Vor fast zweieinhalb Jahren knallten Schüsse durch ein Treppenhaus in Volkmarsdorf, ein 36-Jähriger überlebte den Angriff nur knapp. Zwei Männer wurden später als Schütze bzw. Auftraggeber der Tat verurteilt. Der mutmaßliche Drahtzieher ging erfolgreich gegen das Urteil vor, stand am Donnerstag erneut vor dem Landgericht – und bekam nach einem Verhandlungstag das gleiche Strafmaß verpasst.
Achref G. ist schuldig des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie einem Verstoß gegen das Waffengesetz, muss für zwölf Jahre in den Strafvollzug. Die 1. Strafkammer des Leipziger Landgerichts verurteilte den 30-Jährigen am Donnerstag. Ohnehin stand für die Richter bereits rechtskräftig fest, dass der Tunesier einen Komplizen damit beauftragt hatte, einen Landsmann durch Pistolenschüsse zu ermorden.
Mordanschlag scheiterte an massiver Gegenwehr des Opfers
Die Tatausführung am Abend des 16. Januar 2023 in der Leipziger Juliusstraße ging dann allerdings gehörig schief, weil sich das Opfer (36) im Treppenhaus seines Wohnhauses durch einen Bewurf mit Gegenständen massiv gegen den Angreifer wehrte. Letzten Endes soll der Schütze von dem durchtrainierten Mann so massiv attackiert worden sein, dass er selbst schwer verletzt und unter Polizeibewachung in eine Klinik eingeliefert werden musste.
Die Ermittlungsbehörden gingen von einem gezielten Mordkomplott aus. Nach einem monatelangen Prozess hatte das Leipziger Landgericht den Schützen (25) und den als Auftraggeber angeklagten Achref G. im Frühjahr 2024 verurteilt. Letzterer soll den Anschlag angeordnet haben, mutmaßlich aus Rache für eine vorangegangene Schlägerei. Der Vollstrecker wurde durch den mutmaßlichen Drahtzieher möglicherweise mit einem Schuldenerlass geködert, sitzt inzwischen rechtskräftig elf Jahre Haft ab. Achref G. sollte zwölf Jahre hinter Schloss und Riegel.
Verstoß gegen „Doppelverwertungsverbot“
Gegen dieses Strafmaß wehrte sich der Tunesier, der im April 2023 in Italien gefasst und ausgeliefert worden war. Bei der Prüfung der Revision hob der Bundesgerichtshof das Urteil aufgrund einer Formalie auf: Die Kammer habe strafverschärfend berücksichtigt, dass ihn seine chronische Krankheit nicht von der Planung und Ausführung der brutalen Tat abgehalten habe.
Das sei laut Bundesrichtern nicht zulässig. Denn laut „Doppelverwertungsverbot“ darf das, was allgemein ein schuldhaftes und verwerfliches Handeln begründet, nicht noch einmal für die Strafzumessung herangezogen werden.
Gericht hält am bisherigen Strafmaß fest
Da die Schuldfeststellung als solche von der Entscheidung unberührt blieb, ging es am Donnerstag folglich nur darum, erneut darüber zu befinden, wie Achref G. angemessen zu bestrafen ist. Der 30-Jährige ist für die Justiz kein unbeschriebenes Blatt, soll bereits im April 2020 bei einem brutalen Angriff in der Sellerhäuser Sybelstraße involviert gewesen sein, bei dem ebenfalls geschossen wurde und auch eine Machete im Spiel war.
Der Prozess im Jahr 2021 platzte seinerzeit unter Corona-Bedingungen. Ermittler gingen davon aus, dass Streit um Drogen der Auslöser des Geschehens war. Ob dies auch im vorliegenden Fall zutraf, wurde nicht eindeutig geklärt. Über seine Anwälte ließ Achref G. am Donnerstag lediglich erklären, dass er sich bessern wolle und nie eine Tötungsabsicht gehegt haben will.
Letztlich entschied die Kammer, dass es, wie auch von Staatsanwalt Torsten Naumann beantragt, bei zwölf Jahren Gefängnis bleibt. Die Verteidiger Mario Thomas und Markus Czempik hatten nach Gerichtsangaben auf zehn Jahre Haft plädiert. Der angeschossene Tunesier und dessen Anwalt, ursprünglich Nebenkläger, erschienen zur Verhandlung am Donnerstag gar nicht mehr.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.