US-Präsident Donald Trump warnt vor einer lichterloh brennenden Stadt, die Verantwortlichen in Los Angeles hingegen beschwichtigen mit Fakten. Die überwiegend friedlichen Proteste beträfen nur ein sehr kleines Gebiet und nur einen winzigen Teil der Bevölkerung der Millionenstadt, sagte der leitende Staatsanwalt für den Bezirk Los Angeles, Nathan Hochman. Es gebe von Tag zu Tag weniger Ausschreitungen.

Ab dem Abend (20.00 Uhr Ortszeit; 05.00 MESZ Donnerstag) galt im Zentrum von Los Angeles in der Nähe des Gefängnisgebäudes, wo die US-Einwanderungsbehörde ICE Migranten vor einer Abschiebung unterbringt, erneut eine nächtliche Ausgangssperre. Betroffen war davon nur ein kleiner Teil im Zentrum der weitläufigen Metropole am Pazifik.

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Bis zum Mittwochmorgen (Ortszeit) hatte die Polizei in Los Angeles unter anderem 203 Menschen wegen unerlaubter Proteste festgenommen sowie 17 Personen wegen Verstößen gegen die Ausgangssperre.

Die Bürgermeisterin von LA, Karen Bass, hatte die Ausgangssperre am Dienstag verhängt und bereits in Aussicht gestellt, dass die Regelung mehrere Tage gelten könnte.

Bei einer Pressekonferenz forderte Bass auch öffentlich ein Gespräch mit Präsident Donald Trump. „Ich möchte, dass er die Bedeutung dessen versteht, was hier passiert“, sagte Bass.

Staatsanwalt Hochman wehrte sich gegen die Darstellung bestimmter Medien und Politiker, die Los Angeles als eine Stadt darstellen, die in Chaos uns Gewalt versinkt. 99,9 Prozent der Einwohner beteiligten sich gar nicht an den Protesten gegen Abschiebungen.

Unter den Demonstranten sei es auch nur eine kleine Minderheit, vielleicht etwa 400 Personen, die sich an Ausschreitungen oder Vandalismus beteilige. „Das bedeutet, dass 99,99 Prozent der Menschen, die in der Stadt Los Angeles oder in dem Bezirk leben, in Verbindung mit diesen Protesten keinerlei illegale Handlungen unternommen haben“, sagte er.

Militär: Soldaten werden noch für Einsatz in LA trainiert

2000 weitere Soldaten verstärken die bereits im Einsatz befindlichen 2.000 Soldaten der Nationalgarde. Zudem sei in Kürze mit der Ankunft von 700 Marineinfanteristen des regulären US-Militärs zu rechnen, sagte Sherman. Sie hätten zuvor noch ein zweitägiges Training für den Einsatz bei Protesten und den Umgang mit Menschenmengen im zivilen Umfeld absolviert.

Die Soldatinnen und Soldaten beschützten Gebäude des Bundes sowie die Beamten der Einwanderungsbehörde ICE bei Razzien gegen Migranten ohne gültige Aufenthaltstitel, erklärte Sherman. Sie dürften bei Bedarf auch Demonstranten festsetzen, müssten dann aber auf Sicherheitskräfte warten, die berechtigt seien, Festnahmen durchzuführen. (dpa)

Inzwischen haben die Proteste auch weitere Städte erfasst. Demonstrationen wurden am Mittwoch unter anderem aus St. Louis, Raleigh, Manhattan, Indianapolis, Spokane und Denver gemeldet. Auch im texanischen San Antonio, wo der republikanische Gouverneur Greg Abbott die Nationalgarde des Staates eingesetzt hat, versammelten sich hunderte Menschen nahe des Rathauses.

Trotz der kleineren und weitgehend friedlichen Proteste wird die Militärpräsenz in Los Angeles schon am Donnerstag weiter ausgebaut: Am Nachmittag (Ortszeit) sollen weitere 2.000 Soldaten der Nationalgarde eintreffen, wie der verantwortliche Kommandeur, Scott Sherman, vor Journalisten erklärte.

Polizeifahrzeuge des LAPD während einer Demonstration gegen die Razzien der Einwanderungs- und Zollbehörde der Vereinigten Staaten (ICE) und der Bundespolizei in Los Angeles.

© dpa/Zin Chiang

In Los Angeles demonstrieren seit Tagen Menschen gegen Trumps harten Migrationskurs und Abschieberazzien. Die US-Regierung hatte deshalb bereits außer Soldaten der Nationalgarde auch 700 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte für den Einsatz in Los Angeles mobilisiert – gegen den Willen des Gouverneurs von Kalifornien, Gavin Newsom. Die Soldaten treffen nach und nach ein. Medien zufolge ist bisher noch keiner der Marineinfanteristen in der Innenstadt von LA zu sehen.

Flughafen in Washington stellt am Samstag Betrieb ein

Aktivisten planen indessen am Samstag im ganzen Land Hunderte Demonstrationen gegen Präsident Donald Trump. Am 14. Juni findet die Militärparade zum 250-jährigen Bestehen der US-Streitkräfte in Washington statt, Trump feiert zudem seinen 79. Geburtstag.

Die Flugaufsicht teilte nun mit, dass deshalb die speziellen Flugregeln für das Zentrum der Hauptstadt verschärft werden und vom Ronald Reagan Washington National Airport zwischen 18.00 und 21.30 Uhr Ortszeit (00.00 bis 03.30 MESZ) keine Starts und Landungen möglich seien.

Trumps Sprecherin beschwichtigt

Trumps Sprecherin Karoline Leavitt versuchte angesichts der angespannten Lage zu beschwichtigen. Sie versicherte, dass der US-Präsident grundsätzlich das Demonstrationsrecht unterstützt. „Natürlich befürwortet der Präsident friedliche Proteste“, sagte Leavitt auf eine entsprechende Nachfrage – und schob hinterher: „Was für eine dumme Frage.“

Trump hatte möglichen Protestierenden anlässlich der Parade gestern noch mit einem harten Vorgehen gedroht. „Das sind Leute, die unser Land hassen“, sagte er im Weißen Haus. Sollte es zu Demonstrationen kommen, würden diese „mit sehr großer Härte“ beantwortet.

Trump bezeichnet Demonstranten als „Tiere“ Los Angeles verhängt nächtliche Ausgangssperre für die Innenstadt – zahlreiche Festnahmen

Leavitt betonte auf Nachfrage, der Präsident stehe hinter dem ersten Verfassungszusatz, der das Recht auf Meinungsfreiheit und friedlichen Protest garantiert. „Er unterstützt das Recht der Amerikaner, ihre Stimme zu erheben“, sagte sie. In Los Angeles sei das Verhalten der Demonstrierenden allerdings „zum Großteil“ nicht friedlich. Die Sprecherin wiederholte Trumps Darstellung, es handle sich vor allem um „radikalisierte Linke“, die Chaos stiften wollten.

Trump spricht weiter von Chaos in Los Angeles

Der Präsident spricht unterdessen weiter von schweren Ausschreitungen in Los Angeles. „Wenn ich da nicht schnell gehandelt hätte, würde Los Angeles gerade bis auf die Grundmauern abbrennen.“ Es gehe bei den Protesten um „radikale linke Irre“, sagte Trump am Rande einer Abendveranstaltung in Washington.

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In den vergangenen Tagen hat sich in Los Angeles ein gemischtes Bild gezeigt: Viele Menschen demonstrierten friedlich, vereinzelt kam es jedoch zu Zusammenstößen. Vor allem nach Einbruch der Dunkelheit traten gewaltbereite Randalierer in Erscheinung. Die Stadt wappnet sich momentan Tag für Tag für die nächste Nacht. Kritiker werfen Trump vor, die Lage mit der Mobilisierung von Nationalgarde und Marineinfanteristen selbst erst angeheizt zu haben.

Auch die Stadt Spokane im Bundesstaat Washington im Nordwesten der USA verhängte derweil eine nächtliche Ausgangssperre. Die von Bürgermeisterin Lisa Brown verhängte Ausgangssperre begann nach Angaben ihres Büros am Mittwochabend um 21.30 Uhr (Ortszeit, 6.30 Uhr MESZ am Donnerstag) und endet um 5.00 Uhr am Donnerstag. (dpa/Reuters, AFP)