Im vergangenen Herbst wird am Rand eines Weges im sächsischen Klipphausen ein toter Jogger gefunden. Zunächst sieht alles nach einem Unfall aus, kurz darauf geht die Polizei von Mord aus. Wer aber saß am Steuer des Wagens ohne Nummernschild?

Vor dem Landgericht Dresden hat am Montag unter großem Medieninteresse der Mordprozess im Fall eines beim Joggen überfahrenen Ehemanns begonnen. Angeklagt sind die Frau des Opfers sowie ein Bekannter des Ehepaars wegen Mordes beziehungsweise Beihilfe dazu. Die 52-Jährige soll laut Anklage am Morgen des 27. September 2024 mit einem Auto ohne Kennzeichen gezielt ihren joggenden Ehemann überfahren haben. Sie selbst bestritt die Tat zum Prozessauftakt.

Vor Gericht wurde der tödliche Vorfall rekonstruiert: Laut Staatsanwaltschaft soll Ramona B. am Morgen des besagten Tages mit einem Mercedes-SUV ohne amtliche Kennzeichen ihrem auf einem Weg nahe dem gemeinsamen Zuhause joggenden Ehemann „gezielt“ mit Tempo 30 bis 40 von hinten in die Beine gefahren sein. Mit der vorderen Seite habe sie Peter B. auch getroffen.

Der 76-Jährige, ein Insolvenzverwalter mit eigener Kanzlei in Dresden, sei über die Motorhaube erst auf den rechten Fahrbahnrand und dann in eine Böschung gefallen. Die Angeklagte sei dann mit dem Auto weiter über ihn gefahren, sagte die Staatsanwältin. „Wie von der Angeklagten gewollt“, verursachte dies Brüche von Rippen und Halswirbeln sowie Verletzungen am Rumpf. Ramona B. „wollte den Tod ihres Ehegatten herbeiführen, um an dessen Erbe zu gelangen“ und werde daher beschuldigt, „einen Menschen aus Habgier heimtückisch getötet zu haben“.

Peter B. erlag seinen Verletzungen noch vor Ort. Die Leiche des aus Heidelberg stammenden Juristen wurde kurz nach der Tat von einer anderen Joggerin gefunden. Die Polizei ging zunächst von einem Unfall mit Fahrerflucht aus.

Während der Ermittlungen geriet dann die Ehefrau in Verdacht, ihren Mann überfahren zu haben. Als Motiv wirft die Staatsanwaltschaft der Frau Habgier vor.

Der Mitangeklagte arbeitete als Hausmeister für das Paar

Die angeklagte Witwe sieht sich hingegen zu Unrecht beschuldigt. Ihr Verteidiger Andrej Klein sagte zum Prozessauftakt am Montag, dass sie weder am Tatort war noch ein Motiv hatte, ihren Ehemann zu töten. In seiner Erklärung wurde vielmehr der Mitangeklagte beschuldigt, die Tat geplant, den Wagen gefahren und Aussagen gemacht zu haben, die sich in der Verhandlung als falsch erweisen würden.

Claus T., der für einen Minijob als Hausmeister bei dem Ehepaar tätig war, soll der 52-Jährigen gegen 15.000 Euro das Tatauto besorgt und ihr zur Verfügung gestellt haben.

Anschließend habe der 75-Jährige laut Anklage das Auto in eine Werkstatt nach Dresden gebracht. Den Termin für eine Reparatur habe er vorab vereinbart. Für seine Hilfe soll er 5000 Euro und den Wagen erhalten haben. T. wird daher beschuldigt, bei einem vorsätzlich begangenen Mord geholfen zu haben.

Hatte Claus T. ein Motiv?

Die Witwe, die vor Gericht Handelsvertreterin als Beruf angab, wurde noch am selben Tag festgenommen, Claus T. am 2. Oktober in Koserow an der Ostsee. Beide sind in Untersuchungshaft. Der Verteidiger der 52-Jährigen sagte, Ramona B. sei nachweislich zur Tatzeit nicht am Tatort gewesen und habe den Wagen nicht gefahren. Die Behauptungen von Claus T. gegenüber Ermittlern seien fehlerhaft und „offenkundig widersprüchlich“.

Er habe den Toten vielmehr selbst loswerden wollen, weil der ihn wegen mangelhafter Handwerkerleistung auf Schadenersatz verklagt hatte, sagte Rechtsanwalt Klein. Ihre Mandantin dagegen sei selbst vermögend durch Immobilien, Aktien und Beteiligungen und zudem von ihrem Mann „großzügig ausgestattet“ gewesen. Das Paar hatte 2022 geheiratet.

Der Prozess ist mit zwölf Verhandlungstagen bis Mitte August terminiert, er wird am Freitag fortgesetzt. Dann sollen die ersten Zeugen gehört werden – darunter die Joggerin, die den leblosen B. am Wegesrand fand, und eine Joggerin, die ihm zehn Minuten zuvor auf seiner täglichen Runde begegnete.

AFP/dpa/krott