Die Braut zuppelt vorsichtig an einem ihrer Handschuhe – ihre Haut ist durch den hauchdünnen Stoff sichtbar. Sie steht auf einem kleinen Podest vor einer Spiegelwand, die auch in ein Ballettstudio passen würde. Mit konzentriertem Blick betrachtet sie sich in ihrem Hochzeitskleid.

Um sie herum schwirren zwischen sechs oder sieben sehr beschäftigte Menschen. Nur ein Mann, vermutlich der Vater der Braut, steht entspannt an die Wand gelehnt und schaut dem Treiben zu. Im Hintergrund läuft beschwingte Musik mit türkischem Gesang. Nicht so laut, um das Stimmgewirr zu übertönen, aber laut genug, um eine ausgelassene Unterhaltung zu fördern.

Im Weddinghouse an der Kaiserstraße hat die Braut sich eines von über 500 Kleidern auf der Verkaufsfläche ausgesucht. Französische Spitze sei gerade beliebt, sagt Geschäftsführerin Souad Boulakhrif. Creme, reines weiß oder „off-white“ sind die Farben der Kleider, die sie verkauft – Boulakhrifs Blazer passt in diese Farbpalette.

Sie fährt mit der Hand über eines der Dutzenden Kleider, die im Eingangsbereich rundherum auf Stangen hängen. Ein eng anliegendes Oberteil, das wie eine Corsage aufgebaut ist, geht in einen ausladenden Rock über – eine A-Linie, wie die Profis sagen. Die meisten Bräute wissen genau, was sie wollen. „Die haben ihre Hausaufgaben gemacht“, sagt Boulakhrif. Dann gehe es nur noch darum, die Details festzuzurren.

Es dürfen auch mal zwei Kleider sein

Auf der Kaiserstraße in Düsseldorf reiht sich ein Brautmodengeschäft an das nächste. Manche zeigen schlichte Roben, andere pompöse Märchenkleider in ihren Schaufenstern. Hinter den Glasscheiben von White Love, das Geschäft direkt neben dem Weddinghouse, stehen Kleider der zweiten Kategorie. Am Dienstagvormittag ist es ruhig im Laden.

Zwei Reihen von Hochzeitskleidern, nicht jedes weiß, stehen Spalier. Sie alle haben ausladende Röcke, fast Halbkugeln, eine schmale Taille und mehr Pailletten als jede Karnevalssitzung. Erst vor zwei Monaten hat Esra Bellek zusammen mit ihrem Mann das Geschäft eröffnet. Er designt, sie verkauft. Zunächst in Izmit in der Türkei, jetzt in Deutschland. Sie seien wegen ihrer drei Kinder nach Deutschland gezogen, sie selbst ist hier geboren, sagt Bellek.

Alle Kleider werden noch in ihrem Atelier in Izmit hergestellt, ihr Geschäftspartner hält dort die Stellung. „Die Türken heiraten vor den Sommerferien, die Deutschen danach“, sagt Bellek. Meistens würden Bräute kommen, die türkische Hochzeiten feiern. Sie kaufen häufig zwei Kleider – ein opulentes Hochzeitskleid in Weiß und ein ebenso opulentes Henna-Kleid, traditionell in Rot. Aber auch andere Farben sind möglich.

Die Henna-Nacht ist ein muslimischer Brauch: Die Braut und ihre weiblichen Verwandten und Freundinnen treffen sich in der letzten Nacht vor der Hochzeit und färben die Handflächen und Finger der Braut mit Henna. Bellek stattet vor allem türkische, kurdische und marokkanische Bräute aus. „Wir haben auch eine deutsche Ecke“, sagt sie, während sie an weiteren perlenbesetzten Meisterwerken vorbeiführt. Und tatsächlich, ganz hinten im Laden hängen Kleider, die neben den ausladenden Kreationen aus Tüll, Taft und Satin wie schlaffe Taschentücher wirken. Die „deutsche Ecke“ wirkt klein, doch das liegt daran, dass die Kleider nur einen Bruchteil des Platzes brauchen.

„Deutsche Bräute mögen es schlichter“, bemerkt Bellek, während sie eines der Kleider von der Stange hebt. „Für mich sieht das hier mehr nach Abendkleid als Brautkleid aus – ich finde, da muss mehr ran.“ Mehr Tüll, mehr Glitzer. Das kann sie liefern. Im White Love gilt: Mehr ist mehr. Wie im Weddinghouse kommen die meisten Bräute mit einer genauen Vorstellung zu Bellek ins Geschäft. „Viele wollen eine Meerjungfrau“, sagt sie.

Doch das enge Kleid, das erst ab den Knien ausfächert, würde nicht jeder Frau stehen. „Viele laufen darin wie eine Ente“, sagt die Inhaberin mit einem Schmunzeln im Gesicht. Sie presst die Knie zusammen und wackelt ein paar Schritte nach vorne, um das Bild zu verdeutlichen. Sie sei ehrlich bei der Beratung und manchmal muss sie auch für die Bräute einstehen. Vor Kurzem wollte eine Tante der Braut ein weißes Kleid kaufen. „Da habe ich Nein gesagt“, erzählt Bellek. „Die wollte das unbedingt, aber das mache ich nicht.“ Die Braut sei dankbar gewesen.

Das Brautkleid ist eine emotionale Angelegenheit

Die Beratung ist oft emotional, es geht um viel. Viel Geld, die Kleider von Belleks Mann kosten zwischen 1200 Euro und 5000 Euro. Aber auch um viele Gefühle. „Letzten Samstag haben alle geweint – die Braut, die Mutter, die Schwiegermutter und ich auch“, sagt Bellek. Das sei das Besondere an diesem Job. Er bringt wahre Freude. Ungefähr zehn Wochen dauert es, bis das gewünschte Kleid aus Izmit geliefert wird. Dann kommen die Bräute ein weiteres Mal zur Anprobe, falls das Kleid noch für ihre Maße geändert werden muss.

Nebenan im Weddinghouse geht es inzwischen um den Schleier. Alle Beteiligten haben eine Meinung. Hinten verdecke er das Kleid, sagt eine Begleiterin der Braut. Die steht noch immer still auf dem Podest. Der leichte Tüll ist über und über mit Perlen besetzt. Eine weitere Begleiterin macht Fotos und Videos aus jedem Winkel. „Du siehst so schön aus“ – „Der Schleier ist zu viel, das Kleid scheint nicht durch“ – „Die Knitter im Schleier gehen von alleine weg, einfach zwei Wochen vor der Trauung aushängen lassen“. Die Braut nickt und betrachtet sich wieder im Spiegel.