Mehrere Hundert Menschen haben am Mittwochmittag gegen die drohenden millionenschweren Kürzungen an den Berliner Universitäten und Hochschulen demonstriert. Sie zogen an der Freien Universität (FU) vor das Präsidiumsgebäude in Dahlem, in dem die Hochschulleitung sitzt.
Zum Protest hatten die Gruppierung „Studis Gegen Rechts“, der den Linken nahestehende Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) und die Studierendenvertretungen aufgerufen. Die Veranstalter sprachen zuletzt von etwa 500 Teilnehmenden, die Polizei von etwa 400. An der Humboldt-Universität auf dem Hegelplatz demonstrierten demnach mehr als 100 Studierende.
„Es wird vom Berliner Senat immer gesagt, es ist kein Geld da“, sagte eine Sprecherin der Studierenden. Statt in eine kostspielige Olympia-Bewerbung solle das Land mehr Mittel in Bildung, Kultur und Soziales investieren. Schon jetzt seien die Folgen der Haushaltspolitik spürbar: Die Mensapreise seien gestiegen, die Unigebäude marode.
„Wir sagen ganz klar: Das ist ein massiver Eingriff in die Hochschulautonomie und es ist wichtig, dass wir als Studierende, zusammen mit dem Mittelbau, mit den Professor:innen, aber auch dem Unipräsidium dagegen vorgehen und uns klar gegen den Berliner Senat stellen.“
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Einstellungsstopp an der Freien Universität Berlin
Durch die Sparmaßnahmen im Landeshaushalt sollen die Zuschüsse für die Hochschulen und Universitäten in diesem Jahr um mehr als 100 Millionen Euro gekürzt werden. Die FU müsste nach Angaben der Unileitung auf etwa 41 Millionen Euro verzichten. Um die Einsparungen zu erbringen, sollen alle Fachbereiche und Zentralinstitute ihre Personalbudgets um etwa sechs Prozent kürzen.
Wir sagen ganz klar: Das ist ein massiver Eingriff in die Hochschulautonomie.
Eine Sprecherin der Studierenden
Darüber hinaus hat die FU einen weitgehenden Einstellungsstopp verhängt und beschlossen, das Orientierungsstudium zum kommenden Wintersemester einzustellen. Etwa 190 Studienplätze wurden für das Einstiegsangebot zuletzt pro Semester bereitgestellt.
Deutlich mehr Teilnehmende als erwartet: Der Demozug trifft vor dem Präsidiumsgebäude in Dahlem ein.
© Valentin Petri
Das Protestbündnis befürchtet, dass in der Folge ganze Studiengänge gestrichen werden und in ganz Berlin bis zu 40.000 Studienplätze wegfallen. „Das ist kein Sparplan, das ist die systematische Zerstörung unserer Universität“, rief ein Redner vor dem Demozug. „Wir wissen alle, dass diese Kürzungen hier nicht stattfinden dürfen.“ Ein angekündigtes Gespräch zwischen den Protestierenden und der Unileitung fand nicht statt. Mehrere Minuten skandierte die Menge vor dem Präsidiumsgebäude: „Kommt raus!“
Das Thema vereint die Unis.
Nia Grünberg, Studierende aus dem Protestbündnis
„Ein Austausch zu den Haushaltskürzungen war nicht mehr möglich“, sagte eine Sprecherin der FU auf Anfrage. „Den Organisatoren sollen nun andere Gespräche zum Thema angeboten werden.“ Zu Beginn der Kundgebung seien Sprechchöre und Äußerungen, teils in aufgeheizter Stimmung, laut geworden. Die Studierenden hätten zudem andere Themen als die Haushaltskürzungen gesetzt.
Mehrfach nahmen Redner vor dem Präsidium Bezug auf die propalästinensischen Proteste und Unibesetzungen im Zusammenhang mit dem Gazakrieg. Im vergangenen Jahr hatten mehrere Vermummte das Gebäude gestürmt, Räume verwüstet und Hamas-Symbole an die Wände gesprüht. Beim Protest am Mittwoch war die Polizei mit einem großen Aufgebot vor Ort und schützte den Eingang.
Uni soll gegen Kürzungen klagen
Mehrere Redner forderten, dass die Uni den Senat wegen des Bruchs der bereits abgeschlossenen Hochschulverträge verklagt. Die FU sowie die Technische Universität haben angekündigt, eine Klageschrift vorzubereiten. „Wir halten uns die Klageoptionen offen“, sagte FU-Präsident Günter Ziegler.
Eine Klage, so heißt es in einer Mitteilung, könne jedoch selbst im Erfolgsfall nur langfristig für rechtliche Klärung sorgen. Um den akuten Herausforderungen zu begegnen, will die Uni demnach auf Nachverhandlungen mit dem Senat setzen und die Auswirkungen der Kürzungen abfedern. 2026 und 2027 sollen in Berlin nach aktuellen Informationen weitere 165 Millionen Euro eingespart werden.
„Die Kürzungen betreffen ja alle“, so die Studentin Nia Grünberg, die sich im Protestbündnis engagiert. Reinigungskräfte und Mensamitarbeiter bekämen den Sparkurs ebenso zu spüren wie Studierende, Lehrende und Verwaltungsmitarbeitende. „Das Thema vereint die Unis.“
Wiederholt gibt es „Free Palestine“-Rufe: Der Studierendenprotest vor der Polizeikette am Eingang zum Präsidiumsgebäude der Freien Universität.
© Valentin Petri
Auch mehrere Dozenten nahmen am Protest teil. „Die Uni ist schon so auf Kante genäht“, sagte der Politikökonom Anton Harms, der am Otto-Suhr-Institut promoviert und lehrt. Den Hochschulen pauschal und ohne Plan die Gelder zusammenzustreichen, habe fatale Folgen für die überdehnten Unistrukturen. Auch wenn er Kürzungen grundsätzlich für falsch halte: „Wenn man mittelfristig etwas umstrukturieren muss, kann man drüber reden.“
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Vor der FU riefen Studierende zum Streik auf. „Es braucht gemeinsame Aktionen, von allen, die von den Kürzungen betroffen sind“, sagte Teresa Duval, die als studentische Vertreterin im Akademischen Senat sitzt, dem höchsten gewählten Gremium an der FU. „Wenn der Senat uns lahmlegt, dann legen wir die Stadt lahm.“