Der Ukraine ist erneut ein Schlag gegen die Kertschbrücke zwischen Russland und der Krim gelungen. Der Schaden an dem illegalen Bauwerk dürfte erheblich sein.
Es war der zweite schwere Schlag gegen die russische Kriegsmaschinerie innerhalb von Stunden: Kurz nach dem verheerenden ukrainischen Angriff auf mehrere russische Luftwaffenstützpunkte am Sonntag erschütterte am frühen Dienstagmorgen eine Explosion den südöstlichen Stützpfeiler der Kertschbrücke. Diese verbindet das russische Festland mit der besetzten ukrainischen Halbinsel Krim. Zwar gab Russland den Verkehr über die Brücke nur wenige Stunden nach der Explosion wieder frei – doch unbeschädigt blieb das illegal errichtete Bauwerk nach Meinung von Experten nicht.
„Mit ausreichend Sprengstoff kann man einer Brücke erheblichen Schaden zufügen, aber es ist sehr schwierig, sie zum Einsturz zu bringen“, erklärte der Bauingenieur Dmytro Makohon der ukrainischen Nachrichtenagentur ukrinform. Bei der Unterwasserexplosion an dem Stützpfeiler kam nach Angaben des Geheimdienstes SBU Sprengstoff mit einer Explosionskraft von 1.100 Kilo TNT zum Einsatz. Viele Details zu der Aktion ließ der SBU zwar offen, doch einige Schlüsse kann der Experte aus den vorhandenen Informationen dennoch ziehen.
Der jüngste Angriff dagegen könnte seine Wirkung erst mit der Zeit entfalten. Darauf deuten laut Ingenieur Makohon die Aufnahmen von der Explosion hin. Darauf ist zu erkennen, dass auch Teile der Fahrbahn und der Brüstung beschädigt wurden, die weit über der Wasseroberfläche liegen. „Das sagt uns, dass die Kraft der Explosion erheblich war“, so Makohon. „Das Wasser wird den zerstörerischen Effekt noch verstärken, aber das dauert – eher Jahre als Tage oder Wochen“, so der Ingenieur.
Die vom SBU veröffentlichten Aufnahmen von der Explosion sehen Sie hier oder oben:
Video | Ukraine sprengt offenbar Pfeiler von Krimbrücke
Quelle: t-online
Möglich ist, dass die Unterwasserkonstruktion der Brücke so beschädigt wurde, dass nun Salzwasser in die Bewehrung aus Stahlbeton eindringen kann. Die Träger der Brücke ruhen auf Dutzenden Betonröhren, die im Meeresgrund verankert sind. Denkbar ist auch, dass die tragende Konstruktion nun von Wasser unterspült und damit in ihrer Tragfähigkeit beeinträchtigt wird.
Allerdings hätten die Russen durchaus die Möglichkeit, entstandene Schäden zu reparieren. „Das würde monatelange Arbeiten mit Tauchern bedeuten“, erklärt Dmytro Makohon. „Alternativ könnten sie einen Kofferdamm aus Stahl rund um den Pfeiler errichten, das Wasser herauspumpen und die Stelle dann reparieren.“ Der Angriff zeigt demnach aber auch, wie schwierig es ist, die Brücke zum Einsturz zu bringen.
„Solche Brücken werden mit einem großen Sicherheitsspielraum gebaut“, erklärt Makohon. „Sie sind dafür ausgelegt, Kollisionen mit Schiffen oder Eisbergen auszuhalten. Sie könnte selbst eine Atomexplosion aushalten, die nicht direkt auf die Brücke gerichtet wäre.“ Wollte man die meterdicken Brückenpfeiler kontrolliert sprengen, bräuchte es genaue Berechnungen und sorgfältig platzierte Sprengladungen – undenkbar angesichts der engmaschigen Überwachung des Bauwerks.