Kulturschaffende in Halle haben sich zusammengeschlossen, um mit einem Festival gegen die für November geplante rechte Buchmesse „Seitenwechsel“ zu protestieren. Die Buchhändlerin und Mitorganisatorin Theresa Donner sagte MDR KULTUR am Mittwoch, geplant sei, dass das Festival im September 2025 beginne und seinen Höhepunkt am 8. und 9. November erreiche, parallel zur rechten Buchmesse.
Das Programm des Festivals sieht demnach Lesungen, Diskussionen, Musikveranstaltungen und offene Formate an mehreren Orten vor. Unter dem Motto „Wir“ haben sich dazu mehrere Buchhandlungen, Illustratoren, Buchkünstler, Schriftsteller, Übersetzer, Musiker, Universitätsangehörige und Theaterleute zusammengeschlossen.
Wir lesen, wir diskutieren, wir erinnern. Unter diesem Motto zeigen wir, dass Zivilcourage kein Privileg, sondern das Fundament einer offenen Gesellschaft ist.
Theresa Donner, Mitorganisatorin des Festivals „Wir“
Festival für eine offene Gesellschaft in Halle geplant
Donner sagte weiter, das erklärte Ziel der Buchmesse „Seitenwechsel“ sei es, rechtsextremen Verlagen und Verschwörungstheoretikern eine Bühne zu geben. Doch die Verbreitung von Lügen, Hass und Hetze habe nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.
Das „Wir“-Festival engagiere sich für eine offene Gesellschaft und lade alle ein, sich für Toleranz und gegen Spaltung zu positionieren und mitzumachen: „Wir möchten zeigen, dass wir mehr sind und die Meinungsfreiheit in einem bunten Festival feiern. Wir lesen, wir diskutieren, wir erinnern. Unter diesem Motto zeigen wir, dass Zivilcourage kein Privileg, sondern das Fundament einer offenen Gesellschaft ist.“
Kulturinstitution aus Halle üben Kritik an Buchmesse
Auch zahlreiche Kulturinstitutionen aus Halle äußerten Kritik an der geplanten Buchmesse. So teilte Bettina Erzgräber, Rektorin der Kunsthochschule Burg Giebichenstein auf Anfrage von MDR KULTUR mit: „Ich bin fassungslos über die Planung dieser Buchmesse. Wir sind uns sicher, dass ihr die Hallenser Stadtgesellschaft mit kritischer Vernunft und zahlreichen Initiativen entgegentreten wird.“
Kritik übte auch Alexander Suckel, Geschäftsführer des Literaturhauses Halle. Suckel hält die geplante Messe für eine „Inszenierung“. Es gehe darum, sich als das „vermeintlich Andere, als Alternative zu präsentieren und unter sich zu sein, um damit jedweden Diskussionen aus dem Weg“ zu gehen.
Der Geschäftsführer des Mitteldeutschen Verlags, Roman Pliske, kommentierte mit Blick auf die geschichtsrevisionistischen Strategien der Neuen Rechten seine Nicht-Einladung mit Ironie: „Gerne hätten wir unsere Neuerscheinungen zum Widerstand im Dritten Reich gezeigt, unsere Bücher zu jüdischem Leben in Deutschland präsentiert und die großen Frage, wie Migration gelingen kann, dem geneigten Publikum gestellt“, teilte Pliske mit.
„Gerade am 9. November, einem Tag der die Jahrestage der Novemberpogrome gegen jüdische Mitbürger 1938 und des Hitlerputsches 1923 birgt, sollten sich stolze Deutsche an die dunkelsten Seiten der eigenen Geschichte erinnern“, erklärte der Verleger mit Verweis auf den Termin der Buchmesse.