MDR KULTUR: Sie sind gebürtiger Karl-Marx-Städter, leben heute aber in Berlin. Jetzt haben Sie einen Film über Chemnitz gemacht, in dem Sie mit renommierten Fotografinnen und Fotografen durch ihre Heimatstadt gezogen sind. Wie würden Sie Chemnitz nach diesem Streifzug in drei Worten beschreiben?
Philipp Gladsome: Vielseitig, bunt – und vor allem fotogen.
Und das Chemnitz Ihrer Kindheit?
Ereignisreich, spannend, aber auch irgendwie verschwommen.
Ich könnte mir vorstellen, dass es interessant war, die Stadt mit fremden, anderen Augen neu zu sehen.
Ja, absolut. Ich wurde gegen Ende der DDR geboren und habe so eine ganz andere Stadt erlebt als beispielsweise Jörg Schüttauf, der mit uns unterwegs ist. Auf jeden Fall würde ich sagen, Chemnitz ist bunter geworden. Ich weiß, wie es Anfang der 1990er-Jahre aussah und wie um die 2000er, da hat sich schon viel getan.
Ist es das, was Sie in der Doku „Blende und Beton“ zeigen wollten?
Zum einen wollte ich das Chemnitz zeigen, wie ich es wahrnehme. Zum anderen wollte ich erfahren, ob das das tatsächliche Chemnitz ist – oder ob ich die rosarote Brille der Nostalgie aufhabe, weil ich beispielsweise weiß: Hier war ich mit meinem Vater Eis essen, da bin ich das erste Mal mit dem Fahrrad hingefallen. Für andere ist es aber bloß irgendein Eis-Café oder irgendeine Schotterpiste. Zu sehen, ob das alles den Charme hat, den ich damit verbinde, war eins der Hauptmotive.
Absolut, das was ich gespiegelt bekommen habe, war, dass Chemnitz eine Stadt ist, in der es viel zu entdecken gibt, die vielseitiger ist, als man vielleicht vermuten mag. Man muss nur in die richtigen Ecken gucken.
Und was ist Chemnitz heute für Sie, wenn Sie mit diesen Berliner Augen drauf schauen?
Auch wenn Berlin mittlerweile Heimat für mich ist, wenn ich nach Chemnitz fahre, ist es das Heimatgefühl mal 100. Mit Blick auf die Kultur-Szene würde ich sagen, dass man sich hier gegenseitig unter die Arme greift und unterstützt und auch stolz aufeinander ist, wenn es jemand aus der eigenen Stadt schafft. Im Gegensatz zu Städten wie Berlin, wo es da durchaus ein gewisses Konkurrenzverhalten gibt.