Akut hat es keine Auswirkungen auf die allermeisten Linux-Nutzer, politisch gesehen aber der Gipfel einer 2007 eingeschlagenen Open-Source-Strategie: AMD gibt jetzt auch bei seinem Linux-Treiberpaket für Unternehmenskunden proprietäre 3D-Treiber auf; stattdessen will das Unternehmen in Zukunft jene Treiber mitliefern, die Linux-Distributionen seit Jahren standardmäßig für Radeon-Grafikprozessoren einrichten.

Bislang drei Vulkan-Treiber für AMD-GPUs

Für Linux-Nutzer ist der Schritt dennoch ein Gewinn, denn damit setzt AMD bei der 3D-Programmierschnittstelle Vulkan zukünftig auf den Treiber „Radv“. Dieser ist ein Bestandteil der Grafikbibliothek und -Treibersammlung Mesa und verwendet Teile der auch von anderen Mesa-Treibern genutzten Infrastruktur. Vor allem Entwickler von Firmen wie Red Hat, Google und Valve hatten ihn vor Jahren unabhängig von AMD gestartet und seitdem vorangetrieben, obwohl AMD bereits einen quelloffenen und alleinstehenden Vulkan-Treiber namens „Amdvlk“ anbot. Auf Letzterem bauen AMDs proprietäre Vulkan-Treiber für Windows und Linux auf; jener für Linux heißt „Vulkan-Amdgpu-Pro“ und ist durch den Schwenk wohl bald Geschichte. Auf eine Ende Mai gestellte Frage zur Zukunft von „Amdvlk“ hat AMD nicht reagiert.

Statt Arbeit in zwei für die meisten Linux-Nutzer unbedeutenden Vulkan-Treiber zu stecken, dürfte AMD sich dadurch in Zukunft verstärkt mit Fehlerkorrekturen, Optimierungen und anderen Verbesserungen in die Entwicklung von „Radv“ einbringen, nachdem AMD diesen jahrelang weitgehend ignoriert hatte. Das sollte die Qualität des schon jetzt länger vielfach besser und performanter arbeitenden Radv-Treibers weiter verbessern. Ähnlich war es beim quelloffenen und ebenfalls in Mesa enthaltenen OpenGL-Treiber „radeonsi“ der Fall: Diesen von gängigen Linux-Distributionen standardmäßig eingerichteten Treiber treiben schon lange maßgeblich AMD-Entwickler voran, die über die Jahre unter anderem die 3D-Performance des Treibers und zugrundeliegender Mesa-Komponenten massiv verbessert haben. Davon haben auch Treiber für GPUs anderer Hersteller profitiert.

Auch ein OpenGL-Treiber landet auf dem Abstellgleis

Den Radeonsi-Treiber für die ältere 3D-Programmierschnittstelle OpenGL liefert AMD schon länger in seinem Treiberpaket für Unternehmenskunden mit; zugleich stand bei dem aber auch einen proprietären OpenGL-Treiber zur Wahl, der mit AMDs OpenGL-Treiber für Windows verwandt ist. Diesen gibt AMD nun ebenfalls auf.

Den Schwenk bei den zwei 3D-Treibern hat AMD in den Release Notes zur „Radeon Software for Linux 25.10.2“ angekündigt; erfolgen soll der Umstieg bei der in einigen Monaten erwarteten Version 25.20 der auf Unternehmenskunden und Workstations ausgerichteten Treibersammlung. Diese unterstützt lediglich in dem Markt gängige Distributionen wie Red Hat Enterprise Linux, Suse Linux Enterprise und Ubuntus LTS-Versionen; für andere Linux-basierten Betriebssysteme wie Arch Linux, Fedora, oder Linux Mint rät AMD schon länger zu dort mitgelieferten Treibern.

Screenshot aus AMDs Ankündigung

AMD will mit Version 25.20 seines Linux-Treiberpakets drei Treiber aufgeben.

(Bild: Screenshot / Thorsten Leemhuis)

Auch bei den Video-Beschleunigungs-Treibern kündigte AMD eine Wachablösung für Version 25.20 an: Jenen für AMDs Programmierschnittstelle AMF (Advanced Media Framework) gibt das Unternehmen auf, um stattdessen einen für das VA-API (Video Acceleration API) mitzuliefern. Konkret handelt es sich um einen, den AMD zusammen mit der Open-Source-Community schon länger im Rahmen von Mesa vorantreibt. Da mehr Linux-Anwendungen das VA-API beherrschen, kann der Wechsel von Vorteil für viele Nutzer sein. In manchen Fällen kann es aber auch ein Rückschritt sein – so etwa beim Linux, MacOS und Windows unterstützenden Video-Transcoder HandBrake, der AMF unterstützt, nicht aber das VA-API. Allerlei Nutzer beklagen das bereits seit Jahren.

Bei dem zugrundeliegenden Kernel-Treiber setzt AMD bei seinem Treiberpaket für Unternehmenskunden wie schon lange weiter auf welche, die von den im Linux-Kernel enthaltenen Treiber wie „Amdgpu“ abgeleitet sind. Letztlich nutzt AMDs Treiberpaket damit zukünftig eben genau die Treiber, die auch gängige Linux-Distributionen installieren. Somit hat sich Open-Source nun endlich auch im Enterprise-Markt für AMD vollends durchgesetzt. Knapp 18 Jahre, nachdem das Unternehmen im September 2007 einen Strategiewechsel hin zu Open-Source-Treibern verkündet hat.

(dmk)

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