Die EU-Kommission hat NGOs finanziell gefördert. Ein Vorgang, der aufgeklärt werden muss. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, klare Umgangsregeln für NGOs zu schaffen – und zwar nicht nur in Brüssel, sondern auch im Bund, in den Ländern und Kommunen.
Wie ein Bericht der WELT AM SONNTAG zutage förderte, hat die vorherige EU-Kommission Umweltorganisationen wie „ClientEarth“ mit mehreren Hunderttausend Euro unterstützt. In öffentlich nicht einsehbaren Unterlagen verpflichteten sich die NGOs hierbei unter anderem dazu, auch auf die Meinungsbildung einzuwirken – angekündigt wurden etwa 50 bis 80 Tweets und vier bis sechs Treffen mit EU-Abgeordneten.
Die politischen Reaktionen auf die Berichterstattung fielen erwartbar aus. Während liberale und konservative Politiker die Förderung als problematisch ansahen, entsprechend Aufklärung und Transparenz einforderten, machten Grünen-Politiker eine „Kampagne gegen Zivilgesellschaft“ aus, stellten sich hinter die Geldflüsse.
Und natürlich ist die Forderung nach Aufklärung berechtigt – wenig schadet dem europäischen Gedanken mehr als Geheimniskrämerei. Insbesondere, da die EU in den letzten Jahren immer höhere Transparenz-Anforderungen an Unternehmen gestellt hat, etwa über das umstrittene Lieferkettengesetz.
Wozu die umstrittene NGO-Förderung jedoch nicht taugt, ist ein pauschales EU-Bashing (im Sinne von: Brüsseler Sumpf). Denn, so problematisch der Umgang in diesen Fällen auch sein mag, das ist kein spezifisches EU-Problem – im Bund, in den Ländern, ja selbst in den Kommunen steht Deutschland schließlich vor ähnlichen Problemen. In welchem Umfang darf oder sollte mit NGOs kooperiert werden, welche Form der NGO-Unterstützung ist angemessen, welche nicht? Notwendig sind hier eindeutige Regelungen, gerade dann, wenn öffentliche Gelder fließen.
Und es muss ein Umdenken in den Köpfen stattfinden. NGOs leisten einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung, sie bringen Expertise ein und artikulieren Interessen. Das ist richtig, wichtig und legitim – mehr aber auch nicht. Keine NGO, und mag sie noch so hehre Anliegen verfolgen, mag sie noch so viele Anhänger haben, steht pars pro toto für die Zivilgesellschaft. Zudem muss die Frage erlaubt sein, ob eine NGO, die finanzielle Zuwendungen vom Staat erhält, überhaupt noch zur Zivilgesellschaft zu zählen ist.
Noch wichtiger, auch wenn NGOs gerne so tun, als seien sie „die Guten“ – keine NGO kann das Gemeinwohl für sich reklamieren. Denn die parlamentarische Demokratie kennt kein Gemeinwohl a priori, sondern nur als Ergebnis eines Aushandlungsprozesses, in dem Interessen von allen Seiten eingebracht werden dürfen. Dass NGOs dennoch postulieren, für das Gemeinwohl zu stehen, ist einfach nur ein rhetorischer Trick – und sollte auch entsprechend abgetan werden.
Schließlich wäre es wünschenswert, würden Politiker mehr Selbstverstrauen, mehr Souveränität beim Umgang mit NGOs an den Tag legen. Denn im Gegensatz zu den NGOs müssen sie sich den Wahlen stellen – tragen also nicht nur die politische Verantwortung, sondern besitzen hierfür auch das demokratische Mandat.