Stand: 06.06.2025 15:44 Uhr

Drei Choreografen, ein Abschied: Mit „Shechter – Goecke -Ekman“ zeigt das Staatsballett Hannover seine letzte Premiere vor dem Wechsel in Intendanz und Ballettleitung. Direktor Christian Blossfeld bringt noch einmal drei ganz unterschiedliche Tanzsprachen auf die Bühne.

Das letzte Stück, das die Kompanie an diesem Abend gemeinsam auf die Bühne bringt, heißt „Cacti“: ein ironisches, verspieltes Ballett von Alexander Ekman. Die Tänzer*innen agieren auf und hinter Podesten, Stimmen aus dem Off greifen ins Geschehen ein, ein Streichquartett spielt live auf der Bühne.

„Cacti“: Tanzen, weil es Spaß macht 

Fünf Tänzer auf der Bühne in dynamischen Posen, barfuß und in schwarzer Hose mit hellen Oberteilen. Einer sitzt im Spagat im Vordergrund, die anderen stehen erhöht dahinter mit erhobenen Armen. Die Szene ist dramatisch ausgeleuchtet. © Carlos Quezada


Szene aus „Cacti“ von Alexander Ekman: Mit Witz, Präzision und Gruppendynamik verabschiedet sich die Kompanie vom Publikum.

„Cacti“ ist wie gemacht für ihre kleine Ballett-Familie, sagen die Tänzerinnen Sofie Vervaecke und Javier Ubell. „Es macht einfach Spaß – es ist ein Stück für eine große Gruppe, mit ganz viel Energie“, sagt Ubell. „Man darf auch mal lachen, genießen – und ein bisschen dumm sein auf der Bühne“, ergänzt Vervaecke. „Es erinnert mich daran, warum ich als Kind mit dem Tanzen angefangen habe: weil es Spaß gemacht hat.“

Die Arbeit von 2010 ist Alexander Ekmans bekanntestes Stück. Der Schwede verarbeitet darin eine frühe Kränkung als Choreograf und fragt: Was macht Kunstkritik, egal ob herablassend oder überschwänglich, mit einem Künstler? Warum soll Kunst überhaupt bewertet werden?

Nachdenken über Kunstkritik: „Für Tanz gibt es eigentlich keine Worte“  

„Jede und jeder sollte Kunst individuell empfinden und aus seiner persönlichen Erfahrung heraus betrachten dürfen, findet Nina Botkay. Sie übt das Ballett mit den Tänzerinnen und Tänzern in Hannover ein. „Kunst wird gern enthusiastisch analysiert. Aber gerade der Tanz ist sehr intuitiv, kommt aus dem Herzen und lebt vom Rhythmus unterschiedlicher Körper. Dafür gibt es eigentlich keine Worte.“ 

Wenn die Tänzerinnen und Tänzer also stolz und übermotiviert kleine Kakteen über die Bühne tragen – schaut her, wie toll! – dann machen sie sich über die „snobistische Kunstwelt“ lustig und untersuchen gleichtzeitig die verschiedenen Schichten von Kunstkritik.

„Uprising“: Jungs beim Raufen und Spielen

Im Zusammenspiel mit den anderen Stücken des dreiteiligen Abends zeigt das Ballettensemble noch einmal seine ganze Kraft, Eleganz und Virtuosität, versprüht glaubhaft ein Wir-Gefühl. In „Uprising“ geht es dann auch genau um das Raufen und Spielen in einer Gruppe befreundeter Jungs. Ausgedacht hat sich das Hofesh Shechter, einer der international gefragtesten und gefeiertsten Choreografen.

Und wenn wir ehrlich sind, ist diese Gemeinschaft nur komplett, weil auch Marco Goecke dabei ist: Der ehemalige Ballettdirektor, mit dem diese Kompanie in Hannover zum ersten Mal aufgetreten ist. Im Gegensatz zu Alexander Ekman ist er, wir erinnern uns, mit einer Kritikerin alles andere als souverän umgegangen: Nach der Hundekot-Affäre musste er das Haus verlassen. Dass sich mit seinem Stück „The Big Crying“ nun der Kreis unter der Intendanz von Laura Berman doch noch zu schließen scheint, freut Fans und Tänzerinnen. 

Tänzerin über Marco Goecke: „Schön, wieder mit ihm im Studio zu sein“ 

Sofie Vervaecke zum Beispiel ist damals explizit wegen Marco Goecke nach Hannover gekommen. „Es ist natürlich schön, wieder mit ihm im Studio zu sein“, sagt Vervaecke. Sie schätzt, wie er mit den Tänzer*innen umgeht – und dass er im Probenprozess immer noch ein Stück weitergehe. „Er fragt dann zum Beispiel: ‚Was bedeutet diese Bewegung? Es ist nicht nur eine Bewegung – was fühlst du dabei?‘ Und dann denkt man: Stimmt, was will ich eigentlich fühlen? Ich finde, das ist ein schönes Ende, dieses Stück jetzt mit ihm zu tanzen.“

Shechter – Goecke – Ekman. Wer es emotional und energiegeladen mag, darf diesen Abend nicht verpassen.

Staatsballett Hannover: Letzte Premiere vor Intendanz-Wechsel

Drei Choreografien, ein Abschied: Mit „Shechter – Goecke – Ekman“ verabschiedet sich die Kompanie emotional und energiegeladen.

Art:
Bühne
Datum:
06.06.2025, 19:30 Uhr
Ort:

Staatsoper Hannover
Opernplatz 1
30159 Hannover

Telefon:
+49 511 9999 1298

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur |
Der Morgen |
06.06.2025 | 07:40 Uhr

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Tanz

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