Geschichte wiederholt sich nicht. Aber unbekannt ist dem politischen Beobachter die aktuelle Logik des Rüstens gegen den Kriegstreiber im Kreml ebenso wenig wie Forderung nach einer Kehrtwende, wie sie jetzt eine durchaus namhafte Gruppe von SPD-Politikern in einem Manifest vorlegt. Die Wucht dieses Themas darf man nicht unterschätzen. Es hat ein hohes Spaltpotenzial für die Partei als Risiko für ihren Vorsitzenden Lars Klingbeil, der sich in gut zwei Wochen auf einem Parteitag zur Wiederwahl stellt. Schon einmal zerbrach an diesem Thema Anfang der 1980er-Jahre eine Regierungskoalition unter dem SPD-Kanzler Schmidt.
Die Unterschiede sind indes zugleich gravierend. Selbst wenn das neue Manifest der eher friedensbewegten Sozialdemokratie zuzuordnen ist, lassen sich die politischen Haltungen zum Krieg in der Ukraine nicht mehr so schlicht einem rechten oder linken Lager zuordnen. Viele der einst friedensbewegten Grünen, die sich – darauf legte der Ex-Außenminister Joschka Fischer stets großen Wert – gegen Helmut Schmidt gründeten, sind heute bei jenen zu finden, die zügig Taurus-Raketen gegen russische Angriffskrieger einsetzen würden. Andererseits sind heute bei Kriegsgegnern auch jene im rechten bis rechtsextremen Lager zu finden, die einst zur Mobilmachung gegen den Feind im Osten bereitstanden. Ähnlich sortiert sich das weit links stehende Lager.
Zum Thema: SPD streitet über Abrüstungs-Papier
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Alte Gewissheiten werden relativiert
Nein, die Krisenlage in Europa ist keine Frage mehr von rechts oder links. Sie ist auch nicht militärisch begründet. Es geht um wirtschaftliche Macht, die Neuverteilung von Ressourcen, um die Sicherheit von Energie, digitalen Daten – letztlich um staatliche Souveränität und die Machtverteilung in der Welt. Wie grundsätzlich das die Sicherheiten infrage stellt, darauf deutet nicht nur das Erstarken nationaler und autokratischer Bewegungen in Europa hin. Auch der Einsatz von Militärs im Innern, wie sie der US-Präsident Trump versucht, relativiert alte Gewissheiten.
Wie lautet die demokratische, europäische Antwort auf diese Herausforderung? Der Ausweg kann nicht in naiver Friedensromantik liegen. Darauf zielt auch das Manifest nicht. Aber reicht es, der kriegslüsternen Herausforderung durch russische Atomraketen in Königsberg die Logik neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland entgegenzusetzen?
Eher nicht. Trump und Putin zielen gerade mit zweifelhaften Strategien darauf, eigene Interessen durchzusetzen und die EU zu schwächen. Die Aufgabe verantwortlichen politischen Handelns liegt in der Formulierung einer selbstbewussten, auch selbstständigen europäischen Strategie – gegen den Krieg und für Wachstum. Vielleicht mit einem neuen Doppelbeschluss nach dem NATO-Vorbild vor über 40 Jahren.