Darf Autofahren in der Berliner Innenstadt weitgehend verboten werden? Um diese Frage muss sich am Mittwoch das Landesverfassungsgericht kümmern.
Anlass ist das Volksbegehren der Initiative „Berlin autofrei“. Die Verkehrsaktivisten wollen per Gesetz einen Großteil der Autofahrten im Zentrum untersagen. Geht es nach ihren Plänen, dürfen Privatpersonen grundsätzlich nur noch an maximal zwölf Tagen pro Jahr innerhalb des Berliner S-Bahnrings mit dem Auto fahren.
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Ausgenommen von der Regel wären der öffentliche Nahverkehr, Feuerwehr und Polizei, die Müllentsorgung, sowie in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen. Auch sonstiger Wirtschaftsverkehr wäre noch gestattet – so er denn nachweisen kann, dass sich der Fahrtweg nicht auch ohne Pkw oder Laster erledigen ließe.
Die Folgen des Gesetzes wären immens. Auch deshalb löste die Initiative mit der Vorstellung ihrer Pläne 2020 enorme Aufregung aus. Dennoch schafften es die Aktivisten im Sommer 2021 mehr als 50.000 Unterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens zu sammeln.
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Anschließend geriet das Vorhaben jedoch ins Stocken. Nach monatelanger Prüfung lehnte der rot-grün-rote Senat die Pläne im Mai 2022 als verfassungswidrig ab. Die Pläne seien „mit unverhältnismäßigen Eingriffen in die allgemeine Handlungsfreiheit“ verbunden, teilte die Innenverwaltung der Initiative seinerzeit mit. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) legte den Gesetzentwurf der Initiative daraufhin dem Landesverfassungsgerichtshof zur Prüfung vor.
Seither passierte: nichts. Nun, drei Jahre und acht Monate nach Abschluss der Unterschriftensammlung 2021 kommt in die Sache wieder Bewegung. Am Mittwoch beschäftigen sich die Verfassungsrichter in einer mündlichen Anhörung zum Gesetzentwurf mit den Plänen der Verkehrsaktivisten.
„Wir fordern, den Autoverkehr innerhalb des S-Bahn-Rings zu reduzieren – damit Berlins Straßen sicherer und ruhiger werden und die Luft sauberer“, erklärten die Sprecher der Initiative Marie Wagner und Benni Wasmer gegenüber dem Tagesspiegel.
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Die Bedenken des Senats, zu stark in die Handlungsfreiheiten einzugreifen, teilen sie nicht. Im Gegenteil: „Die Vorherrschaft des Autoverkehrs schränkt die Freiheit aller ein. Uns Berlinerinnen und Berlinern entgehen dadurch Handlungsspielräume, unsere Stadt anders und besser zu nutzen.“
Eingriffe in den Autoverkehr seien nicht per se verfassungswidrig. „Die Handlungsfreiheit dürfe eingeschränkt werden, wenn dies einem legitimen Gemeinwohl dient.“
Als Beispiel nennen sie das Rauchverbot in Gaststätten. Heute gelte es als selbstverständlich, dass Menschen zum Rauchen nach draußen gingen, um die Gesundheit aller zu schützen. „Genauso dient weniger Autoverkehr dem Gemeinwohl und ist mit Blick auf die Klimakrise notwendig“, sagten sie.
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Die Maßnahme sei daher „nicht nur vertretbar, sondern geboten“, fügte Wasmer hinzu. „Wir sollten als Berliner entscheiden dürfen, wie wir unsere Stadt nutzen möchten.“
Darüber müssen nun die Verfassungsrichter befinden. Mit einer Entscheidung wird in den kommenden Wochen gerechnet. Haben sie keine Bedenken, könnte die Initiative schon im Sommer mit der nächsten Runde des Volksbegehrens starten.