Die Europäische Union hat dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) nach den US-Sanktionen gegen vier seiner Richterinnen Rückendeckung zugesagt. EU-Ratspräsident António Costa teilte auf der Plattform Bluesky mit, der Strafgerichtshof sei ein „Eckpfeiler“ der internationalen Justiz, den man „nachdrücklich“ unterstütze. Es gelte, seine Unabhängigkeit und Integrität zu schützen.

Zuvor hatte die US-Regierung angekündigt, mögliche Vermögenswerte der betroffenen Richterinnen einzufrieren. US-Außenminister Marco Rubio begründete den Schritt mit dem Schutz der Souveränität der Vereinigten Staaten, Israels und „aller anderen Verbündeten“.

Zwei der Richterinnen waren an dem Verfahren beteiligt, das im November zu einem Haftbefehl gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den früheren Verteidigungsminister Joaw Galant geführt hatte. Ihnen werden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gazastreifen vorgeworfen. Die Entscheidung wurde bereits von der Biden-Regierung deutlich kritisiert.

Besitz in den USA eingefroren

Die beiden anderen Richterinnen wirkten an Verfahren mit, die zu
Ermittlungen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen von US-Truppen in
Afghanistan führten. Weder Israel noch die USA erkennen die
Zuständigkeit des Strafgerichtshofs an.

Die Juristinnen stammen aus Benin, Peru, Slowenien und Uganda. Aufgrund der Sanktionen wurde etwaiger Besitz der Richterinnen in den USA eingefroren. Zudem dürfen US-Firmen und US-Bürger keine Geschäfte mehr mit ihnen machen. Ein Einreiseverbot erließ die US-Regierung hingegen nicht. 

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Costa schrieb in seinem Post, der Gerichtshof richte sich „nicht gegen Nationen, sondern gegen Straflosigkeit“. Rechtsstaatlichkeit müsse „über Machtherrschaft siegen“. Der IStGH kann Haftbefehle erlassen, die in den mehr als 120 Vertragsstaaten des Römischen Statuts vollstreckt werden müssten – darunter auch gegen Netanjahu und Galant, sollten sie in ein Unterzeichnerland einreisen.

Slowenien will Blockadestatut erwirken

Auch das Leitungsgremium des IStGH verurteilte die US-Sanktionen. In einer Stellungnahme hieß es, man nehme die jüngsten Maßnahmen der US-Regierung „mit großer Besorgnis“ zur Kenntnis. Es handle sich um „bedauerliche Versuche, das Gericht und sein Personal an der unabhängigen Ausübung ihrer richterlichen Aufgaben zu hindern“.

© Lea Dohle

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Als Reaktion auf die US-Sanktionen kündigte Slowenien an, auf eine Umsetzung des sogenannten Blockadestatuts hinzuwirken. Dieses untersagt Unternehmen in der EU, sich an bestimmten außereuropäischen Sanktionen zu beteiligen – darunter auch an solchen aus den USA. Hintergrund ist, dass eine slowenische Richterin von den US-Maßnahmen betroffen ist. Das Außenministerium in Ljubljana teilte auf X mit, man werde die sofortige Aktivierung des Gesetzes vorschlagen.

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