Ab dem 23. Juni 2025 können Photovoltaikprojekte in Österreich mit einem neuen Bonus punkten – dem „Made in Europe“-Zuschlag. Wer bei Modulen, Wechselrichtern oder Speichern auf Technik mit europäischer Wertschöpfung setzt, erhält bis zu 20 % mehr Förderung. Doch was nach einem starken Signal für die heimische PV-Industrie klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als bürokratisch enges Korsett. Wie europäisch ist dieser Bonus wirklich – und ist er praxistauglich?

Ein Bonus mit guten Absichten

Der „Made in Europe“-Bonus ist Teil des zweiten und dritten Fördercalls im Rahmen der EAG-Investitionszuschüsse 2025. Ziel ist es, die europäische PV-Industrie zu stärken, die Abhängigkeit von asiatischen Lieferketten zu reduzieren und nachhaltige Produktionsstandorte in der EU zu fördern. Bis zu 20 Prozent zusätzlich zur Basisförderung gibt es – vorausgesetzt, die eingesetzten Komponenten stammen nachweislich aus europäischer Wertschöpfung.

Diese liegt bei Modulen und Wechselrichtern dann vor, wenn mehrere definierte Fertigungsschritte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums oder in der Schweiz erfolgt sind. Für Speicher genügt es bereits, wenn einer der festgelegten Fertigungsschritte in einem dieser Länder durchgeführt wird. Maßgeblich ist dabei eine offiziell veröffentlichte Whitelist der förderfähigen Produkte.

Auf der Website der EAG-Abwicklungsstelle heißt es dazu: „Förderwerber können alle Komponenten, die sich für den Made-in-Europe-Bonus qualifiziert haben, den folgenden Whitelists entnehmen. Die Listen werden durch die EAG-Abwicklungsstelle stets aktuell gehalten und laufend erweitert.“ Das klingt nach einem lebendigen System – doch bislang ist die Auswahl stark eingeschränkt.

Die Realität auf den Whitelists

Ein Blick in die offiziellen Listen (Stand: 11. Juni 2025) zeigt eine ernüchternde Auswahl: Bei PV-Modulen sind Bisol, Meyer Burger, Kioto Solar, SoliTek und Eurener gelistet. Im Bereich der Wechselrichter finden sich Fronius, Kaco und Kostal wieder. Für Stromspeicher gibt es derzeit nur einen Anbieter: Varta. Einige andere namhafte europäische Hersteller fehlen.

Ein Beispiel ist Solarwatt. Das Unternehmen produziert seine Module laut eigenen Angaben vollständig in Dresden – und trotzdem stehen sie nicht auf der Whitelist. Für viele Planer ein Ärgernis, das Förderpotenziale blockiert und Vertrauen in die Förderlogik untergräbt.

Made in Germany, aber ohne Bonus?

Solarwatt produziert laut eigenen Angaben auch im Juni 2025 vollständig in Dresden. Das Unternehmen wirbt mit „100 % Made in Germany“. Die Fertigung der Glas-Glas-Module erfolgt in Sachsen, doch auf der offiziellen Whitelist fehlen sie. Gründe könnten fehlende Einreichungen, laufende Prüfverfahren oder eine bewusste strategische Entscheidung sein. Trotz realer EU-Produktion bleibt der Förderbonus damit außen vor – ein Beispiel für die Kluft zwischen politischem Ziel und Förderrealität.

Europäische Hersteller abseits der Whitelist

Trotz enger Whitelist gibt es etliche Hersteller, die auf den „ersten Blick“ in Europa produzieren – und das per 11. Juni 2025 auch behaupten. Allerdings ist der Begriff „nachweislich in Europa gefertigt“ in diesem Zusammenhang nicht unproblematisch.

Zum einen: Nicht alle europäischen Länder zählen zur EU oder zum EWR – so sind beispielsweise Albanien und das Vereinigte Königreich außen vor.

Zum anderen: Ein Produkt gilt nur dann als „Made in Europe“ im Sinne der Förderrichtlinie, wenn alle für die Zertifizierung relevanten Fertigungsschritte gemäß Anhang 1 der Verordnung innerhalb der EU, des EWR oder der Schweiz erfolgen. „Wird etwa ein Wechselrichter vollständig in Deutschland produziert, aber in Bosnien (kein EWR-Mitglied) verpackt, ist er vom Bonus ausgeschlossen“, verrät eine Insiderin dem i-Magazin.

Die folgende Auswahl erhebt somit keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellt auch keine Aussage über die tatsächliche Förderfähigkeit dar – sie zeigt aber das technische Potenzial am europäischen Markt:

• Wechselrichter:

SMA (Deutschland), Delta Electronics (Slowakei) und Fimer (Italien)

• Stromspeicher:

Sonnen (Bayern), E3/DC (Osnabrück) und Tesvolt (Wittenberg). Letzteres produziert in seiner neuen Gigafab laut PV Magazine vom 13. Mai 2025 in hoher Stückzahl automatisiert in Deutschland und müsste damit grundsätzlich die Förderkriterien erfüllen – zumindest sofern alle relevanten Fertigungsschritte innerhalb der förderfähigen Region stattfinden.

Mit anderen Worten: Die Definition von „Made in Europe“ ist komplex – und in manchen Fällen nicht eindeutig.

Förderrealität: Die meisten gehen leer aus

Neben den genannten Hürden kommt ein weiteres Problem hinzu: die enorme Überzeichnung der Fördermittel. Laut Einschätzung eines Branchenprofis reichen die bereitgestellten Budgets im aktuellen Fördercall vermutlich nur für drei bis fünf Prozent der eingereichten Anträge. Jeder zwanzigste Antrag dürfte zum Zug kommen – der Rest geht leer aus. Die Folge: Enttäuschte Kundinnen und Kunden, Frust bei Elektrikern und Verzögerungen bei Projekten, die längst geplant sind.

Einige Branchenkenner raten angesichts dieser Realität sogar dazu, aktuell ganz auf die Förderung zu verzichten. Denn wer heute auf den Bonus setzt, riskiert nicht nur eine Ablehnung, sondern auch Missverständnisse mit Kundinnen und Kunden – die oft nicht nachvollziehen können, warum ihr Projekt trotz „europäischer Technik“ keinen Zuschlag erhält.

Lichtblick aus der Branche

Trotz aller Kritik gibt es auch positive Stimmen. Vera Immitzer, Geschäftsführerin der Branchenvertretung PV Austria, sieht im neuen Bonus ein zukunftsweisendes Modell: „Mit dem ‚Made in Europe Bonus‘ nimmt Österreich eine Vorreiterrolle in Europa ein, indem es bereits jetzt gezielt europäische Komponenten in der Förderpolitik priorisiert. Damit setzt das Land frühzeitig Fördervorgaben um, die in den kommenden Jahren EU-weit verpflichtend werden sollen. Es ist ein erster Schritt und ein wichtiges Instrument, um die PV-Industrie in Europa zu unterstützen und damit auch ein wichtiges Signal in Richtung wirtschaftlicher Souveränität im Energiesektor.“, sagt Immitzer als Vertreterin des Branchenverbandes.

Fazit: Bonus mit Hindernissen – und Hoffnung

Der „Made in Europe“-Bonus ist ein politisches Signal – aber eines mit komplexer Umsetzung. Für eine praxistaugliche Anwendung braucht es klarere Definitionen, bessere Kommunikation und schnellere Zertifizierungsprozesse. Die laufende Erweiterung der Whitelists ist ein Schritt in die richtige Richtung. Entscheidend wird aber sein, wie stark sich Theorie und Praxis künftig annähern. Denn aktuell bleibt das Bonusmodell für viele ambitioniert – aber kaum nutzbar.