Dresden – Ein Sachse hatte bei der Kommunal- und Landtagswahl 2024 im großen Stil Stimmzettel gefälscht. So gut, dass es lange keiner bemerkte. Sein Vorbild: Hollywood-Star Leonardo DiCaprio (50) und sein Kinofilm „Catch Me If You Can“.
Erst nach der Landtagswahl im September 2024 fielen Ungereimtheiten auf, wenige Wochen später nahm das Landeskriminalamt einen Dresdner fest. Er hatte für die rechtsextreme Kleinstpartei „Freie Sachsen“ kandidiert und war überraschend in den Ortschaftsrat Langebrück eingezogen.
Wahlbetrugs-Prozess in Dresden vor Gericht
Jetzt begann der Prozess gegen Michael Schleinitz am Dresdner Landgericht. Laut Ankläger Philip Socher (33) hatte der 45-Jährige zufällig einen Schlüssel an einem Briefkasten der Deutschen Post entdeckt und eingesteckt. Den hatte ein Post-Mitarbeiter vermutlich vergessen …
Der geständige Wahlfälscher Michael Schleinitz (45, U-Haft) mit seinem Pflichtverteidiger Hendrik Klee (43)
Foto: Olaf Rentsch
Tatverdächtiger hatte Schüssel zu Post-Briefkästen
Der Beschuldigte fand in drei Briefkästen Wahlbriefe für die Kommunalwahl im Juni 2024, für die er selbst kandidierte. 155 Umschläge soll er zu seinen Gunsten und der Partei „Freie Sachsen“ manipuliert haben.
Der Wahlfälscher hatte den Schlüssel u.a. zu diesem Briefkasten in Dresden-Langebrück
Foto: Olaf Rentsch
So lief die Wahl-Fälschung ab
In seiner Scheune soll der Wahlfälscher die Lasche von den Kuverts vorsichtig abgetrennt haben. Dann entnahm er laut Generalstaatsanwaltschaft die Stimmzettelumschläge.
Mit einer Papierschneidemaschine schnitt er am Rand diese Umschläge auf und entnahm die Wahlzettel. Von drei Stimmzetteln schnitt er die Kreise aus, um sie auf den anderen Stimmzettel zu überkleben.
Insgesamt waren bei der sächsischen Landtagswahl und der Dresdner Kommunalwahl 280 Stimmzettel zugunsten der rechtsextremen „Freien Sachsen“ manipuliert worden (Symbolfoto)
Foto: xcitepress
Wahlbetrug blieb anfangs unbemerkt
Die Ermittler sprechen davon, dass Schleinitz „filigran“ vorgegangen sei. Anschließend klebte er alles zu und warf die Briefe wieder in den Briefkasten.
Bei der Landtagswahl klaute und fälschte er 126 Wahlbriefe aus Briefkästen. Die rechtsextremen Freien Sachsen bekamen die Zweitstimmen. Da sie keinen Direktkandidaten stellten, gingen die Erststimmen an CDU, AfD und BSW.
Tatort: der Dresdner Ortsteil Langebrück
Foto: Olaf Rentsch
Anschlag auf geplante Asyl-Unterkunft
Bereits 2023 hat der Sachse laut Generalstaatsanwaltschaft zwei Brandanschläge auf eine leerstehende Schule verübt. Ankläger Socher vor Gericht: „Er wollte dadurch verhindern, dass das Gebäude als Wohnunterkunft für Asylbewerber genutzt wird.“
Außerdem kaufte und verkaufte er Drogen, versuchte Katalysatoren zu klauen. Bei der Durchsuchung wurden Kugelbomben und ein Schlagring entdeckt. An einer Schule hatte er das Schild „Schule gegen Rassismus“ gestohlen.
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Auch einen Berufsabschluss als Altenpfleger ließ er fälschen, um mehr Geld zu verdienen. Davor hatte der gelernte Autolackierer als Pflegehelfer gearbeitet.
Nach Anklageverlesung wurde eine Verständigung zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht erörtert. Ergebnis: bei einem Geständnis könnte eine Haftstrafe von vier Jahren herauskommen.
Birger Magnussen (57) ist der Vorsitzende Richter der Großen Strafkammer
Foto: Olaf Rentsch
Der Wahlfälscher gestand, er hätte es gemacht wie im Film „Catch me if you can“. In Bezug auf seine Wahl-Kandidatur sagte er: „Ich wusste halt, dass ich keine Chance habe.“ Und dann dachte er nach dem Film: „Das könnte doch klappen.“
Wahlfälscher feiert Betrug als „Knaller“
Der Wahlfälscher zum Richter: „Kennen Sie den Film?“ Vorsitzender Richter Birger Magnussen (57): „Ich hab den vor vielen Jahren mal gesehen.“ Seinen Wahlbetrug bezeichnete Schleinitz als „unsportliche Aktion“. „Aber ich dachte, der Zweck heiligt die Mittel“, so der Sachse. „Ich war mir der Tragweite nicht bewusst, was ich hier für einen Knaller zünde!“
Der Prozess wird fortgesetzt.