Diese Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Kostenpflichtiger Inhalt Löwensenf verlässt Düsseldorf. Wandert einfach ab nach Thüringen. Oh Schmerz! Wie soll sich Düsseldorf neben Mode-, Kunst-, Fahrrad- und Gastro-Hauptstadt denn dann noch Senfstadt nennen? Und was wird aus ABB Mostert, der seit dem frühen 18. Jahrhundert in Düsseldorf hergestellt wird und gar nicht wegdarf, ohne seinen Status als „geschützte regionale Marke“ zu verlieren? Was soll man zukünftig auf sein Schinkenbrot schmieren? Wie soll man Eier ohne Senfsoße genießen? Was soll man Nicht-Düsseldorfern mitbringen, wenn man sie besucht – wenn nicht ein Steingutpöttchen Senf?

Und womit sollen Düsseldorfer Gastronomen zukünftig den Senfrostbraten überziehen?

Zugegeben: Um den Senfrostbraten muss man sich noch verhältnismäßig am wenigsten sorgen. Der kommt in so vielen Varianten auf den Tisch, dass er möglicherweise sogar ohne Senf funktionieren würde. Am Ende ist so ein Senfrostbraten, wie die Recherche zeigt, einfach ein Steak – und wer mag kein Steak? Nun ja, Vegetarier natürlich. Ein vegetarischer Senfrostbraten ist uns bei der Recherche nicht untergekommen. Allerdings ist das nur eine Frage der Zeit, meinen wir.

Ursprünglich war der Plan, den Besten zu finden. Den mussten wir aufgeben. Es hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Denn manchmal wird der Rostbraten, der keiner ist, mit Kruste serviert, manchmal mit Béarnaise, manchmal mit Käse. Manchmal mit vielen Zwiebeln, manchmal mit wenigen. Manchmal mit Pommes frites, meistens aber mit Bratkartoffeln. Fast immer mit Salat. Düsseldorf ist die Stadt der Vielfalt – und so vielfältig sind auch die Iterationen des Senfrostbratens. Hier also eine Auswahl.

Der Zarte im Restaurant Buschhausen

Am Rande des Aaper Walds in Rath, direkt an der Haltestelle Oberrath, wartet das Restaurant Buschhausen auf hungrige Waldläufer. Der Senfrostbraten wird hier mit einem gemischten Salat und einer Portion krosser Pommes serviert. Empfehlung: ein wenig Ketchup oder Mayo dazubestellen, wenn man es soßiger mag. Das Steak an sich kommt zwar mit etwas Bratensoße, aber die ist schnell aufgetitscht.

Die Interpretion des Buschhausen geht so: Das Fleisch wird mit Senf bestrichen, darauf kommen reichlich geschmorte Rotweinzwiebeln und ein Zweiglein frittierter Thymian. Eine wunderbare Mahlzeit, wenn auch der Senf ein wenig in den Hintergrund tritt. Ein Tipp für alle, die auswärtigen Besuchern mal die Schönheit der Düsseldorfer Natur nahebringen und danach sehr anständig essen gehen wollen.

Oberratherstrasse 71, Tel. 65 18 54. Der Buschhausen Senfrostbraten 2012 kostet 29,90 Euro.

Das Byliny in Unterbilk wird geschätzt für seinen wahnsinnig aufmerksamen Service und seine Neuinterpretationen traditioneller Gerichte. Da darf der Senfrostbraten nicht fehlen! Neu ist hier, dass statt Rumpsteak ein Flanksteak verwendet wird. Das kommt aus dem Bauchlappen des Rinds und ist bei Steak-Kennern beliebt, weil es recht mager, aber trotzdem sehr aromatisch ist. Es hat allerdings verhältnismäßig lange Fasern und erfordert deshalb etwas mehr Arbeit mit dem Messer. Muss man wollen!

Sehr schön ist im Byliny die Senfcréme, die als großzügiger Klecks zum Fleisch gereicht wird – angenehm scharf, aber nicht beißend. Zusätzlich gibt es eine sehr schöne Bratensoße und karamellisierte Zwiebeln. Der Wildkräutersalat wird gekrönt von zwei leicht gedörrten, und deshalb intensiv schmeckenden Tomaten, und ist angemacht mit einem fruchtigen Zitronenessig. Auf Kohlenhydrate (sprich: Kartoffeln) wird hier verzichtet. Leicht und lecker!

Konkordiastr. 85; Tel. 94212670. Eine Portion Wagyu Inside Skirt von Jacks Creek mit Schalottenconfit und ABB-Senfcreme kostet 29,90 Euro.

An der Ratinger Straße gibt es das, was Puristen wohl am Ehesten als Senfrostbraten akzeptieren würden: ein Rumpsteak mit einer Paste aus Semmelbröseln, Zwiebeln und Senf. Wir schreiben „Paste“, weil es sich leider nicht so richtig um eine Kruste handelt, dafür müsste das Ganze ja irgendwie knusprig gebacken sein. Es ist aber weich. Schmeckt aber nicht schlecht, mit klarer Senfnote.

An der Salatbeilage gibt es nichts auszusetzen, die Bratkartoffeln haben leider teils ein wenig Biss. Dafür stimmt der Preis: Das hier ist der günstigste Senfrostbraten im Test.

Ratinger Straße 16; Tel. 325369. Eine Portion kostet 24,90 Euro.

Der Zwiebelige im Brauhaus Joh. Albrecht

Solide Leistung zeigt das Brauhaus im Linksrheinischen mit einem schönen zarten und saftigen Stück Rindfleisch, darauf reichlich glasig gebratene Zwiebeln und eine Senfcreme auf Basis von Hollandaise, die gratiniert wurde. Das macht satt!

Zumal dazu noch eine reichliche Portion Bratkartoffeln und ein Salat aus verschiedenen Kohlsorten gereicht wird. Genau das Richtige nach einer längeren Radtour, denn hier lässt sich auch sehr schön draußen sitzen.

Niederkasseler Straße 104, Tel. 570129. Eine Portion kostet 29,90 Euro.

Der Klassische im Volmerswerther Krug

In gleich zwei Portionsgrößen bietet der Volmerswerther Krug den Düsseldorfer Senfkrusten-Braten an: Auf 150 oder 250 Gramm rosa gebratenem Black-Angus-Rumpsteak kommt eine üppige Haube karamellisierter Zwiebelringe und Senfcrème, unter der man das Fleisch erst suchen muss. Das Steak ist zart, saftig und hat deutliche Röstnoten. Die Kruste dazu schmeckt süßlich und leicht scharf – eine gute Balance.

Begleitet wird der Senfkrustenbraten von knusprigen Bratkartoffeln und buttrigen Prinzessbohnen: sehr klassisch, sehr lecker. Auch eine weitere Variante des Senfkrustenbratens steht auf der Speisekarte: Das Schnitzel „Düsseldorfer Art“ hat ebenfalls eine Zwiebel-Senfkruste und wird mit Pommes und Salat serviert.

Volmerswerther Straße 226. Große Portion 28,90 Euro, kleine Portion 22,90 Euro

Der Piekfeine im Weinhaus Tante Anna

Dieser Senfrostbraten hat sich glatt rasiert, sich die Schuhe geputzt, sein feinstes weißes Oberhemd und den guten Anzug aus dem Schrank geholt und ein passendes Einstecktuch zur Seidenkrawatte gewählt. Zwei Tranchen feinstes Rinderfilet liegen ordentlich neben drei Stangen blanchiertem Spargel auf dem Teller. Das Fleisch ist saftig und zart, die Kruste leicht senfig, dünn und knusprig geröstet. Der Spargel hat nicht den Hauch von Bitterkeit, ist auf den Punkt gegart und wird von Tupfern buttrigen Kartoffelpürees geziert, in denen keck ein paar Kartoffelchips stecken. Dazu gibt es ein Bratensößchen und eine Hollandaise.

Ins Weinhaus Tante Anna geht man, wenn man den zivilisiertesten Senfrostbraten Düsseldorfs essen will. Wollte man ihm etwas vorwerfen, dann vielleicht dies: Er ist so perfekt, dass man sich unwillkürlich underdressed vorkommt.

Andreasstraße 2. A la carte 39 Euro.

Was es übrigens nirgendwo im Test gab: ganz traditionell Apfelkompott zum Senfkrustenbraten. Das passt vielleicht aber auch besser zum Sauerbraten…