Stand: 05.06.2025 09:15 Uhr

Seit einigen Jahren arbeitet der Schauspieler Christian Berkel auch als Autor. In „Sputnik“ erzählt er seine eigene Lebensgeschichte, konsequent von seiner Geburt an bis heute.

von Annemarie Stoltenberg

Ebenso fantasievoll wie sorgsam, so elegant wie lebhaft ist der Stil von Christian Berkel. Wie in seinen beiden bisherigen Romanen ist sein Erzählen auch in besonderer Weise geprägt durch die tiefe Liebe zu seiner Mutter. Hier erzählt einer, der einen Glutkern großer Menschenliebe und Herzlichkeit in sich hat.

Tatsächlich hat er eine von Kindheit an spannende Lebensgeschichte zu bieten und weiß sie ohne Eitelkeit darzustellen, indem er sie immer auch in größere historische Zusammenhänge einordnet. „Es ist die Verbindung aus Zeitgeschichte und persönlicher Geschichte. Das ist auch in den ersten beiden Romanen so und das ist auch bei ‚Sputnik‘ so“, erzählt Berkel.

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Christian Berkel. © Screenshot

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Christian Berkel spielt und schreibt sehr erfolgreich. Auf dem Roten Sofa erzählt er von der Suche nach der eigenen Identität.
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Ein Satellit als Lebensbegleiter

In Berkels Geburtsjahr 1957 wurde Sputnik als erster sowjetischer Satellit in die Erdumlaufbahn geschossen. Als die Hebamme seinem Vater das neugeborene Baby in den Arm legen wollte, wehrte er ab und erklärte, das sei nicht sein Sohn. „Die Hebamme sagte: ‚Natürlich ist es das‘, und dann sagte er: ‚Bitte schauen Sie noch mal in Ihren Unterlagen nach.‘ Und siehe da – er hatte Recht. Es wurde ein Umtausch vollzogen, und später sagte meine Mutter immer, dass niemand diese Unterlagen je gesehen hat.“

Kaum vorstellbar, dass Christian Berkel eine Sekunde gezweifelt hat, dass seine Eltern seine echten Eltern waren, obgleich die Vorstellung, die wahren Eltern seien andere, für manche Kinder später zu einer durchaus verlockenden Fantasie wird.

Viel Glück mit Ihrem „Sputnik“ wünschte man den Eltern, und den Namen nimmt Berkel nun für seinen autobiografischen Roman: „Dieser Sputnik, was in der wörtlichen Umsetzung lustigerweise ‚Begleiter‘ heißt, wurde für mich zu so einer Art Begleiter. Ein zweites Ich, wenn Sie so wollen. Jedenfalls habe ich diese Figur so in dem Roman behandelt.“

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Ein Mann lehnt an einer grauen Wand. Er hat eine Glatze und ein schwarzes Oberteil an. © Gerald von Foris

Der Schauspieler Christian Berkel schreibt im neuen Buch „Sputnik“ über seine Kindheit in der Nachkriegszeit.
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Berkel: „Frankreich war ein Zufluchtsort für mich“

Die Erzählung von den ersten Jahren sind von herzerfrischender Unbekümmertheit. Mit viel Temperament und Fabulierfreude wird das beschrieben. Seine Mutter öffnet früh Türen in die Musik und über Hörschallplatten in die Literatur. Erst in der Schule beginnen für Sputnik Probleme. „Als Kind hatte ich eine extreme Lese- und Rechtschreibschwäche. Ich war auf einer deutschen Grundschule, kam dann mit zehn aufs französische Gymnasium, und der Unterricht fand auf Französisch statt. Merkwürdigerweise habe ich im Französischen vom ersten Tag an alles richtig geschrieben und konnte auch mühelos lesen. Insofern wurde Frankreich ein Zufluchtsort für mich. Mit 14 wurde ich dann von Freunden eingeladen, dort mal ein Trimester zu verbringen, und aus diesem Trimester wurden zwei Jahre.“

Ein klassischer Entwicklungsroman

Christian Berkel erzählt von seiner Mutter, die es ausgehalten hat, ihren Sohn ziemlich früh vertrauensvoll allein in die Welt ziehen zu lassen. Eindrucksvoll beschreibt er seine ersten Schritte auf Theaterbühnen.

Man kann in diesem Roman intensiv miterleben, wie viel harte Arbeit Voraussetzung ist, ein herausragender Schauspieler zu werden. Seine Beschreibung der Ausbildung als Schauspieler könnte man jungen Menschen in die Hand drücken, die Schauspieler werden möchten und noch romantische Vorstellungen davon haben.

Christian Berkel beendet diesen klassischen Entwicklungsroman mit einer bezaubernden Liebeserklärung an eine Frau mit leuchtend rotem Haar – wer das wohl sein mag…

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Nahaufnahme eines vergitterten Fensters in einer alten Backsteinmauer. © IMAGO / Panthermedia

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Ein Ort voller ungeschriebener Gesetze – eindrückliches Hörspiel über das Leben im Gefängnis
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Sputnik

von Christian  Berkel

Seitenzahl:
384 Seiten
Genre:
Roman
Verlag:
Ullstein
Bestellnummer:
9783550200526
Preis:
26 €

Dieses Thema im Programm:

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Neue Bücher |
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Romane

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