Nach dem Amoklauf an einer Schule im österreichischen Graz ist die Zahl der Todesopfer am Dienstagabend auf elf gestiegen. Übereinstimmenden Berichten zufolge starb eine der schwer verletzten Personen im Krankenhaus. Unter den elf Getöteten ist auch der mutmaßliche Täter. Außerdem gibt es elf Verletzte, manche davon schwer.

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sprach am Dienstag in einer ersten Reaktion von einer „nationalen Tragödie“, die das gesamte Land erschüttere.

Die Tagesspiegel-App Aktuelle Nachrichten, Hintergründe und Analysen direkt auf Ihr Smartphone. Dazu die digitale Zeitung. Hier gratis herunterladen. Was ist in Graz passiert?

An dem Bundesoberstufenrealgymnasium (BORG) Dreierschützengasse in Graz waren am Vormittag gegen 10.00 Uhr Schüsse gefallen, in zwei Klassenräumen wurde offenbar das Feuer eröffnet, berichten die Zeitungen „Krone“ und „Kurier“.

Zum genauen Ablauf des Amoklaufs gab es zunächst von den Ermittlern keine Einzelheiten. Erst soll eine Rekonstruktion der Ereignisse abgewartet werden. So ist noch unklar, ob die tödlichen Schüsse in Klassen oder am Gang abgefeuert worden sind.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Externen Inhalt anzeigen

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Ein Vater schilderte in einem Video des Senders Puls24, was sein Sohn ihm am Telefon erzählt habe, während dieser in der Schule gewesen sei. Der Amokläufer habe in einem Klassenzimmer auf Schülerinnen und Schüler geschossen. Sein Sohn habe berichtet, dass er sich auf den Boden geworfen und tot gestellt habe.

„Ich habe mit eigenen Augen gesehen: drei Kollegen sind getötet worden in der Schule“, berichtete der Vater dem Sender, was sein Sohn am Telefon erzählt habe. Er sei unverletzt geblieben. 

Sein zweiter Sohn sei erst nicht zu erreichen gewesen, berichtete der Vater, dem mehrfach die Stimme brach. Er habe große Sorge gehabt. Der Sohn habe sich dann aber aus der Halle gemeldet, in die alle überlebenden und nicht verletzten Schülerinnen und Schüler gebracht worden waren.

Dutzende Spezialeinheiten waren vor Ort, das Gymnasium wurde evakuiert. Schüler und Lehrer wurden zu einem sicheren Treffpunkt geleitet. Für die Eltern wurde ein Sammelplatz eingerichtet. Wie ein Sprecher des örtlichen Roten Kreuzes der Deutschen Presse-Agentur sagte, waren mehr als 160 Retter im Einsatz.

Sie seien mit 65 Fahrzeugen angerückt. Auch mehrere Rettungshubschrauber waren im Einsatz. Ein spezieller Alarmplan des Landes für die Versorgung zahlreicher Verletzte sei aktiviert worden. 

Einsatzkräfte stehen in der Nähe des Tatorts.

© dpa/APA/ERWIN SCHERIAU

Gegen 11.30 Uhr gab die Polizei Entwarnung: „Die Lage ist gesichert. Es wird von keiner weiteren Gefahr ausgegangen“, hieß es auf X. Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus.

Die Behörden baten eindringlich darum, keine Videos in den sozialen Netzwerken zu posten, um die Privatsphäre der Betroffenen zu wahren.

Was ist über den Angreifer bekannt?

Der mutmaßliche Täter ist nach Angaben der Polizei ein 21-jähriger Österreicher aus dem Raum Graz. Es handelt sich um einen ehemaligen Schüler des Gymnasiums in der Grazer Dreierschützengasse, der jedoch keinen Abschluss gemacht habe, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Dienstagnachmittag.

Einem Bericht der „Kronen Zeitung“ zufolge soll er sich als Mobbingopfer gesehen und aus Rache gehandelt haben. Die verwendeten Waffen, eine Pistole und eine Schrotflinte, habe er legal besessen.

Das bestätigten auch die Behörden. Er habe eine Waffenbesitzkarte gehabt, so der Landespolizeidirektor der Steiermark, Gerald Ortner. Bei einem der Tatorte soll es sich laut österreichischen Medien um seinen früheren Klassenraum handeln.

Rettungskräfte stehen in der Nähe des Tatorts.

© dpa/APA/ERWIN SCHERIAU

Laut „Kronen Zeitung“ sollen die Ermittler bei einer Hausdurchsuchung bei dem 21-Jährigen am Nachmittag einen Abschiedsbrief gefunden haben, gesichert ist diese Information aber noch nicht.

Der Täter war übereinstimmenden Berichten zufolge zuvor nicht behördlich bekannt gewesen.

Wie viele Menschen sind betroffen?

Zwölf Menschen waren nach dem Amoklauf teils schwer verletzt worden, zwei befanden sich in kritischem Zustand. Mittlerweile ist eine dieser Personen im Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen. Sechs der neun unmittelbar Getöteten waren laut Innenminister Gerhard Karner weiblich, drei männlich.

Österreich wird der Opfer nun mit einer dreitägigen Staatstrauer gedenken. Am Mittwoch soll es eine landesweite Schweigeminute geben. Die Flaggen an Präsidentschaftskanzlei und Bundeskanzleramt sowie an anderen offiziellen Gebäuden werden auf halbmast gesetzt

Wie reagiert die Politik?

„Der Amoklauf an einer Schule in Graz ist eine nationale Tragödie, die unser gesamtes Land tief erschüttert“, schrieb Bundeskanzler Stocker auf X. „Durch diese unfassbare Tat wurden Jugendliche plötzlich aus dem Leben gerissen, das sie noch vor sich hatten.“ Es gebe keine Worte für den Schmerz und die Trauer.

„Was heute passiert ist, trifft uns alle – als Menschen, als Eltern, als Gesellschaft“, betonte Stocker. Schule sei ein Ort des Vertrauens, der Geborgenheit, der Hoffnung. Dieser sichere Raum sei „brutal erschüttert“ worden. Auf mögliche politische Konsequenzen ging der Bundeskanzler zunächst nicht ein: „Heute geht es vor allem um Mitgefühl.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Externen Inhalt anzeigen

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Stocker war wie Innenminister Karner am Tatort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Das bestätigte eine Sprecherin des Kanzleramts der Deutschen Presse-Agentur. Auch der Ministerpräsident der Steiermark Mario Kunasek (FPÖ) hat seine Termine abgesagt und ist dorthin unterwegs.

Österreichs Innenminister Gerhard Karner (links) und Österreichs Bundeskanzler Christian Stocker (rechts) geben eine Pressekonferenz.

© dpa/ERWIN SCHERIAU

Österreichs Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen zeigte sich tief erschüttert. „Dieser Horror ist nicht in Worte zufassen“, schrieb der Bundespräsident auf X. Es gebe in diesem Moment nichts, was in diesem Moment den Schmerz von Eltern und Großeltern, von Geschwistern, Freunden und Freundinnen lindern könne. „Österreich trauert.“ 

Jetzt sei Zusammenhalt geboten. „Heute und in den schweren Tagen, die kommen, wird unser Land zeigen, dass in diesem Miteinander seine Stärke liegt“, so Van der Bellen weiter. 

Auch Steinmeier und Merz zeigen sich betroffen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich entsetzt über den tödlichen Angriff in einer Schule in Österreich gezeigt. „Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer habe ich von der Gewalttat in Graz erfahren, bei der so viele unschuldige Menschen ihr Leben verloren haben“, erklärte Steinmeier am Dienstag.

Er sprach dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen im Namen aller Deutschen seine „aufrichtige Anteilnahme“ aus und wünschte den Verletzten „eine rasche und vollständige Genesung“.

Auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) zeigte sich betroffen. „Mit großer Bestürzung habe ich die Nachrichten aus Graz vernommen“, schrieb er in einem Kondolenztelegramm an den österreichischen Bundeskanzler Christian Stocker. „Es erschüttert mich zutiefst, dass junge Menschen so jäh aus dem Leben gerissen wurden.“

Merz sprach den Familien der Opfer seine Anteilnahme aus. „Wir teilen ihren Schmerz und ihre Trauer“, erklärte er. „Den Verletzten wünschen wir rasche und möglichst vollständige Genesung.“

Lesen Sie auch „Es wäre eine großartige Sache“ Trump befürwortet mögliche Festnahme von Kaliforniens Gouverneur Newsom Nachfolgerin Warken streicht Sondererlaubnis Lauterbach darf kein Tischtennis mehr im Ministeriumskeller spielen Kurz nach dem Start Flugzeug mit 20 Menschen an Bord in den USA abgestürzt

Die EU-Kommission sprach ebenfalls ihr Beileid aus: „Wir möchten den Familien der Opfer und der ganzen Stadt Graz unser tiefstes Beileid aussprechen“, sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. „Wir stehen gemeinsam in Trauer und suchen nach Klarheit nach diesem schrecklichen Ereignis in einer Schule.“ Es seien „absolut schreckliche und tragische Nachrichten“. (Tsp mit Agenturen)

Der Artikel wird laufend aktualisiert.

Haben Sie Suizidgedanken?

Wenn es Ihnen nicht gut geht oder Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, die Sie nutzen können.

Der Berliner Krisendienst ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern variieren nach Bezirk, die richtige Durchwahl für Ihren Bezirk finden Sie hier.

Die Telefonseelsorge ist Tag und Nacht unter der Telefonnummer 0800 1110111 erreichbar. Zudem gibt es das Angebot eines Hilfe-Chats und die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite: www.telefonseelsorge.de.

Aufklärung und Informationen zum Thema Suizidprävention, die sich vor allem an Kinder und junge Erwachsene wenden, bietet der Verein Freunde fürs Leben.