MDR KULTUR: Bei der Sächsischen Landesgruppe des Bühnenvereins ist ein großes Thema die erhöhte Mindestgage. Das hätte enorme Auswirkungen für die kleinen Theater im ländlichen Raum, hieß es. Denn man brauche jetzt Geld, das eigentlich nicht da sei. Was können diese Theater jetzt tun? Und was kann der Deutsche Bühnenverein für sie tun?

Carsten Brosda: Die Lösung kann aus unserer Sicht nicht sein, dass wir sagen: Wir bezahlen die Beschäftigten, die wir an den Häusern haben, schlecht oder schlechter. Wir reden ja hier durchaus über Gehälter, die am unteren Rand des Niveaus liegen. Sondern wir müssen uns darum kümmern, dass eine öffentliche Kulturfinanzierung so funktioniert, dass man auch ordentliche Arbeitsbedingungen sicherstellen kann.

Und diese Mindestgagen-Entwicklung ist in den letzten Jahren in einem sehr intensiven Ringen mit den Gewerkschaften, die sich da durchaus noch ganz andere Summen vorstellen konnten und wollten, ausgehandelt worden. Und wir müssen jetzt mit den Rechtsträgerinnen und Rechtsträgern und denen, die Verantwortung für die Theater tragen, dafür sorgen, dass die Mittel auch in den Häusern ankommen und dass die Arbeitsbedingungen ausfinanziert sind.

Hat der Bühnenverein da ausreichend Lobby?

Der Bühnenverein ist sozusagen ein Stück weit eine ganz bemerkenswerte Lobby, weil darin sowohl die Kulturverwaltung, die Kulturpolitik, als auch die Häuser und damit die künstlerisch und betriebswirtschaftlich Verantwortlichen gemeinsam sitzen. Es geht darum, gemeinsam dafür zu sorgen, dass unsere Gesellschaft auch die Entscheidung trifft, Kultur- und Kunstinvestitionen wichtig zu finden.

Und ich glaube, da haben wir alle miteinander noch Arbeit zu leisten, weil man momentan so ein bisschen das Gefühl hat, es geht jetzt nur noch darum, die Wirtschaft anzukurbeln. Es geht darum, Infrastrukturinvestitionen zu tätigen, und der Rest kommt dann, wenn irgendwie noch Geld übrig ist. Ich bin fest davon überzeugt: Wenn wir das so handhaben, wird unsere Gesellschaft ärmer.

Der Tarifvertrag soll auch für geregeltere Arbeitszeiten sorgen, das heißt auch mal freie Tage nach einer Premiere. Aber das ist für die Theater in der Praxis gar nicht so leicht umzusetzen und kann bedeuten, dass man dann weniger spielen kann. Deshalb wollen manche Theater aus dem Tarifvertrag aussteigen und wieder eigene Haustarife. Wie kann man das lösen?

Ich warne davor, das so zu sehen, weil es schon eine große Errungenschaft ist, dass wir eine gemeinsame tarifliche Struktur für die Theater im künstlerischen Bereich haben. Wir haben eine Zeit, in der der Fachkräftemangel schon eine Rolle spielt. Und wenn wir gute Leute haben wollen, kann ich nicht darauf setzen, dass die schon alles mitmachen, was ich brauche, damit ich es betrieblich einfacher habe. Sondern wir müssen gemeinsam gucken. Das ist ein Austarieren.

Wenn wir gute Leute haben wollen, kann ich nicht darauf setzen, dass die schon alles mitmachen, was ich brauche, damit ich es betrieblich einfacher habe.

Carsten Brosda (SPD)
Präsident Deutscher Bühnenverein