal das Thema nie wirklich tot war – würde auch kaum zu der stolzen Hansestadt passen. Schließlich gilt sowieso der olympische Geist: Dabeisein ist alles.