Nach tagelanger Fahrt auf einem Segelschiff mit Hilfsgütern für die Menschen im Gazastreifen sind Greta Thunberg und weitere Aktivisten kurz vor ihrem Ziel von der israelischen Armee gestoppt worden.
Das Schiff werde von der Marine zur israelischen Küste geschleppt, die Passagiere sollten in ihre Heimatländer zurückkehren, teilte das israelische Außenministerium am frühen Morgen auf der Plattform X mit. Zuvor hatte das Bündnis Freedom Flotilla Coalition mitgeteilt, israelische Soldaten seien an Bord der „Madleen“ gegangen.
Das israelische Außenministerium betonte, alle Passagiere des – abschätzig als „Selfie-Jacht“ bezeichneten – Schiffs seien sicher und unversehrt. Sie seien mit Wasser und Sandwiches versorgt worden. „Die Show ist vorbei.“
Die Aktivisten hätten versucht, eine mediale Provokation zu inszenieren, mit dem einzigen Zweck, öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Ihre Ladung sei so geringfügig gewesen, dass sie nicht einmal einer Lkw-Lieferung mit Hilfsgütern entspreche. „Es gibt Wege, Hilfe in den Gazastreifen zu bringen – ohne Instagram-Selfies“, hieß es in der Stellungnahme.
Das Bündnis Freedom Flotilla Coalition veröffentlichte auf X mehrere vorab aufgezeichnete Videos, in denen die Aktivisten an Bord ihre jeweiligen Heimatländer um Hilfe bitten. Sie seien von israelischen Kräften entführt worden, heißt es darin. Zuvor hatten die Aktivisten mitgeteilt, Drohnen würden das Schiff umkreisen und mit einer weißen, farbähnlichen Substanz besprühen. Zudem sei die Kommunikation über Funk gestört.
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Die Aktivistengruppe will sich vom Stopp ihres Segelschiffs nicht entmutigen lassen. „Wir werden wieder segeln. Wir lassen uns nicht abschrecken. Wir werden erneut in See stechen. Wir werden nicht aufhören, bis die Blockade endet und Palästina frei ist“, teilte das Bündnis Freedom Flotilla Coalition mit.
Das Bündnis bezeichnete Israels Aufhalten des Segelschiffs als „eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht“. Die Aktivisten argumentieren, Israel müsse ungehinderten humanitären Zugang zu dem Küstenstreifen gewährleisten.
Aktivisten sollen Hamas-Videos zu sehen bekommen
Das israelische Außenministerium erklärte hingegen, die Zone vor dem Gazastreifen sei im Rahmen der seit 2007 geltenden Seeblockade für nicht autorisierte Schiffe gesperrt. Daher sei die „Madleen“ gestoppt worden.
Die Aktivistengruppe ist dem deutschen Botschafter in Tel Aviv zufolge mittlerweile nach Israel gebracht worden. „Alle Passagiere wurden von der Marine nach Israel gebracht, die uns versichert, dass sie alle unversehrt sind“, schrieb Botschafter Steffen Seibert auf X. Sie seien aufgefordert worden, das Land zu verlassen. „Für einen deutschen Staatsbürger haben wir konsularischen Beistand angeboten“, schrieb er.
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Bei ähnlichen Aktionen in der Vergangenheit wurden die Aktivisten direkt über den internationalen Flughafen Ben Gurion unweit der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv abgeschoben.
Verteidigungsminister Israel Katz erklärte, er habe die Armee angewiesen, der Gruppe zunächst Videoaufnahmen der Gräueltaten der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 zu zeigen. „Es ist angebracht, dass die Antisemitin Greta und ihre Freunde die Hamas-Anhänger genau sehen, wer die Hamas-Terrororganisation ist, die sie unterstützen und für die sie agieren“, so Katz.
Tagelange Fahrt durchs östliche Mittelmeer
Thunberg war mit elf weiteren Aktivistinnen und Aktivisten am 1. Juni von Sizilien aus in See gestochen, um mit dem Schiff dringend benötigte Hilfsgüter wie Babynahrung und medizinische Güter nach Gaza zu bringen.
Zugleich wollten sie mit der Aktion internationale Aufmerksamkeit auf die humanitäre Notlage in dem dicht besiedelten Küstengebiet mit rund zwei Millionen Bewohnern richten. Nach der tagelangen Fahrt durchs östliche Mittelmeer wollten sie eigentlich am Montagmorgen an der Küste Gazas eintreffen.
Thunberg ist mit ihrem rigorosen Kampf für mehr Klimaschutz weltbekannt geworden. Die mittlerweile 22-jährige Schwedin setzt sich seit längerem aber auch – und inzwischen vor allem – für die Belange der palästinensischen Bevölkerung ein. Ihr Credo: Ohne soziale Gerechtigkeit könne es auch keine Klimagerechtigkeit geben.
Thunberg wirft Israel Völkermord vor
Israel wirft sie dabei immer wieder vor, einen Völkermord an den Palästinensern zu begehen. Kritiker halten ihr dagegen vor, bei ihren Anschuldigungen das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 außer Acht zu lassen, das den Gaza-Krieg ausgelöst hat. Dabei waren rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor 20 Monaten wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 54.800 Palästinenser im Gazastreifen getötet und verheerende Schäden angerichtet.
Israel hat die Lieferung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern im Zuge des Krieges gegen die islamistische Hamas fast drei Monate lang unterbunden, die Blockade zuletzt aber etwas gelockert. Damit will die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Hamas nach eigenen Angaben dazu bringen, die von ihr festgehaltenen Geiseln freizulassen.
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Nach der gewaltsamen Übernahme der Kontrolle im Gazastreifen durch die palästinensische Terrororganisation im Jahr 2007 hatte Israel seine Blockade des Küstenstreifens nochmals verschärft. Die von Ägypten mitgetragene Maßnahme wird von Israel mit Sicherheitserwägungen begründet. Die Hamas hat sich die Zerstörung des jüdischen Staats auf die Fahne geschrieben.
Immer wieder haben Aktivisten versucht, die Blockade auf See zu durchbrechen. Bei einer solchen Aktion im Jahre 2010 hatten israelische Soldaten das türkische Schiff „Mavi Marmara“ gestürmt, wobei zehn türkische Staatsbürger ums Leben kamen.
Das israelische Außenministerium wies darauf hin, dass die Seezone vor Gaza Konfliktgebiet sei. „Unbefugte Versuche, die Blockade zu durchbrechen, sind gefährlich, rechtswidrig und unterminieren die derzeitigen humanitären Bemühungen.“ (dpa, Tsp)