Wiedergutmachung adieu: Nach der Pleite gegen Portugal hat Deutschland auch das Spiel um Platz 3 in der Nations League verloren. Beim 0:2 (0:1) gegen Frankreich war vor allem die Schwäche im Abschluss entscheidend. Den lange einzigen Treffer des Spiels erzielte Kylian Mbappé in der 45. Minute, kurz vor Schluss bereitete er auch das Tor von Michael Olise vor (84.).
Damit beendet das DFB-Team das Final Four des Wettbewerbs im eigenen Land nach einer starken Gruppenphase nur als Letzter. In der Vorrunde hatte Deutschland in sechs Spielen gegen Ungarn, die Niederlande und Bosnien-Herzegowina fünf Siege (ein Unentschieden) gefeiert, gegen die europäischen Größen blieben die Erfolgserlebnisse in München und Stuttgart allerdings aus. Anfang September geht es für die Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation weiter.
„Wir müssen in der ersten Halbzeit nach sechs Minuten gefühlt schon 3:0 führen, dann gehen wir unglücklich mit 0:1 in die Pause und verlieren in der zweiten Halbzeit die Geduld und Struktur. Da haben wir zu viele Fehler im Ballbesitz gemacht und sind in einen Konter nach dem nächsten gelaufen – das ist dann das perfektes Spiel für die Franzosen“, sagte Joshua Kimmich bei „RTL“. „In der ersten Halbzeit hatte Frankreich keinen Bock zu gewinnen und trotzdem gewinnen sie.“
Deschamps tauscht fast alle – Maignan bleibt glücklicherweise
Bundestrainer Julian Nagelsmann wechselte insgesamt fünfmal im Vergleich zur Niederlage gegen Portugal (1:2), sein Gegenüber Didier Deschamps ließ die Rotationsmaschine sogar noch deutlich rigoroser laufen. Aus der Startelf gegen Spanien (4:5) sind mit Adrien Rabiot und Mbappé nur zwei Feldspieler übrig geblieben, außerdem hütete Mike Maignan wieder das Tor – und diese Personalie rettete Frankreich zunächst.
Denn das DFB-Team unterstrich von der ersten Minute das Vorhaben, Wiedergutmachung betreiben zu wollen. Nach 77 Sekunden stand Nick Woltemade bereits frei vor Maignan, scheiterte jedoch. Wenig später rettete Lucas Digne nach einem Schuss von Niclas Füllkrug per Kopf (5.), dann übernahm Maignan wieder selbst nach einem starken Solo von Karim Adeyemi (6.). Der BVB-Flügel hatte eine weitere große Gelegenheit, er konnte einen starken Pass von Jonathan Tah frei vor dem gegnerischen Kasten aber nicht kontrollieren (19.).
Adeyemi hebt ab – und gibt seinen Kritikern Futter
Adeyemi war in der ersten halben Stunde der Startelf-Neuling, der am meisten positiv aufgefallen war – doch dann fiel er negativ auf. Nach einem Pass von Pascal Groß startete der 23-Jährige erneut durch, legte den Ball an Maignan vorbei und fiel, Schiedsrichter Ivan Kruzliak entschied auf Elfmeter (31.).
Doch nach fast fünf Minuten revidierte der Referee die Entscheidung. Auf den Videobildern war klar zu sehen, dass Adeyemi abgehoben war und nach Maignan trat, um einen Kontakt herzustellen – Schwalbe, Freistoß Frankreich und Gelb für den deutschen Stürmer.
Deutschlands Karim Adeyemi (r.) fällt im Kampf um den Ball mit Frankreichs Lucas Hernandez und Frankreichs Torwart Mike Maignan zu Boden.
Der hatte sich vor etwa einem Jahr darüber beschwert, bei den Schiedsrichtern in Deutschland einen schweren Stand zu haben. „Ich will jetzt nichts gegen die Schiedsrichter sagen, aber in einer Schublade bin ich auf jeden Fall drin. Ich finde, so kann es nicht weitergehen“, sagte Adeyemi damals. Sollte er wirklich den Ruf des Schwalbenkönigs haben, hat er den allerdings gegen Frankreich tatsächlich nicht zum ersten Mal befeuert.
DFB-Team vergibt die Chancen, Frankreich nutzt die erste
In diesem Fall war es verdient, dass dem deutschen Team das Glück verwehrt blieb, dann hatte es aber großes Pech. Wieder wirkte die französische Defensive überfordert, doch der flache Abschluss von Florian Wirtz klatschte nur an den Pfosten (37.). Danach zeigte Maignan erneut seine Klasse, als er aus kurzer Distanz Woltemades ersten Treffer in der A-Nationalmannschaft verhinderte (43.).
Das Nagelsmann-Team belohnte sich nicht für einen starken Auftritt – und dann wurde es noch bitterer. Kimmich verschätzte sich nach einer Flanke, Mbappé kam an den Ball, dribbelte kurz und schoss eiskalt ins lange Eck – das 1:0 für Frankreich (45.). Unverdient, aber beinahe wäre es noch deutlicher geworden, weil Marcus Thuram eine weitere große Gelegenheit freistehend aus zehn Metern vergab (45.+3).
Undav trifft – aber Schiedsrichter Kruzliak korrigiert sich erneut
Der Vize-Weltmeister setzte voll auf Konter und wurde dafür belohnt. Und diese Taktik war auch kurz nach der Pause beinahe erfolgreich. Mbappé lief allein auf Robin Koch zu, legte sich den Ball auf seinen rechten Fuß und schoss ihn durch die Beine des Frankfurters ins kurze Eck, allerdings auch knapp vorbei (47.) – Deutschland nun schon zum zweiten Mal im Glück.
Doch dann hatte die DFB-Elf wieder das Pech, dass es seit einigen Jahren einen Videobeweis gibt. Deniz Undav verwandelte nach einem vermeintlichen Rabiot-Fehler zum 1:1 (54.), doch auf den Bildern erkannte Kruzliak, dass er ein Foul von Füllkrug am Franzosen übersehen hatte. Der Schiedsrichter korrigierte seine Entscheidung also ein weiteres Mal zum Leidwesen der Deutschen – es war allerdings auch in beiden Fällen korrekt.
Frankreich verpasst mehrfach den zweiten Treffer
Danach konterte Frankreich wieder, wieder vergaben die Gäste aber die große Chance auf das 2:0. Rayan Cherki übersah erst seine Kollegen und schoss dann am kurzen Pfosten vorbei (58.). Kurz darauf stand die deutsche Defensive wieder zu offen und Thuram schlenzte den Ball ans Aluminium (59.). Insgesamt agierte Frankreich aber viel zu schlampig bei den vielen Gelegenheiten, mehrere Überzahlsituationen endeten mit Unzulänglichkeiten.
Deutschland gelang in dieser Phase aber auch sehr wenig, dann hatte Füllkrug wieder eine Gelegenheit. Nach einer Ecke setzte er einen Kopfball aber aus kurzer Distanz auch zu hoch an, die nächste gute Chance der Deutschen blieb ohne Erfolg (64.). Auf der anderen Seite vergab Thuram auch seinen dritten Hochkaräter, nach einem Konter parierte diesmal Marc-André ter Stegen stark (70.).
Ter Stegen überragt, aber ist am Ende doch machtlos
Deutschland schaffte es trotz der Füllkrug-Chance nicht mehr, besser ins Spiel zu kommen und so verdiente sich der Gegner zunehmend die Führung. Nachdem Maignan in der ersten Halbzeit überragt hatte, war im zweiten Durchgang ter Stegen der mit Abstand beste Akteur im DFB-Team. In der 79. Minute zeigte er nach einem Volley von Mbappé, dass er nach seiner Langzeitverletzung wieder auf dem Weg zurück zur Topform ist. Drei Minuten später entschied ter Stegen das Privatduell gegen den französischen Kapitän erneut für sich (82.).
Kurz darauf fiel allerdings die Entscheidung. Mbappé lief in der 84. Minute nach einem Fehler von Koch und Tah wieder frei auf ter Stegen zu und hatte schon früh gesehen, dass Olise mitgelaufen war. Ein Querpass kurz vor ter Stegen, das Tor war leer und die zweite DFB-Niederlage innerhalb von vier Tagen besiegelt. Nach starken ersten 45 Minuten enttäuschte die Nagelsmann-Elf in den zweiten, so entpuppte sich das Final Four in der Nations League zu einer – nicht nur wegen der Ergebnisse – großen Enttäuschung.