Hatte Dreamliner genug Schub?
Experte sieht „offensichtliches“ Problem bei Flugzeugabsturz

12.06.2025, 22:08 Uhr

Artikel anhören

Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos

Flugzeugexperten rätseln über die Ursache des Absturzes in Indien. 241 Menschen an Bord sterben, nur einer überlebt. Ein Hamburger analysiert die „quälenden Sekunden“ und zeigt bei ntv auf, was das Unglück ausgelöst haben könnte.

Nach dem Flugzeugabsturz in Indien mit mehr als 240 Toten und lediglich einem Überlebenden beginnt die Suche nach der Ursache. Während die Spezialisten noch auf dem Weg zum Unglücksort sind, stellen Experten erste Vermutungen an, was zu der Katastrophe geführt haben könnte. Der Hamburger Luftfahrtjournalist Andreas Spaeth verfolgte die Berichterstattung und vorliegendes Bildmaterial. Für ihn handelt es sich um einen „extrem ungewöhnlichen“ Vorfall.

Spaeth beschrieb, dass der Start am Flughafen von Ahmedabad noch normal vonstattenging. „Doch das Flugzeug kommt nicht höher und dann fliegt es quälende Sekunden in gleichbleibend niedriger Höhe – offenbar 190 Meter wurden gemessen – über der Bahn geradeaus und ging in einen scheinbar geordneten Sinkflug über, der dann in dem tragischen Feuerball endet“, so der Experte zu ntv. Er sagte weiter, dass es schwer zu erklären sei, wie es genau dazu kam. Doch es sei „offensichtlich“, dass der Boeing 787-8 Dreamliner nicht genügend Schub hatte. Die Triebwerke versagten demnach beim beziehungsweise kurz nach dem Abheben.

Als Ursache dafür hielt es der Hamburger Flugzeugexperte für möglich, dass der getankte Treibstoff verunreinigt gewesen sein könnte – bewusst oder durch einen Schadensfall. Spaeth brachte weiter in Spiel, dass die Piloten den Absturz bewusst verursacht haben könnten. Aber auch menschliches Versagen oder Sabotage stehe im Raum.

Absturz von Piloten verursacht?

Der ehemalige Pilot Ehsan Khalid schließt nicht aus, dass der Vorfall von der Besatzung im Cockpit verursacht wurde. Es sei unwahrscheinlich, dass beide Triebwerke zur gleichen Zeit ausfallen, sagte er der Zeitung „Times of India“. „Ich verstehe nicht, warum das Fahrwerk noch ausgefahren war“, so Khalid. Der Ex-Pilot erklärte, dass die Räder sofort nach dem Abheben eingefahren werden. Warum die Piloten sie ausgefahren ließen, sei die „größte Frage“, die sich ihm derzeit stelle.

Eine Antwort liefert womöglich eine Videoaufnahme des Unglücks. Darauf ist zu sehen, dass die sogenannten Flaps, also die Landeklappen an den Tragflächen, eingefahren werden. Sie helfen der Maschine eigentlich, an Höhe zu gewinnen. Eine Möglichkeit sei, dass der Pilot oder Co-Pilot unter Umständen den falschen Hebel im Cockpit betätigt hat. Der Einstellhebel für die Flaps liegt nämlich nah bei dem für das Fahrwerk. „Ich weiß, dass sie in diesem Bereich nachsehen werden“, sagte John McDermid, Informatikprofessor an der britischen Universität York mit Spezialgebiet Sicherheitstechnik.

Doppelter Turbinenausfall selten

Dass beide Turbinen ausfallen, komme laut Spaeth selten vor. Doch einen solchen Fall kennt wohl jeder: Der Pilot Sully Sullenberger landete 2009 seinen Airbus nach dem Start am New Yorker Flughafen LaGuardia auf dem Hudson River, nachdem beide Triebwerke wegen eines doppelten Vogelschlags ausgefallen waren. Solch einen Vogelschlag schließt der Experte in diesem Fall jedoch aus. Vögel waren in den verbreiteten Videos des Unglücks nicht zu sehen. Auch schoss kein Feuer oder Rauch aus den Triebwerken.

Mehr Aufschluss geben die Flugdatenschreiber, die sogenannte Blackbox, die in jedem Flugzeug protokolliert, welche technischen Einstellungen vorgenommen werden und was im Cockpit gesprochen wird. Auch Funksprüche werden aufgezeichnet. Spaeth ist optimistisch, dass viele Daten intakt sind. „Die Flugdatenschreiber sind in der Heckpartie“, erklärte er. „Die scheint relativ im Ganzen in diesem Haus zu stecken.“ Die Datenchips seien gut isoliert verbaut. „Im Idealfall kann man die einfach auslesen.“ Spaeth gebe „Hoffnung“, dass es kein großes Feuer im Heck der Boeing gab. Dann wisse man möglicherweise „in den nächsten Tagen“ bereits „extrem viel mehr als jetzt“.

Zur Bergung der Trümmerteile und Auswertung der Flugdaten hat Großbritannien bereits ein Expertenteam nach Ahmedabad geschickt. Auch US-Präsident Donald Trump sicherte zu, dass sein Land Unterstützung leisten werde, sofern Indien diese anfragt. Boeing wolle mit den Behörden zusammenarbeiten, um die Ursache für das Drama zu finden.