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Zu diesem Ergebnis kommen nicht nur Millionen von Touristen jährlich – 2024 lag die Zahl der Übernachtungen bei mehr als 30 Millionen – sondern nun auch eine Studie des britischen Beratungsinstituts Oxford Economics. Darin wurden weltweit 1000 Städte in den Kategorien Wirtschaftskraft, Humankapital, Lebensqualität, Umwelt und Verwaltung mit miteinander verglichen.
Berlin landete auf einem guten 29. Platz – knapp hinter München (22). Ihren Vorsprung könnte die Stadt an der Isar aufgrund der „robusten wirtschaftlichen Perspektive“ Berlins aber schon bald an die Bundeshauptstadt verlieren. Chapeau.
Robert Kiesel arbeitet als landespolitischer Korrespondent für Berlin. Er hat Politikwissenschaft in seiner Heimatstadt Berlin studiert und das journalistische Handwerk in Mecklenburg-Vorpommern erlernt.
Besonders überraschend für die Studie einer Einrichtung, die vorrangig die Interessen von Investoren und Unternehmern im Blick hat: Die wahren Schätze Berlins liegen ausgerechnet dort, wo die immer weiter fortschreitende Verwertung der Stadt bislang ausgeblieben ist.
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Tempelhofer Feld als Trumpf
„Die zahlreichen Grünflächen und Parks“ tragen entscheidend zur hohen Punktzahl in Sachen Lebensqualität bei, heißt es in der Studie. Exemplarisch genannt werden der Tiergarten und – ausgerechnet – das Tempelhofer Feld. Seit Jahren eine der umkämpftesten Freiflächen der Stadt, für deren (Teil-)Bebauung die Investoren vor den Türen des Roten Rathauses Schlange stehen dürften.
Was aber lässt sich neben dieser beinahe basalen Feststellung noch aus der Studie lernen? Ganz offensichtlich ist es gerade die Distanz, die einer besseren Bewertung der real-existierenden Verhältnisse in der Stadt zuträglich ist. Positiv auf das Gesamtergebnis wirkt sich zudem aus, wenn die von vielen Berlinerinnen und Berlinern mehr und mehr als Zumutung empfundenen Probleme, etwa in den Bereichen Verkehr, Wohnen oder dem Umgang mit dem öffentlichen Raum, komplett ausgeblendet werden.
Dass das Bildungssystem in Berlin „Weltklasse“ sei, wie von der Studie behauptet, muss Betroffenen und erst recht Eltern schulpflichtiger Kinder in Berlin geradezu grotesk vorkommen. Zum Schutz der Autorinnen und Autoren sei erwähnt, dass sich diese auf die drei großen Universitäten der Hauptstadt und die Erwachsenenbildung im Allgemeinen konzentrierten.
Den alltäglichen Wahnsinn an allgemeinbildenden Berliner Schulen haben sie entweder geflissentlich ignoriert oder aus der Ferne schlicht nicht mitbekommen. Genau wie Tausende Schulabgänger jährlich ihren Schulabschluss, aber lassen wir das.
Mit heißem Herzen und Kodderschnauze
Bitte nicht falsch verstehen: Es ist längst nicht alles schlecht an Berlin. Nicht umsonst erfreut sich die Bundeshauptstadt eines stetigen Wachstums und steuert zeitnah auf das Allzeithoch von vier Millionen Einwohnern zu. Und nicht umsonst halten die vielen Berlinerinnen und Berliner, die schon ewig hier wohnen, ihre Stadt mit heißem Herzen und Kodderschnauze in Ehren. Berlin ist toll – und hat gleichzeitig riesige Probleme, die genau diesen ganz besonderen Reiz gefährden.
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Dabei, diese Probleme wirkungsvoll zu bekämpfen, helfen ehrliche Bestandsaufnahmen und wirksame politische Konzepte deutlich mehr als unter fragwürdiger Methodik entstandene Studien. Für den berühmten und für die Selbstwahrnehmung nicht selten heilenden Blick über den Tellerrand genügt in Berlin wahlweise die Fahrt auf den Fernsehturm – oder nach Brandenburg.