Die Schlichtung war erfolgreich. Es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Streiks mehr bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) geben. Am Montagabend präsentierten BVG und Verdi einen mit den Schlichtern ausgearbeiteten Einigungsvorschlag. Er sieht deutliche Lohnsteigerungen von 20 Prozent für die Fahrer vor, 15 Prozent im Schnitt für alle 16.600 Beschäftigten der BVG. Das ist deutlich mehr als in anderen Tarifkonflikten aktuell.
„Wir haben das Maximale herausgeholt für die Beschäftigten“, sagte Verdi-Chefverhandler Jeremy Arndt bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz am Montagabend. Bei dieser stellten Arndt, BVG-Vorständin Jenny Zeller-Grothe und die beiden Schlichter Matthias Platzeck (SPD) und Bodo Ramelow (Linke) den Einigungsvorschlag vor.
Dieser muss noch von den Verdi-Mitgliedern und dem Aufsichtsrat der BVG abgesegnet werden. Die Annahme des Vorschlags gilt auch bei Verdi als sicher. Arndt sagte, er werde die Annahme des Vorschlags empfehlen.
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Die BVG hat ihre wirtschaftliche Schmerzgrenze überschritten
Knapp zwei Wochen hatten die beiden Ex-Ministerpräsidenten von Brandenburg und Thüringen versucht, den seit Januar immer mehr eskalierenden Konflikt zu lösen. Verdi hatte den Linken-Politiker Ramelow bestimmt, die BVG Platzeck. Das Duo hatte es 2017 geschafft, den Streit zwischen Deutscher Bahn und der Gewerkschaft der Lokführer zu schlichten.
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Ramelow sagte am Montagabend an die Beschäftigten gewandt: „Ihr habt viel erreicht.“ Mit dem Verhandlungsergebnis würde die BVG im bundesweiten Gehältervergleich im öffentlichen Nahverkehr auf den vierten Platz und im Jahr 2026 auf den ersten Platz gemeinsam mit Baden-Württemberg aufsteigen. Aktuell liegt Berlin auf dem letzten Platz.
So sieht der Kompromiss aus
- Konkret haben sich die beiden Tarifparteien unter Vermittlung der früheren Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD, Brandenburg) und Bodo Ramelow (Linke, Thüringen) auf folgende Punkte geeinigt:
- Die Beschäftigten erhalten insgesamt 430 Euro mehr pro Monat. Die erste Erhöhung erfolgt mit 380 Euro zum 1. Juni dieses Jahres. Die weiteren 50 Euro zusätzlich folgen ein Jahr später.
- Die Vertragslaufzeit geht über 24 Monate vom 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2026. Für die ersten fünf Monate des Vertrags ist eine Einmalzahlung in Höhe von 1.500 Euro vereinbart.
- Für das Fahrpersonal, das mehr als die Hälfte aller Beschäftigten ausmacht, erhöht sich die Fahrdienstzulage ab dem 1. Juni von 100 auf 225 Euro und vom 1. Januar des kommenden Jahres auf 255 Euro.
- Die Schichtzulage steigt ab dem 1. Juni von 75 auf 130 Euro pro Monat. Die Wechselschichtzulage steigt im gleichen Zeitraum von 130 Euro auf monatlich 225 Euro.
- Es gibt jeweils 100 Euro mehr Weihnachtsgeld in diesem und im kommenden Jahr. Insgesamt sind es dann 2.100 Euro.
- Per Wahlmodell können die Beschäftigten ihre Regelarbeitszeit von derzeit 37,5 Stunden pro Woche auf 39 Stunden erhöhen für entsprechend mehr Geld. Bis 2027 sollen sich beide Seiten zudem auf ein Modell einigen, dass auf Basis einer 35-Stunden-Regelwoche die Beschäftigten ihre Arbeitszeit freier wählen können. (dpa)
Die BVG ist Verdi weiter entgegengekommen als ursprünglich beabsichtigt. Die wirtschaftliche Schmerzgrenze wurde überschritten. BVG-Verhandlungsführerin Jenny Zeller-Grothe sagte, dass die BVG anstrebe, die finanzielle Belastung ohne Einschränkungen für den Fahrgast zu stemmen.
Genau diese Einschränkungen, vor allem im Busbetrieb, hatte die BVG in den letzten Wochen zunehmend offensiv in Aussicht gestellt. Wie die BVG die 140 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr stemmen will, ist offen. Das Land Berlin hat keine Zusagen gemacht. Dennoch sagte Zeller-Grothe am Abend: „Heute ist ein guter Tag.“
Beschäftigte erhalten mehr Lohn und höhere Zulagen
Alle BVG-Beschäftigten sollen ab dem 1. Juni 380 Euro mehr Lohn erhalten und ab 1. Juni 2026 nochmal 50 Euro mehr, also in der Summe 430 Euro. Für das erste Halbjahr gibt es pauschal 1500 Euro. Verdi hatte im Januar 750 Euro mehr pro Monat gefordert. Diese hohe Forderung hatte die BVG als unfinanzierbar bezeichnet.
Deutlich stärker noch sollen in den kommenden beiden Jahren der Laufzeit die Zulagen steigen, von denen vor allem die Fahrer profitieren (die Hälfte aller Beschäftigten). Die Schichtzulage soll ab dem 1. Juni 2025 von 75 Euro auf 130 Euro im Monat steigen. Die Wechselschichtzulage soll von 130 Euro auf 225 Euro steigen, die Fahrdienstzulage von 100 Euro auf 225 bzw. 255 Euro.
In der Schlichtung wurde vereinbart, dass die Tarifparteien in einem nächsten Schritt die Arbeitszeit flexibilisieren wollen. Ziel sei eine 35-Stunden-Woche an vier Tagen. Fahrer sollen aber weitgehend selbst bestimmen, wie viel sie arbeiten wollen und wie. Schon vor Jahren hatte der BVG-Vorstand angekündigt, dass eine Vier-Tage-Woche nötig sei, um Fahrer zu gewinnen. Bundesweit ist der Personalmangel so groß, dass sich die Unternehmen gegenseitig die Leute abwerben.
Seit Mitte Januar hatte es fünf Warnstreiks gegeben, von ein bis zwei Tagen Dauer. Während der Schlichtung galt eine Friedenspflicht. Am Donnerstag wollen beide Seiten den Schlichtervorschlag in einen Tarifvertrag umformulieren.
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Bis zum Mittag sah es noch nach einem Scheitern der Verhandlungen aus, dann hätten unbefristete Streiks im Berliner Nahverkehr gedroht. Dazu hatten sich 95 Prozent der Verdi-Mitglieder am vergangenen Freitag in einer Urabstimmung bereit erklärt.