Eisbären-Nachwuchs Mika begeistert seit Monaten die Menschen, seit gut einer Woche machen sie sich Sorgen um seinen Vater: Eisbär Kap ist seit Ende Mai erkrankt. Woran, weiß man trotz einiger Untersuchungen noch nicht. Allerdings geht es ihm schon wieder etwas besser. Aber Kap ist nicht nur der Vater von Mika. Mit ihm begann nach dem dramatischen Tod aller Karlsruher Eisbären die Gegenwart in der Eisbären-Anlage.
Erschossen wurden die Karlsruher Eisbären in Nürnberg. Dort befanden sich Yukon und seine vier Damen Silke, Nadine, Efgenia und Tatjana seit Mai 1999 im „Exil“. Die Eisbären-Anlage in Karlsruhe sollte komplett neu gebaut werden: mit künstlichem Eisberg, Felsen, Wasserfall, Tundra-Landschaft und Badebecken mit Unterwasserscheiben – geplant war die damals modernste Eisbärenanlage Europas. Eigentlich schöne Aussichten für die Karlsruher Bärengruppe. Diese war aber bald schon dezimiert: Eisbärin Tatjana starb nach wenigen Monaten in Nürnberg an Krebs.
Auge in Auge mit den Bären
Das Schicksal der verbleibenden vier Karlsruher Eisbären war am 29. März 2000 besiegelt. An diesem Abend stand ein Mann, der mit seinem Kind die Pinguin-Anlage besuchte, plötzlich einem Eisbären gegenüber. Zoo-Mitarbeiter versuchten zunächst mit Leckerbissen, den Bären in das Gehege zurückzulocken.
Das scheiterte nicht nur, alles kam sogar noch schlimmer: Bei den drei Eisbären, die noch im Gehege waren, wuchs die Neugierde schneller als der Hunger. Am Ende waren alle vier Bären frei im Zoo unterwegs, nur ein Maschendrahtzaun trennte sie von einem Ausflugslokal. Der Nürnberg Tiergarten liegt zwar in einem Waldgebiet, aber stellenweise nur 300 bis 500 Meter von den ersten Häusern entfernt. Die Gefahr für die Menschen war groß: Yukon war 3,20 Meter lang und wog 500 Kilogramm, die Bärinnen waren etwa halb so groß. Die Masse täuscht: Eisbären können schnell auf 70 Stundenkilometer beschleunigen und gelten als die gefährlichsten Landraubtiere.
Am Ende sind alle Tiere tot
Alle Versuche, die Tiere zu betäuben, scheiterten. Einem Veterinär gelang es dem Nachrichtenportal Nordbayern.de zufolge sogar, einem Eisbär so nahe zu kommen, dass er zwei Pfeile auf das Tier schießen konnte. Aber die dicke Fettschicht und die Aufregung verhinderten, dass das Betäubungsmittel wirkte, wird vermutet. Bevor die Eisbären in ein Wohngebiet eindringen konnten, wurden sie von Tierärzten erschossen. Yukon schleppte sich noch schwer verletzt ins Gehege zurück, ein Polizist gab ihm den Gnadenschuss.
Wer die Eisbären aus dem Gehege freigelassen hatte, wurde nie abschließend geklärt. Zwar verhaftete die Polizei einen 30-jährigen Mann, der unter psychischen Problemen litt. Doch dieser stritt die Tat ab, konnte letztlich nicht überführt werden.
Drei neue Bären im Gehege
Als im Herbst 2000 die neue Eisbären-Anlage in Karlsruhe eröffnet wurde, lebten dort nur zwei betagte Bärinnen aus Rotterdam. Sie nutzten die 1900 Quadratmeter große künstliche Polarwelt nie komplett. Mehr Leben kehrte erst Ende 2001 ein, als drei einjährige Eisbären aus europäischen Zoos einzogen. Neben Vitus und Nika, die das neue Zuchtpaar werden sollen, ist der in Moskau geborene Kap vorübergehend mit von der Partie.
2016 stellte sich heraus, dass Vitus zeugungsunfähig ist. Das Männchen wurde an einen anderen Zoo abgegeben, Kap kehrte 2023 aus dem Tierpark Hagenbeck nach Karlsruhe zurück. Der Plan: Die früher erfolgreiche Karlsruher Eisbärenzucht fortzusetzen. Mit Mika ist er vorerst aufgegangen.