Die Nachricht wird für Friedrich Merz sicher beruhigend gewesen sein: „Also ich habe bei Merz ein gutes Gefühl“, ließ CSU-Chef Markus Söder in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ mit Blick auf den Besuch vom Bundeskanzler bei US-Präsident Donald Trump am Donnerstag schon mal wissen.

Genug geunkt, der Besuch im Oval Office wird für den CDU-Regierungschef die internationale Feuertaufe, das weiß er selbst sehr genau. Neun Staaten in Europa hat der neue Kanzler bereits besucht. Jetzt geht es erstmals über den Atlantik, zum unberechenbaren, teils erratischen US-Präsidenten. Eine größere Bühne gibt es nicht, zumal durch die Lage in der Ukraine und den durch die USA ausgelösten Zollstreitigkeiten quasi für die ganze Welt etwas auf dem Spiel steht. Es ist ein wahrlich spektakulärer Antrittsbesuch.

Inhaltlich wird es dem Vernehmen nach vor allem um drei Themen gehen: Zum einen um die Wirtschaftspolitik mit Blick auf den Handel und die US-Zölle, zweitens die Verteidigungsausgaben und das Engagement in der Nato sowie drittens um die weitere Unterstützung der Ukraine vor dem Hintergrund der bisherigen Gespräche über eine mögliche Waffenruhe.

Insbesondere bei den hohen Zöllen ist aus deutscher Sicht Eile geboten, das Inkrafttreten der Stahl-Zölle hat enorme Auswirkungen auf hiesige und ohnehin schon strauchelnde Unternehmen wie Thyssen. Auch die Autoindustrie dürfte eine wichtige Rolle spielen. Inwiefern Trump jedoch bereit sein wird, Zölle wieder zu reduzieren oder andere Deals in Aussicht stellen wird, ist im Vorfeld nicht auszumachen.

Mehr Gemeinsamkeiten dürften hingegen bei den künftigen Nato-Zielen bestehen. So hat Deutschland mit der Grundgesetzänderung und der Ausnahme für Verteidigungsausgaben bei den Schuldenregeln Vorkehrungen getroffen, um die eigenen Investitionen in Rüstung hochzufahren. Die von Nato-Generalsekretär Mark Rutte vorgeschlagene Formel von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung und weitere 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Investitionen (also im Ergebnis fünf Prozent Nato-Ziel für jedes Mitglied) findet in der Bundesregierung Anklang. In die zweite Kategorie fielen beispielsweise auch Investitionen in Brücken, Straßen und Häfen, da diese vom Militär genutzt werden können. Allerdings, und da legt man in der Koalition wert drauf, ist man strikt aus eigenen Sicherheitsinteressen offen dafür – nicht wegen möglicher Forderungen anderer Nato-Partner.

Was die Unterstützung der Ukraine angeht, zeigt man sich in der Bundesregierung vorsichtig optimistisch. Doch man weiß auch: Der US-Präsident kann seinen Kurs rapide und in völlig entgegengesetzte Richtungen ändern. Verlässliche Zusagen, die über einen langen Zeitraum tragen werden, erwartet man daher mit Blick auf die künftige Kooperation für die Ukraine und gegen Russland kaum.

Wie bereitet sich Merz nun vor? Wenn man ihn in den letzten Tagen erlebt hat, wirkt er sehr bei sich. Er hat mit anderen Staatschefs über Trump gesprochen, das stimmt. Aber der Kanzler ist auch der Auffassung, dass die Tipps anderer nicht immer wirklich hilfreich sind. Für ihn spricht ein sehr verhandlungssicheres Englisch, das ein Zusammentreffen auf Augenhöhe ermöglicht. Die kritische Haltung zur Migration und der sehr marktfreundliche Blick auf die Wirtschaft, den Merz nach wie vor hat, sind politisch keine schlechten Voraussetzungen. Merz will sich nicht einschmeicheln und auch jegliche Kritik am politischen System Deutschlands strikt zurückweisen. Netter wird sicher das Gastgeschenk werden, es gibt ein großes Geheimnis darum – wahrscheinlich wird es die rheinland-pfälzischen Wurzeln des US-Präsidenten berücksichtigen.

Zumindest geht man in der Bundesregierung also davon aus, dass es keine Konfrontation wie mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj oder dem südafrikanischen Staatschef Cyril Ramaphosa im Oval Office geben wird.

Die Ehre, auf Einladung von Trump im Gästehaus, dem sogenannten Blair House, übernachten zu können, wird als positives Signal gewertet, dass die US-Seite zumindest grundsätzlich milde gestimmt ist vor dem Besuch. In dem Gebäude unweit vom Weißen Haus nächtigten bereits Queen Elizabeth II. von Großbritannien, der Schah von Persien und Frankreichs Präsident Charles de Gaulle.

Der Kanzler wird nur etwa 17 Stunden in der US-Hauptstadt sein. Er bricht am Mittwochabend nach einem Abendessen mit den Ministerpräsidenten der Länder in Berlin auf und wird nach Mitternacht (Ortszeit) in Washington erwartet. Das Programm im Weißen Haus startet am Donnerstag am späten Vormittag.

Merz und Trump sind sich erst ein Mal vor vielen Jahren flüchtig in New York begegnet. Seit dem Amtsantritt des Kanzlers vor vier Wochen haben sie aber schon vier Mal telefoniert – ein Mal davon nur zu zweit. Der Tenor soll freundlich gewesen sein. Also eher gute Voraussetzungen – zunächst zumindest.