Besonderes Augenmerk der Befragung für die Bürgerumfrage 2024 lag diesmal beim Thema Verkehr. Mit Blick auf die Ausstattung mit Verkehrsmitteln und deren Nutzung lässt sich feststellen, dass in 56 Prozent aller Haushalte mindestens ein Auto und in 77 Prozent mindestens ein Fahrrad vorhanden sind. 36 Prozent der Leipzigerinnen und Leipziger fahren mit dem Pkw zur Arbeit, 64 Prozent nutzen Bus und Bahn, Fahrrad oder gehen zu Fuß. So weit die blanken Zahlen. Dahinterf stecken klare Trends.

Trends, die so noch nicht absehbar waren, als die Stadt ihre Mobilitätsstrategie entwickelte. Die Kurzauswertung zur Bürgerumfrage 2024 zeichnet das Bild der vergangenen Jahre, in denen es tatsächlich zu deutlichen Veränderungen gekommen ist. Denn die Ausstattung der Haushalte mit Pkw heißt inzwischen längst nicht mehr, dass auch 56 Prozent aller Wege mit dem Pkw zurückgelegt werden, auch wenn die Veränderung oft nur darin besteht, dass Autobesitzer nicht mehr jeden Weg mit dem Auto zurücklegen, sondern einfach wechseln – aufs Fahrrad, in den ÖPNV, auf Schusters Rappen. Letzteres gerade beim Weg zum Einkauf. Denn gerade die Angebote des täglichen Bedarfs findet man mittlerweile in fast allen Leipziger Ortsteilen leicht erreichbar zu Fuß in der Nähe seines Wohnorts.

Zur Verkehrsmittelwahl der Leipziger bei den Wegen zum Einkauf. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2024Die Verkehrsmittelwahl der Leipziger bei den Wegen zum Einkauf. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2024

Das sorgte schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie dafür, dass die Leipzigerinnen und Leipziger ihre täglichen Einkäufe immer öfter zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigten. Dominierte im Jahr 2014 noch das Automobil die Einkaufpraxis der Leipziger mit satten 53 Prozent Anteil, lag der Anteil für Fuß- und Radverkehr beim Einkaufen mit 36 Prozent noch deutlich dahinter.

Den großen Wechsel gab es tatsächlich in der Corona-Zeit, als Fuß- und Radverkehr bei den Einkäufen mit 50 Prozent eindeutig die Spitze übernahmen, während das Auto nur noch in 41 Prozent der Fälle zum Einsatz kam.

Das könnte man den Corona-Bedingungen zuschreiben. Aber die Befragung 2024 zeigte, dass sich diese Verteilung inzwischen in Leipzig stabilisiert hat. 48 Prozent der Einkäufe erledigen die Leipziger zu Fuß und mit Fahrrad, nur 40 Prozent mit dem Automobil.

Verkehrsmittelwahl der Leipziger auf dem Weg zur Arbeit. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2024Die Verkehrsmittelwahl der Leipziger auf dem Weg zur Arbeit. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2024

Und ähnliche Entwicklungen gibt es auch in einem anderen Verkehrssegment: bei den Wegen zur Arbeit. Auch hier dominierte 2014 noch der Pkw mit 44 Prozent Anteil, die Arbeitswege zu Fuß oder mit Fahrrad lagen mit 31 Prozent deutlich dahinter. Mit 24 Prozent spielte freilich der ÖPNV auch noch eine wichtige Rolle.

Bis 2024 aber nahm auch hier der Anteil des motorisierten Individualverkehrs spürbar ab, sank auf nur noch 36 Prozent, also deutlich weniger als selbst bei den Wegen zum Einkauf. Dass Fuß- und Radverkehr mit 34 Prozent knapp dahinter lagen, hat einen Grund, der natürlich die Stadtväter genauso freut wie die LVB, denn gleich dahinter folgt der ÖPNV jetzt mit 31 Prozent. Etwas, was 2020 noch nicht absehbar war.

Im Gegenteil: Während Corona schienen auch die Fahrgäste aus Bus und Straßenbahn zu fliehen. Doch schon 2021 begann hier ein Aufwärtstrend, der die LVB im Jahr 2024 zu einem neuen Spitzenwert bei den Fahrgästen führte. Gut möglich, dass hier das Deutschlandticket eine wichtige Rolle spielte. Aber gleichzeitig erzählt es davon, wie wichtig ein funktionierendes ÖPNV-System für Leipzigs Wirtschaft ist, wenn mittlerweile fast jeder Dritte mit Bus und Straßenbahn, vielleicht auch S-Bahn zur Arbeit fährt.

Die Verkehrsmittelwahl bei den Wegen in die Innenstadt. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2024Verkehrsmittelwahl bei den Wegen in die Innenstadt. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2024

Und noch deutlicher sind die Zahlen für die Wege in die Innenstadt, wo das Automobil schon seit Jahren nur die dritte Geige spielt. Hielt es 2014 noch 20 Prozent aller Wege in die Innenstadt, bevorzugten auch damals schon 43 Prozent der Leipziger Bus und Bahn, um in die City zu kommen, 38 Prozent gingen zu Fuß oder fuhren mit dem Rad. Eine Ausnahme blieb lediglich die erste Corona-Zeit, als auch in der Innenstadt viele Einrichtungen über Monate geschlossen blieben.

Da sank der ÖPNV-Anteil kurzzeitig von 48 auf 39 Prozent, Fußgänger und Radfahrer dominierten im Jahr 2020 kurzzeitig das Geschehen mit 45 Prozent. Aber mit dem Öffnen von Läden und Gaststätten stellte sich das alte Verhältnis wieder her. 49 Prozent der Innenstadtbesucher kommen mit dem ÖPNV, 38 Prozent zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Dafür ist der Anteil der Pkw-Nutzer auf 14 Prozent gefallen.

Die ganz besondere Logistik mit Kindern

Was eben auch heißt: Wo die Verkehrsangebote da sind und jederzeit genutzt werden können, steigen die Leipzigerinnen und Leipziger gern auf den Umweltverbund um. Das Auto vorm Haus bedeutet schon lange nicht mehr, dass damit überall hin gefahren wird. Dass es oft einfach angeschafft wird, weil sonst die vielen Wege einer Familie mit Kindern nicht zu bewältigen sind, zeigt die Grafik mit den vorhandenen Verkehrsmitteln im Haushalt.

Haben die Haushalte junger Erwachsener in der Regel nur zu 44 Prozent einen Pkw, schnellt dieser Anteil bei Familien mit Kindern auf 72 Prozent hoch. Was übrigens nicht der einzig auffallende Wert ist, der zeigt, dass gerade Familien mit Kindern mehr Wege und mehr Fracht zu bewältigen haben. In 7 Prozent der Haushalte mit Kindern gibt es ein Lastenrad – der Leipziger Durchschnitt liegt mit 2 Prozent deutlich darunter.

Bei Senioren ab 65 sinkt der Pkw-Besitz dann übrigens wieder auf 59 Prozent. Nur bei einem ähneln sich Seniorenhaushalte und die von Familien mit Kindern: Beide haben zu 13 / 14 Prozent ein E-Bike im Hof oder im Keller stehen. Was natürlich den Druck auf die Radwege-Infrastruktur verstärkt.

Denn da sind eben nicht – wie so oft kritisiert – nur „Kampfradler“ unterwegs, sondern eben auch viele junge Väter und Mütter mit ihren Kindern und immer mehr Senioren, elektrisch beschleunigt, sodass es dort auch deutlich flotter zur Sache geht.