Der Berliner Senat setzt sich durch. Weil angeblich die Feuerwehr mit Drehleitern nicht Menschen aus den oberen Stockwerken der Häuser retten kann, muss die Kantstraße umgebaut werden. Der zu Corona-Zeiten vom Bezirk gebaute Pop-up-Radweg muss weg. Auf diesem konnten Radfahrer in den vergangenen Jahren sicher fahren. Nun sollen rechts wieder Autos parken dürfen.
Damit eskaliert der seit Jahren andauernde Streit um den Radweg.
Der Bezirk soll innerhalb von 14 Tagen Stellung nehmen, ordnete die Verwaltung an. „Zudem wird um eine zügige und kooperative Umsetzung gebeten, um das schon zu lange andauernde Provisorium wieder in geordnete Zustände zu überführen.“
Stadtrat greift Verkehrssenatorin an
Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) reagierte so: „Ich habe das Schreiben von Frau Bonde mit großer Irritation zur Kenntnis genommen.“ Der Stadtrat kritisierte, dass das Schreiben „keinerlei Pläne oder wenigstens Skizzen enthalte, noch irgendwelche Daten oder Zahlen, geschweige denn eine Begründung, die Abwägungskriterien deutlich macht. All dies wäre aber in einem ordnungsgemäßen Anhörungsverfahren als Grundlage zur Beurteilung zu übersenden“.
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Schruoffeneger griff Bonde scharf an: „Ich bedauere, dass die Verkehrssenatorin augenscheinlich nicht über die Kraft verfügt, sich der vom Bezirk vorgeschlagenen Lösung anzuschließen, sondern stattdessen ein verkehrspolitisches Exempel statuieren möchte.“ Der Bezirk hatte vorgeschlagen, den Mittelstreifen etwas schmaler zu machen, damit die Feuerwehr mehr Aufstellfläche bekommt.
Auch inhaltlich habe der Bezirk Bedenken, so Schruoffeneger. Die Gefahrenlage für Radfahrer werde wesentlich erhöht. Der Rückbau des Radwegs führe „unweigerlich zu einem deutlich höheren Risiko von Kollisionen“. Des Stadtrats Fazit: „Wir werden das Schreiben in den nächsten Tagen sorgfältig prüfen.“
Platz für die Feuerwehr fehlte
Nach dem Willen der Verkehrsverwaltung sollen dort, wo jetzt der Radweg ist, künftig wieder Autos parken dürfen. Radfahrer und BVG-Busse sollen sich die rechte Fahrbahn teilen, Autos müssen auf der linken fahren. „Vor und hinter den signalisierten Knotenpunkten sind zur Wahrung der Sicherheit durch Verzicht auf Flächen für den ruhenden Verkehr ausreichend lange Stau- bzw. Abflussräume vorzusehen.“
„Diese Entscheidung ist aufgrund einer intensiven Auseinandersetzung aller berechtigten Interessen und zu wahrenden Güter erfolgt“, teilte Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) mit. Die Bauaufsicht des Bezirkes hatte unter Verweis auf die Feuerwehr bemängelt, dass die Erreichbarkeit der oberen Etagen der an der Straße liegenden Wohnhäuser mit Rettungsmitteln der Feuerwehr nicht möglich ist.
Der daraufhin unterbreitete Vorschlag des Bezirksamts, den Mittelstreifen so zu befestigen, dass die für die Feuerwehr nötige Fläche durchgängig gewährleistet wird, ist nach Angaben des Senats zu teuer.
Zudem gibt es durch den Abriss der Ringbahnbrücken in den nächsten Jahren deutlich mehr Autoverkehr in der Kantstraße. „Insbesondere muss sichergestellt werden, dass die Kantstraße die bestmögliche Durchgängigkeit für Einsatzfahrzeuge von Rettungsdiensten und Polizei sowie den ÖPNV hat.“
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Die Verkehrsverwaltung teilte mit: „Ganz maßgeblich für die Entscheidung ist, dass der Sicherheit der gesamten Bevölkerung bestmöglich Rechnung getragen werden muss. Mit Blick auf die jetzt bestehende Verkehrsraumaufteilung wird dem Radverkehr eine höhere Sicherheit für Leib und Leben zuteil, als dies bei einem potenziellen Brand den Bewohnern der oberen Etagen der Wohnhäuser zuteilwird, da die Wohnhäuser oftmals nicht über einen zweiten Rettungsweg verfügen.“ Die nun vorgesehene Aufteilung des Straßenraumes führe „nicht zu nennenswerten Veränderungen gegenüber dem aktuellen provisorischen Zustand vor Ort“, hieß es von der Verwaltung.