Für die Stadt Augsburg ist die Sache klar: Es stehe außer Frage, dass die Kanu-Anlage der Stadt als nationale und internationale Sportstätte gesichert werden müsse. Nicht nur im Hinblick auf mögliche Olympische Spiele in München und Bayern. Der Eiskanal habe für Augsburg eine ganz besondere Bedeutung, sagt Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU): „Er prägt das Stadtbild als Naherholungsgebiet, ist Teil des Augsburger Unesco-Welterbes und nach wie vor die schönste urbane Wildwasserstrecke weltweit.“
Da sollte Weber vielleicht auch noch einmal eindringlich mit ihren Parteifreunden in München reden. Am Mittwoch jedenfalls wollten SPD und Grüne im Sportausschuss wissen, wie es um die Zukunft und den Erhalt der Sportstätte steht. Kürzlich erst hatte sie Kanu-Bundestrainer Klaus Pohlen als nicht mehr wettkampftauglich bezeichnet – vor allem, weil im Zuge des Klimawandels regelmäßig zu wenig Wasser zur Verfügung steht. CSU und Freie Wähler bügelten die Anträge dennoch ab mit Verweis darauf, dass noch keine konkreten Förderanträge eingereicht worden seien.
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Der Bundestrainer, der den Standort in Leipzig favorisiert, hatte vor Wochen die Sportstätte in Augsburg infrage gestellt, als für die nationale Qualifikation im Kanuslalom erst im letzten Moment nach Rücksprache mit lokalen Kraftwerksbetreibern genügend Wasser vom Lech in den Eiskanal gelenkt werden konnte. Zahlreiche Athleten hatten ihrem Trainer heftig widersprochen, zumal der Standort in Augsburg historische Bedeutung hat und weltbekannt ist: Für die Olympischen Spiele 1972 erbaut, fanden dort die ersten olympischen Kanuslalom-Wettkämpfe überhaupt statt.
Bund, Freistaat und Stadt Augsburg hatten bereits 2012 sechs Millionen Euro investiert, um das in die Jahre gekommene Leistungszentrum zu sanieren. Es entstanden, so heißt es beim Olympiastützpunkt Bayern, mehr Bootslagerplätze sowie Büros, auch für Trainingswissenschaft und Physiotherapie. 2022 folgte dann vor den Kanuslalom-Weltmeisterschaften eine Generalsanierung der Gebäude und Gelände-Infrastruktur – alles unter Auflagen des Denkmalschutzes, unter der die Anlage seit dem Jahr 2017 steht, um die Anmutung der Spiele von 1972 zu erhalten.
Bei Athleten ist der Eiskanal äußerst beliebt, im Training wie im Wettkampf. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/picture alliance/dpa)
Dies kommt unter anderem in den orangefarbenen Fliesen zum Ausdruck, die hinter der Bar im ausgebauten Organisationszentrum zu sehen sind. Es gibt nun eine Flutlichtanlage, damit die Athleten auch abends trainieren können, neue Wettkampftechnik, moderne Glasfaserkabel für schnelles Internet und auch neue Lautsprecher sowie eine große Anzeigetafel. Die alten Betonhindernisse im Bett des Eiskanals wurden instandgesetzt und von Moos und Algen befreit. Die Streckenführung allerdings beließen die Architekten unverändert: Die Streif in Kitzbühel, sagten die Sportler, verändert man ja auch nicht.
Aber auch beim Skifahren muss ja inzwischen mit technischem Gerät nachgeholfen werden, um die für den Sport unerlässliche Beschneiung hinzubekommen. Die Kanuten benötigen Wasser, und dafür hat die Stadt Augsburg nach dem Niedrigwasser bei der Kanu-WM 2022 eine Projektgruppe eingesetzt, die mehrere Lösungsansätze untersucht hat. „Die Sportverwaltung der Stadt Augsburg ist derzeit in enger Abstimmung mit dem Ingenieurbüro der Machbarkeitsstudie zur Umsetzung der nötigen Maßnahmen“, heißt es vonseiten der Stadt. Auch eine Variante mit Pumpen werde untersucht.
Die Grünen wollten nun im Ausschuss wissen, wie es um die extreme Niedrigwasserlage dieses Frühjahr und mögliche bauliche Weiterentwicklungen vor einer Olympiabewerbung bestellt sei. Einen weitergehenden Antrag hatte zunächst die SPD gestellt: Die Staatsregierung, heißt es darin, solle sich für den Erhalt des Eiskanals einsetzen und insbesondere bauliche Maßnahmen für die Wasserversorgung fördern. CSU und Freie Wähler lehnten beide Anträge mit Verweis auf fehlende Förderanträge ab. „Insbesondere im Hinblick auf die Münchner Olympiabewerbung hätte ich ein klares Zeichen auf Landesebene gut gefunden“, kritisiert Max Deisenhofer, Landtagsabgeordneter der Grünen.
Wobei Deisenhofer zuversichtlich ist, dass die Staatsregierung Augsburg dennoch finanziell unterstützen wird, um den Eiskanal tauglich zu machen für den Klimawandel, in welcher Variante auch immer. Gerade wegen der möglichen Bewerbung für die Olympischen Spiele kann es sich der Freistaat kaum leisten, den Eiskanal weiterhin ohne zuverlässige Wasserversorgung dastehen zu lassen. Insofern könnten hinter der Ablehnung der Anträge von SPD und Grünen auch parteitaktische Spielchen stehen.
Ist also gut möglich, dass Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bald zu einem Ortstermin nach Augsburg fährt, um seiner Parteifreundin Weber eine Finanzspritze zuzusagen – das wäre deutlich medienwirksamer als eine Zustimmung im Sportausschuss.