Mit ihrem Plan für einen „Europäischen KI-Kontinent“ will die EU-Kommission gegenüber anderen KI-Standorten auf der Welt aufholen: Bei der Cloudinfrastruktur sei Europa heute mit dreimal weniger Rechenzentren ausgestattet als die USA, heißt es aus Kommissionskreisen. Daher sollten überall in Europa entsprechende Kapazitäten entstehen.

Mit bis zu 200 Milliarden Euro will die Kommission die Entwicklung von KI in der Union anschieben. Davon sollen 20 Milliarden Euro für bis zu fünf neue „KI Gigafactories“ zur Verfügung stehen. Wie viel davon am Ende aber tatsächlich aus EU-Mitteln bereitgestellt wird, ist jedoch unklar: Wie so oft strebt die Kommission eine Mischung aus öffentlicher und privater Finanzierung an.

KI-Kapazitäten verdreifachen

Die Kommission will damit in den kommenden fünf bis sieben Jahre die KI-Kapazitäten in Rechenzentren verdreifachen. Dabei soll insbesondere auf Energieeffizienz geachtet werden. Auch der Zugang zu hochqualitativen Daten etwa aus den europäischen Datenräumen soll erleichtert werden.

„Künstliche Intelligenz ist der Kern, um Europa wettbewerbsfähiger, sicherer und technologisch souveräner zu machen“, meint Henna Virkkunen, zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission. „Das globale Rennen um KI ist noch nicht vorbei.“ Deshalb wolle die EU-Kommission nun handeln.

Ein Ziel: Dass in Europa konkurrenzfähige große Sprachmodelle entwickelt werden. Die KI-Gigafactories sollen dennoch grundsätzlich allen Nutzern zu fairen Bedingungen offenstehen, was die EU-Kommission als einen großen Unterschied zu den Großprojekten in anderen Staaten der Welt wie den USA oder China verstanden wissen will.

Vorerst handelt es sich jedoch noch um eine Absichtserklärung, erst Ende des Jahres sollen mit dem „Cloud and AI Development Act“ die weiteren Modalitäten geklärt werden. Bis dahin will die EU-Kommission mittels Konsultationen herausfinden, wie mögliche Interessenten auf die Ideen der Kommission schauen.

Als weiteren Baustein auf dem Weg zum KI-Kontinent will die Kommission die Umsetzung des AI Act vereinfachen. Was das genau bedeuten soll, ist vorerst unklar. Dies könne auch in einfacheren Genehmigungsprozessen für Rechenzentren oder Hilfestellungen bei der Interpretation des AI Acts bestehen, so Kommissionsbeamte – hier komme es auch auf die Eingaben im Rahmen der anstehenden Konsultationen an.

Ein weiteres, aus ihrer Sicht gewichtiges Problem hat die Kommission darin identifiziert, dass relevante Wirtschaftssektoren in der EU bislang bei der Adaption von KI-Entwicklungen hinterherhinken würden. Hier soll eine Anwendungsstrategie für KI Hilfestellung leisten. Ergänzend sollen zudem Trainings für Mitarbeiter sowie Rückkehrhilfen für KI-Spezialisten aus Nicht-EU-Staaten und ergänzend Zuwanderungserleichterungen für hochspezialisierte Drittstaatler angegangen werden.

„Notwendige Investition“

Seitens der Wirtschaft wird das Vorhaben grundsätzlich begrüßt. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) sieht vor allem in einem verbesserten Datenzugang den Weg zu mehr KI-Entwicklung und -Anwendung: „Nur so kann Künstliche Intelligenz mit qualitativ hochwertigen Daten trainieren werden“, heißt es in einer Stellungnahme. Zudem müsse der AI Act als risikobasierte Regulierung konsequent weiterverfolgt und implementiert werden und dürfe keine Veränderung erfahren.

Für den IT-Verband Bitkom bemängelte Susanne Dehmel zwar die an vielen Stellen noch fehlende Konkretisierung der Absichten, begrüßte aber den Plan insgesamt. „Die geplanten 20 Milliarden Euro sind eine notwendige Investition, um den europäischen Rückstand bei der für KI entscheidenden Rechenleistung zumindest zu verringern, sie werden mit Blick auf die Investitionssummen in anderen Ländern aber nicht ausreichen.“ Neben der Infrastruktur sei insbesondere die Regelvereinfachung maßgeblich für den KI-Erfolg in der EU.

(vbr)