Die Reuterstadt riecht nach Farbe. An allen Ecken hinterlassen die Stars der Graffiti-Szene und Fassadenkunst ihre Spuren in Stavenhagen. So viele Künstler auf einmal in Aktion hat die Stadt noch nie erlebt. Sie bringen beim FritzArt-Festival ganz unterschiedliche Kunstformen in die Stadt. „Es ist so beeindruckend schön“, schwärmte Künstler DJ Tranz (52). Er begleitete DJ Bad Leroy aus dem Hip Hop Cave Berlin, der im Schlossgarten live Airbrush zeigt und Kleidungsstücke besprüht.

In Berlin flippen die Leute aus, wenn Leroy auftaucht

Um ihn bildet sich ständig eine Traube mit Menschen, die sich ein T-Shirt vom Meister gestalten lassen wollen. „In Berlin flippen die Leute aus, wenn er auftaucht“, sagte DJ Tranz über Leroy. Gekreische gab es in Stavenhagen zwar nicht, dafür habe er Material von ihm in der Stadtbibliothek Material gefunden. „Das erwartet man hier gar nicht“, meinte der Berliner. „Ich bin glücklich, dass ich mich auf den Weg hierher gemacht habe.“ Die Leute seien sehr freundlich und neugierig. „Wir sind bestimmt nicht das letzte Mal hier“, meinte er.

Künstler DJ Bad Leroy aus dem Hip Hop Cave Berlin ist einer der umringten Stars im Schlossgarten Stavenhagen.

Künstler DJ Bad Leroy aus dem Hip Hop Cave Berlin ist einer der umringten Stars im Schlossgarten Stavenhagen. (Foto: Kirsten Gehrke)

Auf rund 4000 Quadratmeter Fläche – Wände, Giebel, Fassaden – entsteht eine Freiluft-Galerie „Für meine Begriffe ist es das größte Fassadenkunst-Festival der Welt“, sagte Bürgermeister Stefan Guzu, der das Event dem künstlerischen Leiter Toralf Zoldan und dem Graffiti-Künstler Tony Schumalla zu verdanken hat. Die beiden haben die Rockstars der Wandmalerei in die Reuterstadt geholt – Fassadenkunst, Streetart und Graffiti.

Menschen haben anderen Blick auf die Kunstwerke

Welche Unterschiede es dabei gibt, das erklärte Kunsthistorikerin Katia Hermann bei Stadtkunstführungen. Solche machte sie bisher nur in Berlin. „Es war angenehm in der Kleinstadt“, meinte sie. „Ganz anders als in Berlin, wo es sehr laut ist.“ Hier habe sie konzentriert auf die Arbeiten der Künstler eingehen können. Bei ihrem Rundgang wollte sie zwischen Künstlern und Publikum vermitteln. „Vielleicht sehen die Menschen jetzt anders darauf“, meinte sie. Die Bildsprache der Wandmalerei sei lebendig und vielfältig, für alle Menschen zugänglich.

Im Schlossgarten kann man den Künstlern beim Sprühen zuschauen.

Im Schlossgarten kann man den Künstlern beim Sprühen zuschauen. (Foto: Kirsten Gehrke)

Gitta Schildberg aus Pribbenow gefallen die Giebel, die von sechs internationalen Künstlern in der Weststadt bemalt wurden. „Es sieht einfach schön aus“, meinte sie und freute sich über das Hintergrund-Wissen, das die Stadtführerin vermittelt hat. „Ich sehe die Bilder jetzt ganz anders an.“ Sie finde es toll, dass solche Künstler nach Stavenhagen geholt und so ein Festival organisiert wurde. „Wir sind ja nicht der Nabel der Welt“, gab sie zu bedenken.

Kunsthistorikerin Katia Hermann (rechts) unternahm mit den FritzArt-Gästen Stadtkunstführungen. Jede bemalte Fassade, war ein beliebtes Fotomotiv.

Kunsthistorikerin Katia Hermann (rechts) unternahm mit den FritzArt-Gästen Stadtkunstführungen. Jede bemalte Fassade, war ein beliebtes Fotomotiv. (Foto: Kirsten Gehrke)

Leben ist interessant, wenn man nachdenken muss

Fassadenkünstler N.O. Madski aus Hamburg gab zu, dass er auf die Landkarte gucken musste, wo Stavenhagen liegt. Das Gesamtprojekt des Festivals finde er gut. „Kunst ist spannend, wenn sie nicht sofort durchschaubar ist“, sagte er. Seine Handschrift tragen jetzt die gegenüberliegenden Giebel am Wasserturm 24 und 26. Auch wenn Anwohner sagten, sie können auf den ersten Blick gar nichts erkennen, hätten sie sich schon mit der Kunst auseinandergesetzt.

Das Leben sei immer dann interessant, wenn man nachdenken müsse und nicht alles vorgefertigt bekomme. „Das Leben ist eine Herausforderung“, sagte Madski. Und als solche sehe er das Festival.

Das FritzArt-Festival läuft noch bis Pfingstmontag.