Stand: 05.06.2025 06:00 Uhr

Tom Hoflands Roman „Nimms nicht persönlich“ ist eine Horrorgeschichte, die Managementmethoden brutal bloßstellt, jedoch durch Überfrachtung und gesichtslose Charaktere auf Dauer an Spannung verliert.

von Claudia Ingenhoven

Eine holländische Firma soll an ein Schweizer Pharmaunternehmen verkauft werden. Die Verhandlungen laufen gut, die Holländer produzieren medizinische Kapseln, mit Gewinn. Nur eine Abteilung soll aufgelöst werden: Sales and Quality, 32 Beschäftigte, die meist seit Jahren hier arbeiten. Lute, der gut bezahlte Abteilungsleiter, muss ihnen die Nachricht überbringen und sie am besten auch noch überreden, freiwillig zu gehen. Er möchte am liebsten weglaufen.

Ein Mann fürs Grobe

Beim privaten Kneipengespräch wird ihm ein Unternehmensberater empfohlen, für den sowas alltäglich ist: Firmen auflösen und die Entlassenen an andere Firmen vermitteln. Überraschend meldet sich dieser Mann gleich am nächsten Morgen bei Lute. Alles kein Problem, versichert er, schließlich habe er keine persönliche Beziehung zu den Betroffenen; er brauche nur ein kleines Büro und die Personalakten. Sein Credo: Nimms nicht persönlich.

Sympathisch ist dieser Lombard nicht, auf Fragen zu seiner Arbeitsweise reagiert er mit kuriosen Anekdoten. Aber er bekommt den Auftrag. Eines abends steht der Pickup seines Assistenten noch auf dem Firmenparkplatz. Lute hat den Eindruck, dass sich unter der festgezurrten Plane etwas bewegt. Er schiebt seine Hand hinein, fasst in Erde und in etwas Lebendiges.

„Wer wirklich Böses will, der muss sich ein System ausdenken“

Tom Hofland erzählt uns eine Horrorgeschichte. Lombard zielt anfangs mit Psychotricks auf freiwillige Kündigung der Beschäftigten. Wenn das nicht reicht, agiert er auch körperlich brutal. Ein Vertriebsmitarbeiter wird mit einem Stein erschlagen, einer verschwindet, und eine Kollegin findet Lute draußen im Wald.

Die Frau liegt mit dem Gesicht nach unten im nassen Totholz. Ihr Hinterkopf ist zertrümmert und voller Blut, in ihrem Haar kleben weiße glibberige Klümpchen.
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Ein Gruselkabinett. Längst kann Lute nicht mehr verdrängen, was passiert, aber er kuscht. Sein zaghaftes Aufbegehren kontert Lombard mit langatmigen Reden.

Wer wirklich Böses will, der muss sich ein System ausdenken. Ein System, in dem sich alle Beteiligten zutiefst misstrauen. In dem sie sich gegenseitig kontrollieren und klein halten, nur um sich selbst zu bereichern.
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Der Horror wird schnell langweilig

Tom Hofland zieht in diesem Roman alle Register moderner Horrorliteratur, um Managementmethoden bloßzustellen. Aber der Horror funktioniert auf Dauer nicht, er wird langweilig. Jede weitere drastische Variante führt zu Überdruss statt zu Erschrecken. Die meisten Personen bleiben gesichtslos, zu schnell sind sie aus dem Weg geräumt. Einzig Lute, der Augen und Ohren verschließt und als Mitläufer bleibt, wird als Person kenntlich.

Noch ein Problem: Tom Hofland führt uns auf viele Nebengleise, als hätte er einige Kurzgeschichten auf Lager – durchaus reizvolle übrigens, die endlich mal raus sollten. Hier führen sie einfach zu Überfrachtung. Dass sich zum Schluss noch eine schöne Liebesgeschichte abzeichnet, rettet den Roman nicht mehr.

Nimms nicht persönlich

von Tom  Hofland

Seitenzahl:
272 Seiten
Genre:
Roman
Zusatzinfo:
Aus dem Niederländischen von Christiane Burkhardt
Verlag:
Kein & Aber
Bestellnummer:
978-3-0369-5056-3
Preis:
23 €

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05.06.2025 | 12:40 Uhr

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