Von Martin Schäuble
- Verlag: Fischer Sauerländer
- ISBN: 978-3-7373-4361-9
- Preis: 14,90 Euro
- Seiten: 227
- Altersempfehlung: ab 13 Jahren
Die 15-jährigen Lena wird Opfer von sexualisierter Gewalt, die durch ihren Fußballtrainer ausgeübt wird. Gemeinsam mit anderen Opfern schafft sie es schließlich, ihm das Handwerk zu legen.
Mit seinem Roman über sexualisierte Gewalt im Sport gelingt es dem Autor, die perfiden Täterstrategien aufzuzeigen und die extremen Auswirkungen und Folgen für die Opfer begreifbar zu machen. Gleichzeitig ist es ein aufrüttelnder Appell gegen das Wegsehen und Schweigen. Ein wichtiges Buch!
Inhalt
Die 15-jährige Lena ist seit ihrem fünften Lebensjahr leidenschaftliche Fußballspielerin. Als Charly der neue Trainer wird, ist sie begeistert, denn er intensiviert das Training und versteht die Mannschaft zu motivieren. Rasch stellen sich Erfolge ein. Charly umschmeichelt Lena, macht sie zur Mannschaftskapitänin und suggeriert ihr, dass er von ihrer spielerischen Leistung, aber auch von ihrem Äußeren sehr angetan ist.
Während auch die Eltern von ihm begeistert sind, fühlt sich Lena jedoch in seiner Nähe zunehmend unwohl. Sie empfindet seine Art mit ihnen zu reden und insbesondere seine ständigen körperlichen Berührungen, die sie sowohl bei sich als auch bei den anderen Mädchen wahrnimmt, als höchst unangenehm. Trotzdem sagt sie nichts, weil sie sich unsicher ist, ob das nicht vielleicht doch in der Trainingssituation „normal“ ist. Auch zwischen den Mädchen im Team ist kein Gespräch über Charlys Verhalten möglich. Charly seinerseits wird ruppig, als Lena versucht, ihn in seine Schranken zu weisen, und wirft ihr vor, „zickig“ zu sein. Immer dreister drängt er sich in Lenas Leben. Schließlich vergewaltigt er Lena in ihrem eigenen Zimmer. Erst recht halten nun Scham und Angst sie davon ab, sich einem Erwachsenen anzuvertrauen.
Gleichzeitig entwickelt sich in dieser Zeit eine zarte Beziehung zwischen Lena und dem gleichaltrigen Tim. Allerdings kann sie sich, sobald sie sich körperlich näherkommen, nicht auf ihn einlassen, weil immer Charly und seine Übergriffe zwischen ihnen stehen, ohne dass sie Tim die wahren Gründe für ihr Verhalten erklären könnte. Tim spürt, dass etwas nicht stimmt, und reagiert sehr sensibel und einfühlsam, ist aber völlig ratlos angesichts ihres Schweigens. So hält er einfach weiter Kontakt und versichert ihr immer wieder, für sie da zu sein.
Erst als ein anderes Opfer von Charlys Übergriffen auf Lena zukommt, wendet sich das Blatt zum Guten. Charly wird angezeigt und Lena beginnt im Rahmen einer Psychotherapie, das Erlebte zu verarbeiten.
Bewertung
Martin Schäuble hat für seinen Roman, den er im Wechsel aus der Perspektive von Lena und Tim erzählt, intensiv recherchiert, zahlreiche Gerichtsakten durchgearbeitet und intensiv mit vielen von Missbrauch im Sport Betroffenen gesprochen, um so realitätsnah und authentisch wie möglich zu erzählen. Die Erfahrungen der Betroffenen sind in Lenas fiktive Geschichte mit eingeflossen. Die Außerperspektive ist mit der Figur von Tim verkörpert. So gelingt es dem Autor aufzuzeigen, mit welch perfiden Methoden und Strategien die Täter vorgehen, um sich an ihre Opfer heranzumachen und sie sich gefügig zu machen, und welche Folgen das für die Betroffenen hat. Charakteristisch ist leider, dass Scham und Angst diese daran hindern, sich frühzeitig Unterstützung zu holen, während die Menschen in ihrem Umfeld, denen etwas auffällt, aus Unsicherheit wegsehen.
Im Roman ist von einem „Vorsitzenden“ die Rede. Er steht exemplarisch für das Verhalten der Vorstände in den Sportvereinen, die versuchen, derartige Vorfälle zu vertuschen, damit der Ruf des Vereins keinen Schaden nimmt. Dabei ist es ihnen gleichgültig, welche Folgen das für die Opfer der Übergriffe hat.
Wie Schäuble in seinem Nachwort feststellt, spricht die Forschung von jährlich „mehreren hunderttausend Fällen in deutschen Sportvereinen“, in denen Sportlerinnen und Sportler Opfer von sexualisierter Gewalt und Missbrauch werden. Schäubles Ziel: Er will informieren und aufrütteln und die Menschen dazu zu veranlassen, nicht wegzusehen, sondern einzuschreiten. Gleichzeitig appelliert er an vom Missbrauch Betroffene, nicht zu schweigen, sich nicht zu verstecken, sondern „laut“ zu werden. Dies gelingt ihm mit seinem fesselnden Roman, der unter die Haut geht und erschüttert und dem man viele Leserinnen und Leser – insbesondere auch erwachsene – wünscht, hervorragend. Wichtig wäre es, dass Jugendlichen erwachsene Ansprechpartner zur Verfügung stünden.
Auf der Website des Autors bzw. des Verlags steht gut ausgearbeitetes Unterrichtsmaterial für die Jahrgangsstufen 7 bis 9 zum Download zu Verfügung.