Mitten hinein in die Koalitionsverhandlungen kommt ein Weckruf. Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin in Schwerin, bemängelt eine Ferne der Hauptstadtpolitik von den Leuten. Wie recht sie damit hat!

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Schwesig hat Vergleichsmöglichkeiten. Sie ist seit 2017 in Mecklenburg-Vorpommern, war vorher in Berlin Bundesministerin. Und es ist tatsächlich höchste Zeit, dass mal wieder jemand denen in der sogenannten politischen Klasse in Berlin den Spiegel vorhält. Denn wüssten zum Beispiel die Möchtegern-Koalitionäre wirklich, oder wenigstens besser, was im Land vorgeht, würden sie anders vorgehen: erstens schneller, zweitens ultrarealistisch.

Der Vertrauensverlust in die Politik ist groß, unbestreitbar. Gefördert hat ihn noch der Kanzler in spe, Friedrich Merz, weil – bisher – nichts mehr von dem gilt, was er vorher für die Union im Wahlkampf und als Oppositionsführer gesagt, ja getrommelt hat. Knallhart und laut noch dazu.

Stephan-Andreas Casdorff ist Editor-at-Large des Tagesspiegels. Er wünscht sich, dass die Bundespolitiker sich jetzt für die Wünsche der Menschen öffnen.

Aber nun sitzen sie beisammen im „Raumschiff Berlin“, wie Schwesig es nennt, weit weg von dem, was die Menschen bewegt. Bewegen sie sich? Wichtig wird das; denn die Entfernung lässt sich aufheben, und das nicht nur theoretisch. Wofür sind sie alle auch noch Volksvertreter? Stimmungsbilder aus den Wahlkreisen kann jeder und jede einholen, sogar nicht bloß von den eigenen Anhängern.

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Zutrauen in die Lösungskompetenz schaffen

Also vielleicht doch mal eine kurze Auszeit nehmen, raus aus dem Raumschiff, aus der Blase, gerade jetzt, stattdessen hinein in die wahre Wirklichkeit, ins wirkliche Leben. Um sich sagen zu lassen, was die Menschen bedrängt, und was sie in diesen Tagen erwarten, damit ihr Zutrauen in die Lösungskompetenz der Politik wieder zurückkommt. Oder, am besten, wieder wächst.

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Wie sagt Schwesig? „In der Bundespolitik muss man sich sehr viel Mühe geben, um bei den Leuten zu bleiben.“ Das stimmt, übrigens nicht erst seit gestern. Schon Kurt Beck redete vor Jahren so, als er noch Ministerpräsident in Mainz und SPD-Vorsitzender war. Er forderte unablässig, „nah bei de Leut’“ zu bleiben.

Weitgehend erfolglos, wie man sieht. Umso mehr Mühe müssen sich die Bundespolitiker jetzt geben. Denn wenn Union und Sozialdemokraten es nicht vermögen, den Menschen das Gefühl zu vermitteln, die seien mit ihren Wünschen, Sorgen und Nöten gut bei ihnen aufgehoben – dann werden die sich immer weiter von der Hauptstadtpolitik entfernen. Viele, zu viele sind schon auf dem Weg.