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  1. Seite 1Willkommen im digitalen Hyperrealismus!


  2. Seite 2Videoscreens aus Smartwatches, Blumen aus dem 3D-Drucker

Falls Sie beim Stichwort „digitale Kunst“ noch an Pixel denken, an die kantigen Computerspielwelten von Mario Bros. bis Minecraft oder an Bilddateien aus dem Internet, die verwaschen und unscharf sind – vergessen Sie’s. Das Zeitalter des poor image, wie es einst von Hito Steyerl in einem vielzitierten Essay beschrieben wurde, ist vorbei. Die Bilder der digitalen Kunst sind heutzutage gestochen scharf, bewegen sich geschmeidig und wirken fast realer als die Realität. 

Zu erleben ist das noch bis Mitte kommender Woche auf der VRHAM! im Hamburger Oberhafen, der zwischen Hauptbahnhof und HafenCity liegt. Ursprünglich im Jahr 2018 als Festival für Virtual-Reality-Animationen gegründet, wurde die VRHAM! in diesem Jahr als Biennale für digitale und immersive Kunst neu erfunden. „Immersiv“ bedeutet, dass man diese Kunstwerke nicht nur betrachten, sondern in sie eintauchen können soll.

Noch sind die Ausmaße dieser Biennale recht überschaubar, sie bespielt nur zwei nebeneinander liegende Räume. Doch der Anspruch des künstlerischen Leiters Ulrich Schrauth lautet, „eines der wichtigsten Foren für digitale und immersive Kunst in Europa“ zu schaffen. Zur Eröffnung am Mittwochabend betonte er stolz, dass sich auf Einladung der Kulturbehörde auch Mitarbeitende des Guggenheim Museums aus New York und der Serpentine Gallery aus London nach Hamburg einfliegen ließen. Insgesamt sollen 2000 Besucherinnen und Besucher zur Biennale kommen.

Ein großes, herrliches, kräftezehrendes Durcheinander

Anders als im Port des Lumières, einem immersiven Projektionssaal, der vor wenigen Wochen in der HafenCity eröffnete, wird auf der VRHAM! nicht alte Malerei im neuen Gewand präsentiert. Stattdessen geht es um neue Kunst, die eigens für die Aufführung in digitalen Medien geschaffen wurde. Gezeigt werden zwölf Arbeiten von
Künstlerinnen und Künstlern aus acht Ländern, unter anderem Kanada,
Kasachstan und Südkorea. Wer die Ausstellungsräume betritt, muss einen schweren Vorhang zur Seite schieben, der das Tageslicht draußen halten soll. Und dann? Leuchtet, flimmert und tönt es von überall her.

Eine Ausstellungsansicht der Arbeit „Body Machine (Meridians)“ von Sougwen Chung © Jan Karl

Fast ausnahmslos sind die Arbeiten auf Bildschirme und Leinwände angewiesen, auf Tablets, die Besucherinnen
und Besucher in die Hand nehmen, oder auf Virtual-Reality-Brillen, die
sie aufsetzen müssen. Neben den großen Screens der Ausstellung
hängen stets auch kleine, auf denen die Künstlerinnen und Künstler über
ihre Arbeiten sprechen: eine Verdopplung der klassischen
Wandtexte, die es ebenfalls gibt. Fast überall hängen oder liegen
Kopfhörer herum, aber nicht immer ist klar, welcher davon zu welchem
Screen gehört. Die VRHAM! ist ein großes, herrliches, aber auch
kräftezehrendes Durcheinander der Bilder, Texte und Töne.

© ZON

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Nicht alle der gezeigten Kunstwerke sind Videos. Body Machine (Meridians), eine Arbeit von Sougwen Chung, die auf vier nebeneinander hängenden Monitoren läuft, wird etwa als eine Sammlung „digitaler Skulpturen“ beschrieben. Es handelt sich um KI-generierte Überformungen von fließenden Bewegungen der Künstlerin, die selbst jedoch nicht zu sehen ist – bloß ein Wabern und Wogen, ein Spritzen und Schwappen. Man denkt an Quallen, Gallert oder Seidentücher im Wind, an das Schimmern von Quecksilber und an das Funkeln von Licht auf einer bewegten Wasseroberfläche. Schade, dass man diese „digitalen Skulpturen“ bloß in einer zweidimensionalen Abbildung erleben kann.