Gerade erst wurde der iranische Regisseur Jafar Panahi in Cannes für seinen Film „It Was Just An Accident“ mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Das Regime in Teheran hatte ihn wegen regierungskritischer Aussagen ins berüchtigte Evin-Gefängnis gesteckt, die knapp siebenmonatige Haft verarbeitete er filmisch. Panahi ist ein großer Name im internationalen Kino, er hat schon bei allen großen Festivals (Berlin, Venedig, Cannes) Preise gewonnen. Seine Kollegen Mohammad Rasoulof („Die Saat des heiligen Feigenbaums“) oder Asghar Farhadi („The Salesman – Forushande“) sind nicht minder bekannt, auch sie feierten weltweit Erfolge.
Ihre Filme beweisen, wie intensiv und kraftvoll das Kino des vorderasiatischen Staates sein kann, wie wichtig Haltung und künstlerische Integrität für deren Macher ist. Iranische Spiel- und Dokumentarfilme laufen auch hierzulande in den Kinos, in München widmen sich ihnen gleich mehrere Festivals.
Im Juli wird es wieder eine neue Ausgabe von „Cinema Iran“ geben, das Länderfilmfestival im Gasteig HP8 findet bereits zum zehnten Mal statt. Vorher gibt es noch im Werkstattkino das „Iranische Dokumentarfilmfestival München“ (IDFM): Am Pfingstwochenende werden vier Tage lang zehn kurze, mittellange und lange Dokumentarfilme aufgeführt, in ihren Originalversionen mit englischen Untertiteln. Auf dem Spielplan stehen unter anderem eine filmische Annäherung an den Schriftsteller Mahmoud Dowlatabadi durch seine Tochter („An Owl, A Garden & The Writer“), eine Doku über acht Exil-Iraner in der San Francisco Bay Area („The Dawn Is Too Far“) oder ein Porträt über afghanische Migrantenkinder, die als Müllsammler auf den Straßen Teherans leben („Lowland“).
Den Auftakt des Festivals macht der Film „Impasse“, dieser dreht sich um die Auswirkungen des gewaltsamen Todes von Jina Mahsa Amini im Jahr 2022 und die darauffolgenden Demonstrationen, bei denen unter dem Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ weltweit Millionen Menschen auf die Straße gingen. Die aus einer strenggläubigen Familie stammende Filmemacherin Rahmaneh Rabani berichtet in diesem Film von ihren persönlichen Erfahrungen, von ihrem Wunsch nach Veränderung und den ideologischen Konflikten innerhalb der eigenen Familie, vor allem mit ihrem regimetreuen Vater. Rahmaneh Rabani führte auch Regie, gemeinsam mit Bahman Kiarostami – Sohn des legendären, 2016 verstorbenen Regisseurs Abbas Kiarostami.
Millionen Menschen brachte der Tod von Jina Mahsa Amini auf die Straße. „Impasse“ erzählt davon. (Foto: Iranisches Dokumentarfilmfestival München)
„In naher Zukunft wird der Film, nach den Teppichen, das bekannteste Exportgut Irans sein.“ Das behauptete Abbas Kiarostami vor mehr als dreißig Jahren. Gemeinsam mit Regisseuren wie Dariush Mehrjui oder Bahram Beyzaie sorgte er in den Sechziger- und Siebzigerjahren für die „Neue Welle“ im iranischen Kino. Das Filmmuseum widmet diesen Filmen derzeit eine eigene Reihe: Unter dem Titel „Iranische Klassiker“ sind noch bis Ende Juni Filme aus vier Jahrzehnten zu sehen, von der Schah-Zeit bis in die Islamische Republik. Filmen wie „Ein einfaches Ereignis“ von Sohrab Shahid Saless, „Das blaue Kopftuch“ von Rakshan Banietemad oder Abbas Kiarostamis 1990 entstandenem „Close-up“ („Nahaufnahme“) ist gemeinsam, dass sie den harten Alltag der Menschen in Iran zeigen wollten und dabei staatliche Beeinflussung und Zensur zu umgehen versuchten. Das gelang ihnen, ihre Filme wurden und werden weltweit gesehen.
Iranisches Dokumentarfilmfestival München, Freitag, 6., bis Montag, 9. Juni, Werkstattkino, Fraunhoferstraße 9; Filmreihe Iranische Klassiker, bis Sonntag, 22. Juni, Filmmuseum, St.-Jakobs-Platz 1