Die Angst vor russischem Beschuss ist ein ständiger Begleiter für die Menschen in der Ukraine. In der Nacht zum Dienstag gingen laut Präsident Wolodymyr Selenskyj insgesamt 315 Drohnen und sieben Raketen auf die Hauptstadt Kiew und andere Teile des Landes nieder. Laut Behörden wurden mindestens zwei Menschen getötet.

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Auch auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim schlagen immer wieder Drohnen ein, in diesem Fall ukrainische und deutlich weniger als umgekehrt. Angst lösen auch sie aus – während gleichzeitig versucht wird, den Konflikt zu einer bloßen Unannehmlichkeit herunterzuspielen, wie es die „New York Times“ ausdrückt.

Denn die Krim hängt am Tourismus, egal ob Krieg ist und wer sie gerade beherrscht. „Wenn Amerika kommen und sagen würde: ‚Ihr seid jetzt ein amerikanischer Bundesstaat‘, würden sie wahrscheinlich sagen: ‚Ok, aber werden wir eine Urlaubssaison haben oder nicht?‘“, spottet Irina über ihre Mitbürger:innen. Sie ist eine von Dutzenden Bewohner:innen der Halbinsel, mit denen die Zeitung gesprochen hat.

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Nichts bedeute den Krim-Bewohnern mehr, als Touristen auszunehmen, fasst die „New York Times“ die Kritik zusammen. Und so würden weiter neue Hotels gebaut, während die russische Schwarzmeerflotte ihren einstigen Stammhafen Sewastopol längst aufgegeben hat. Und Touristen gingen mit Namensschildern um den Hals zum Strand, um notfalls identifiziert werden zu können, sollte sie ein Drohnenfragment treffen.

Ein Hotelbesitzer und Musiker, der mit seinem Jazz-Ensemble vor kurzem vor Schwerverletzten und Amputierten in einem Militärkrankenhaus auftrat, bringt die seltsame Lage, in der die Menschen auf der Halbinsel leben, so auf den Punkt: „Es ist, als würden Leben und Tod Hand in Hand gehen.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Russland hat den massiven Beschuss der Ukraine mit Drohnen auch in der Nacht zu Dienstag fortgesetzt und dabei erneut zivile Ziele angegriffen. Nach Behördenangaben wurden mindestens zwei Menschen getötet. Zwei der auf die Ukraine abgefeuerten Raketen sollen von Nordkorea hergestellt worden sein. Mehr dazu hier.
  • Der Bundesnachrichtendienst (BND) warnt davor, Russlands Expansionsdrang zu unterschätzen. Der BND habe nachrichtendienstliche Belege, dass die Ukraine für Russland nur ein Schritt auf dem Weg nach Westen sei, sagte BND-Chef Bruno Kahl dem Portal „Table.Briefings“. Mehr dazu hier.
  • Die EU-Kommission hat konkrete Vorschläge für das angekündigte 18. Sanktionspaket gegen Russland vorgelegt. Die neuen Strafmaßnahmen sollen vor allem auf russische Einnahmen aus Energieträgern und die Rüstungsindustrie abzielen. Mehr dazu im Newsblog.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert eine starke Reaktion des Westens nach den erneuten schweren russischen Angriffen. „Es ist entscheidend, dass die Antwort der Welt auf diese und ähnliche russische Angriffe kein Schweigen ist, sondern konkrete Taten“, erklärte er am Dienstag.
  • Die US-Regierung will wichtige strategische Geheimdienstinformationen offenbar nicht mit der Ukraine teilen. Das geht aus einer Analyse des „Foreign Policy Magazine“ hervor. Demnach geht es etwa um US-Satellitenbilder mit Standorten russischer Truppen oder Koordinaten für Langstreckenangriffe.
  • Russland vertieft offenbar seine militärische Zusammenarbeit mit Nordkorea. Das Land werde etwa bei der beginnenden Serienproduktion von ballistischen Raketen unterstützt, sagte der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, der ukrainischen Nachrichtenagentur „RBC“.
  • Russland verlangt einen Stopp der Nato-Osterweiterung als Voraussetzung für ein Ende des Krieges gegen die Ukraine. Die Bereitschaft dazu sei ein Test, ob die USA ernsthaft ein besseres Verhältnis zu Russland anstrebten, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die gegen sein Land gerichtete Politik Ungarns als „historischen Fehler“ bezeichnet. Er warf dem rechtspopulistischen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán vor, Propaganda gegen die Ukraine für seinen Wahlkampf zu benutzen.

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