In Polen zeichnet sich ein offener Machtkampf zwischen dem künftigen Präsidenten Karol Nawrocki und Regierungschef Donald Tusk ab. In einem ersten Fernsehinterview mit dem Sender TVP kündigte Nawrocki an, dem proeuropäischen Premier entschlossen entgegenzutreten: „Ministerpräsident Tusk muss sich darauf einstellen, dass er starken Widerstand aus dem Präsidentenpalast bekommt“, sagte Nawrocki.

„Wenn die Koalition weiter bestehen will, dann sollte sie den Regierungschef besser auswechseln“, sagte Nawrocki weiter. Tusk sei der „schlechteste Regierungschef, den Polen seit 1989 hatte“. Nawrocki hatte bereits im Wahlkampf deutlich gemacht, dass er einen Regierungswechsel anstrebt. 

Tusk will am 11. Juni die Vertrauensfrage im Parlament stellen, um seine Koalition zu festigen. Der Wahlsieg Nawrockis über Tusks politischen Weggefährten Rafał Trzaskowski hat die Position des Regierungschefs spürbar geschwächt. Zuletzt hatte auch PiS-Chef Jarosław Kaczyński seinen Rücktritt gefordert. Stattdessen solle eine „technische Regierung“ mit einem überparteilichen Ministerpräsidenten eingesetzt werden, die Polen bis zu den nächsten Parlamentswahlen führt.

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Der frühere EU-Ratspräsident Tusk steht seit Ende 2023 an der Spitze eines breiten Regierungsbündnisses, bestehend aus der liberalkonservativen Bürgerplattform, dem christlich-sozialen Dritten Weg und dem progressiven Linksbündnis Lewica. Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, die rechtsstaatlichen Rückschritte rückgängig zu machen, die unter der PiS-Regierung zwischen 2015 und 2023 eingeleitet wurden. Entsprechende Reformen scheiterten bislang am Veto des amtierenden Präsidenten Andrzej Duda – und an Streit innerhalb der heterogenen Koalition.

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Nawrocki verdankt seinen politischen Aufstieg maßgeblich der Unterstützung von Jarosław Kaczyński. Bislang war der parteilose Historiker Leiter des Instituts für Nationales Gedenken, das unter seiner Führung zunehmend zu einem ideologisch aufgeladenen Instrument der Geschichtspolitik wurde. Beobachter rechnen damit, dass Nawrocki als Präsident noch entschlossener gegen Tusk vorgehen wird als sein Vorgänger. Im Parlament verfügt Tusks Koalition nicht über die nötige Mehrheit von 60 Prozent, um Vetos des Präsidenten aufzuheben.

Nähe zu Donald Trump

Karol Nawrocki trat im Wahlkampf mit nationalistischen Tönen, EU-Skepsis und rechtspopulistischen bis rechtsextremen Positionen auf. Er lehnt eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ab und spricht gezielt antiukrainische Ressentiments an, die in Polen zuletzt an Einfluss gewonnen haben. Gesellschaftspolitisch wendet sich Nawrocki gegen die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und gegen die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Zugleich betonte er seine Nähe zu US-Präsident Donald Trump.

© Lea Dohle

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Seine Biografie war bereits vor der Wahl Gegenstand öffentlicher Debatten. Medien berichteten über seine frühere Nähe zu Neonazis und zur Hooliganszene, in der er nach eigenen Angaben an organisierten Schlägereien beteiligt war. Später arbeitete er als Türsteher in einem Hotel in Sopot. Im Wahlkampf warf ihm das Portal Onet vor, er habe dort Gästen Prostituierte vermittelt.

Nawrocki bestreitet die Vorwürfe und kündigte rechtliche Schritte an. Zudem soll er nach Recherchen der Tageszeitung Gazeta Wyborcza die Wohnung eines Rentners zu einem deutlich unter dem Marktwert liegenden Preis erworben haben.

Der Ostcast – :
Vom Hooligan zum Präsidenten

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